Re: Stimmung

 

 

Betreff: Re: Gute Nacht

09.04.   09:00

Guten Morgen, Du Häschen :-)

Habe gestern Abend meinen Dienst gespürt und bin daher für meine Verhältnisse früh ins Bett gegangen. Heute steht schließlich noch mal Ostereiersuche auf dem Programm :-)

Wünsche Dir auch ein schönes Wochenende

Deine Lena

 

 

Betreff: Re: Gute Nacht

09.04.   11:56

hatte ich eigentlich erzählt, dass ein Kaninchen eigentlich mein Favorit wäre, wenn es um kleine Haustiere geht...? Ich stehe ja nicht so auf Meerschweinchen... ;-)

Aber am Ende müsste ich dann jetzt vielleicht immer an das Häschen denken, Mist... ;-)

 

 

Betreff: Re: Stimmung

09.04.   13:22

Es gibt natürlich nicht nur eine Sache, die mich dann bedrückt. Meist kreisen die Gedanken und ich komme von einem Thema zum nächsten.

Ich fühle mich als Frau tatsächlich insuffizient (schreckliche Beschreibung eigentlich, aber ich fühle mich dann auch so schrecklich, also passt es irgendwie doch ganz gut). Ich funktioniere einfach nicht mehr richtig, das fühlt sich nicht gut an. Und davon hängt ja leider irgendwie ein ganzer Lebensentwurf ab. Und mittlerweile sehe ich in M. ständig nur Frauen, die entweder schwanger sind oder einen Säugling dabei haben. Meistens haben sie dann wirklich auch immer zwei Kinder dabei, Altersabstand ca 2 Jahre. Dann habe ich immer das Gefühl, dass es eben bei allen anderen klappt, wie sie es sich so vorgestellt haben. Und die meisten Freundinnen und Bekannte, die man über das Kind eben so kennenlernt hat, haben mittlerweile auch alle ein zweites. Wenn die ersten Kinder mittlerweile 4 Jahre sind, ist das eben so.

Im Moment ist es so schlimm, dass ich eigentlich noch nicht mal mehr auf den Spielplatz oder in den Zoo gehen kann, ohne dass ich losheulen könnte. Dort sehe ich nämlich nur diese klassischen Konstellationen.

Das alles führt mir dann schmerzhaft vor Augen, dass eben mein Lebensentwurf natürlich wieder mal nicht aufgeht. Warum sollte es bei mir auch einfach mal so klappen, wie ich mir das so vorstelle... Es hat bei mir lange genug gedauert, bis ich mal das Gefühl hatte, eine Ahnung zu haben, was mich glücklich machen könnte im Leben. (Ich glaube, ich hatte schon mal geschrieben, dass ich nach Linuss Geburt das Gefühl hatte, endlich mal irgendwo angekommen zu sein.)

Und jetzt schießt mir immer nur durch den Kopf, dass es ja klar war, dass es nicht funktioniert, wie ich mir das so vorgestellt habe. Manchmal lässt es mich etwas verbittert zurück, wenn ich den mit Kindersachen vollgestellten Keller sehe oder unseren Zweisitzer-Fahrradanhänger. Verkauft man die sperrigen Sachen oder auch die Säuglingsklamotten? Es besteht ja immer noch ein Rest Hoffnung, aber eigentlich erinnert alles nur an den Plan, der nicht aufzugehen scheint...

Meine Arbeit hat mich leider noch nie besonders glücklich gemacht. Und seit zwei Jahren stehe ich nun vor dem Problem, ob ich mir vielleicht doch mal eine neue Stelle suchen soll oder generell überdenken sollte, ob ich irgendwas anderes riskieren sollte. Aber bisher schrecke ich vor diesem Schritt zurück, da es ja eigentlich keine vernünftige Idee ist, bei bestehendem Kinderwunsch eine unbefristete Stelle zu kündigen. Ich fühle mich also seit zwei Jahren in einer Zwickmühle und irgendwie eingesperrt. Das macht die ganze Situation nicht besser.

Und dann bin ich irgendwann bei der Frage nach dem Sinn des Lebens  angekommen... Warum rackert man sich überhaupt so ab, wenn alles so sinnlos ist? Warum möchte ich noch ein zweites Kind, wenn man es nur in die sinnlose, bekloppte Welt setzt? Aus egoistischen Gründen, weil es mich glücklich machen würde, ok...

Bisher habe ich es auch leider nicht geschafft zu akzeptieren, dass man ja auch schon froh sein könnte, ein Kind zu haben. Wäre ich pragmatisch veranlagt, dann könnte ich meine Energie lieber darauf lenken, meinem Leben einfach andere sinnvolle Ziele zu geben. Aber stattdessen laufe ich gerade im Kreis und finde nicht den Ausgang aus der Nummer. Einmal im Monat wird es dann eben besonders schlimm... Dann kommt noch ein schlechtes Gewissen Linus gegenüber dazu, weil ich dann so mit mir beschäftigt bin, dass ich das Gefühl habe, ihn zu vernachlässigen bzw viel ungeduldiger bin, weil ich so gereizt bin.

Die Belastung durch die Behandlung in der Kinderwunsch-Klinik und die mangelnde Empathie dort macht es natürlich auch nicht besser...

Und dann muss ich mir noch so Sprüche zum Beispiel  von meiner Mutter anhören wie "du musst auch mal einfach entspannter damit umgehen, wenn man so verkrampft, dann kann das ja auch nichts werden." Ich könnte schreien. Oder eben heulen.

Eigentlich rede ich darüber nicht gerne, weil ich Angst habe, andere damit zu langweilen. Es sind ja immer ungefähr die gleichen Sachen, die mir seit längerem durch den Kopf gehen und es kann mir ja eh keiner so richtig helfen.

Aber Du hattest ja gefragt. Jetzt weißt Du ungefähr, womit ich mich gerade rumschlage. Leider bin ich nicht gut im Sich-kurz-fassen, sorry.

Liebe Grüße

Lena

 


Betreff: Re: Gute Nacht

09.04.   14:02

Ja, das Häschen ist wirklich süß, oder? Fast so süß wie ich selber ;-). Als Haustier wäre es bestimmt eine gute Entscheidung und wenn Du dabei an das Spezielle denkst, auch nicht verkehrt. Das nächste Highlight bei unseren Viechern wäre jetzt die Vermehrung, aber das klappt dieses Jahr zeitlich nicht mehr. Hier ist es heute wunderschön, bin gerade durch die Südstadt geradelt. Alles blüht und grünt, die Leute sitzen draußen in den Cafes. Da geht es einem doch gleich gut. Jetzt verziehe ich mich mal in die Hängematte und dann wartet noch etwas Gartenarbeit auf mich ...

 

 

Betreff: Re: Gute Nacht

09.04.   15:12

Hallo süßer Hase,

ich wusste gar nicht, dass Du auf Häschen stehst. Aber das erklärt vielleicht, warum Du auch so darauf stehst, so genannt zu werden ;-)

Häschen mit stehenden Ohren finde ich aber attraktiver als die mit den Hängeohren...

Ihr wollt eure "Viecher" auch noch vermehren? Das ist ja ambitioniert... Aber Du bist da bestimmt die treibende Kraft, wenn ich das richtig deute ;-)

In S. war es heute Vormittag auch schön, aber jetzt zieht es sich zu und es ist direkt ziemlich kalt :-( wollte mich eigentlich auch gerade gemütlich auf die Terrasse setzen, aber das lasse ich doch lieber, böh.

 

 

Betreff: Re: Stimmung

09.04.  19:31

Und als ob nicht ein Problem reichen würde, schaffe ich mir noch so ein Häschen an... ;-)

Betreff: Re: Stimmung

09.04.2016; 19:54

Liebste,

vielen Dank für Deine Antwort. Ich habe nichts gegen lange Erklärungen (schon gar nicht von Dir), das langweilt mich überhaupt nicht. Ich glaube, die meisten Menschen/Paare/Eltern unseres Lebensabschnitts (ich fasse uns hier mal zusammen) haben solche ohne ähnliche Probleme und Sinnkrisen. Du bist unglücklich, weil Dein Lebensentwurf (oder besser: ein Teil dessen) nicht aufzugehen scheint (der ganze Lebensenturf wäre doch höchstens betroffen, wenn es gar kein Kind gäbe. Und ein Lebensentwurf kann niemals ausschließlich auf Nachwuchs zentriert sein. Das würde einen dann auch in eine fürchterliche Lebenskrise stürzen, wenn diese Kinder dann ausgezogen sind). Aber zwei Kinder waren ja auch nicht immer Dein Wunsch, das hat sich doch erst entwickelt. Warum war es schon vorher klar, daß es nicht funktioniert? Reiner Pessimismus? Weil bei Dir eh nichts klappt? Das stimmt ja nun absolut nicht. Du hast viel im Leben erreicht, auch wenn Du es nicht siehst (aber ich denke ja manchmal genauso: ich bin unfähig, lebensuntüchtig, die bei anderen einfachsten und selbstverständlichsten Dinge gelingen mir nicht, etc.). Würdest Du im China der 1990er Jahre leben, fändest Du ein Kind wahrscheinlich völlig normal. Und wenn Du in einer Kinderwunsch-Sprechstunde arbeiten würdest, wo man es haufenweise mit Paaren zu tun hast, die sich sehnlichst wünschen, zumindest ein einziges Kind zu bekommen, wärst Du möglicherweise schon sehr glücklich mit einem. Aber das hilft Dir natürlich jetzt auch nicht. Denkst Du denn, daß diese Insuffizienzgefühle qualitativ etwas ganz anderes sind als das, was alle Frauen in jedem Fall ein paar Jahre später erleben, wenn es mit der Fruchtbarkeit definitiv vorbei ist (oder nach einer Hysterektomie)?

Mir geht es doch ähnlich: ich wollte immer mindetens drei Kinder und nun sind es nur zwei. Und das macht mich manchmal auch richtig unzufrieden und ich denke, ich habe mich da nicht verwirklicht. Aber jedesmal, wenn ich mich bei solchen Grübeleien ertappe, sage ich mir, daß ich eigentlich ziemlich bekloppt bin, mir die Stimmung mit sowas vermiesen zu lassen. Wo ich doch zwei sehr gut geratene Kinder habe, die mich glücklich machen sollten. Aber so sehr diese Denke eine reine Anleitung zum Unglücklichsein ist, kann man es nicht ganz verdrängen. Ich sehe dann eben überall Paare, die das Dritte bekommen haben. Ich vermute zwar, daß das zweite bei einem und das dritte bei zweien noch ein Unterschied ist, aber es ist trotzdem bescheuert. Nie zufrieden sein mit dem, was man hat und immer seine Wünsche durch sein soziales Umfeld normieren lassen. Auch Du hast ja derzeit diese selektive Wahrnehmung, fixiert auf Eltern mit zwei Kindern … Es ist anscheinend wichtiger, immer an seinen Wunschvorstellungen zu arbeiten anstatt das Erreichte wertzuschätzen. Ich kann dann auch neidisch auf meinen Bruder sein, wenn ich denke, daß er vieles hat, was ich bisher nicht erreichte (Berlin, 5 Kinder, eigene Wohnung, Ferienhaus …). Ich habe natürlich den biologischen Vorteil, zumindest den Kinderwunsch potentiell noch lange realisieren zu können, aber wahrscheinlich wird es ja eher nicht dazu kommen ...

Heute morgen war ich in der Buchhandlung, um noch einen kleinen Reiseführer für Madrid zu holen:-). Dort lagen auch die ganzen Bücher der unlängst Verstorbenen. Beim Kaffee habe ich mal in einem Werk von Willemsen rumgeblättert („Der Knacks“). Da geht es um verschiedene Lebensphasen und ihre spezifischen Probleme und Befindlichkeiten; um Brüche und Krisen in der Biographie, vor allem aber um die langsamen, unmerklichen Veränderungen im Leben einer Person und ihren Interessen, unbemerkten Weichenstellungen, Änderungen von Vorlieben und Wünschen, verpassten Gelegenheiten etc. Vielleicht eine anregende Lektüre für uns. Dort zitiert er auch den Spruch der französischen Schriftstellerin Colette: „Ich hatte eigentlich ein wunderschönes Leben. Leider habe ich es zu spät gemerkt.“ Da ist was dran. Vor lauter Überlegen, was alles besser sein könnte, vergisst man, das Schöne um einen herum zu genießen.

Beruflich bin ich zwar derzeit ganz zufrieden, aber es gibt auch hier genug Störendes und natürlich kann ich mir ebenfalls nicht vorstellen, all das genauso bis zur Rente zu machen. Ich muß mich auch irgendwann mal wieder verändern („das kann nicht Alles gewesen sein“). Langfristig brauche ich etwas mit weniger Arbeitsbelastung, damit ich mich mehr um andere schöne Dinge des Lebens kümmern kann. Andererseits will ich auch keinen öden Routinejob; diese Wünsche beißen sich allerdings ein wenig ... Aber dieser Wunsch nach Veränderung, nach Ausbruch aus der Routine etc. ist wohl typisch für die Lebensmitte. Ich habe Dir deshalb auch den Spiegel-Link heute morgen geschickt. Als ich den las, hat mich auch direkt die Abenteurlust gepackt. Nicht unbedingt Extremwandern, aber mal wieder etwas unterwegs zu sein. Bin ja immerhin schon ein paar Monate durch Deutschland gewandert …

Es ist zwar wahrscheinlich eine unqualifizierte Beurteilung, aber allein die Tatsache, daß Du regelmäßig Deine Tage bekommen kannst, ist für mich ein Zeichen, daß das System prinzipiell noch funktioniert (wenn ich das mal so technisch formulieren darf). Es dauert länger, aber es ist nicht hoffnungslos. Vielleicht solltest Du einfach Nichts erwarten und versuchen, Dich jeden Monat mental darauf einzustellen, daß es nicht klappen wird. Dann ist die Enttäuschung vielleicht ein bißchen kleiner und die Freude umso größer, wenn es dann doch anders kommt (leicht gesagt, ich weiß). Falls es wirklich nicht klappen sollte: wäre eine Adoption denn nichts, was für Dich in Frage käme und ein gewisser Ersatz sein könnte? Eine alternative Perspektive? Bei den vielen elterlosen Kindern wäre das eine sinnvolle Tat, die doch sicher auch viel Befriedigung geben kann. Und qualifiziert für ein Adoptionsverfahren solltet ihr wohl sein. Wahrscheinlich wäre es am besten, wenn Du versuchst, Dich einmal darauf einzustellen, kein zweites eigenes Kind zu haben. Wie wäre es, wenn es nicht funktioniert? Wie wäre das Leben dann und warum wäre es so schlimm mit nur einem (leiblichen)? Bzw., was würde es für neue Chancen eröffnen (schließlich ist man mit einem zweiten auch wieder lange gebunden und in der Pflicht). Erst wenn Du einen Lebensentwurf mit nur einem leiblichen Kind als ungefähr gleichwertig akzeptieren kannst, wirst Du die Behandlung etwas entspannter angehen können, aber wahrscheinlich ist das gerade unheimlich schwer für Dich. Zumindest harte Arbeit.

Bezüglich Deiner beruflichen Orientierung ist es derzeit vielleicht nicht der allerpassendste Augenblick. Aber ist es nicht schön zu wissen, daß wir da eigentlich absolut frei sind und uns jederzeit verändern können, wenn wir wirklich wollen? Niemand wird Dich zwingen, die jetzige Tätigkeit ewig zu machen, Du kannst die Dinge jederzeit ändern. Und mit dem Gefühl lässt sich doch vieles einfacher ertragen. Du mußt Dich bezüglich einer Veränderung jedenfalls nicht stressen, wenn gerade nicht der günstigste Zeitpunkt ist. Du kannst das immer noch in fünf Jahren oder später machen.

Die Welt ist ja tatsächlich sinnlos und das ist irgendwie auch zum Verzweifeln. Und man kann selbst nichts dafür. Keiner hat einen gefragt, ob man dieses Spiel mitmachen möchte. In einem der letzten Spiegel-Titelgeschichten war das sehr treffend formuliert: „Menschen werden geboren, ohne danach verlangt zu haben, und müssen sterben, obwohl sie sich davor fürchten." Wenn Anna schlecht drauf ist, sagt sie das manchmal sehr deutlich („Ihr seid schuld, daß ich auf der Welt bin“). Manche flüchten dann in den Glauben, um etwas Trost und Hoffnung zu finden; wer sich solchen Illusionen nicht hingeben kann, steht etwas alleine dar. Aber sinnlos bedeutet ja nicht, dass man keinen Spaß haben kann. Wie neulich ausgeführt, muß man sich aber wohl damit zufrieden geben, daß ein schönes, erfülltes und/oder für andere nützliche Leben der (einzige) Sinn des Lebens sein kann. Ich würde in der generellen Sinnlosigkeit aber niemals ein Argument gegen Kinder sehen. Die Einschätzung, ob das Leben sinnvoll und lebenswert ist, darf man den Kindern selbst überlassen, auch auf die Gefahr hin, daß sie sich später beschweren (siehe Anna …).

> Und als ob nicht ein Problem reichen würde, schaffe ich mir noch so ein Häschen an... ;-) <

Wir müssen daran arbeiten, daß es höchstens ein Problemchen ist oder wird ;-)

Soviel für heute. Ich hoffe, ich habe nichts schlimmer gemacht und wünsche Dir einen schönen, entspannten und sorgenarmen Abend. Alle Ostereier gefunden?

Liebe Grüße

PS: Ich steh eigentlich gar nicht so auf Häschen – das war Dein Werk :-)