Re: Sehnsucht X - rot und krank

 

 

Betreff: Re: Sehnsucht X - rot und krank

19.04.   15:32

Mit solchen Mails machst Du mich ganz kribbelig, das Kopfkino ist heute morgen direkt angesprungen... Dabei habe ich sowieso schon oft unseren B.-Ausflug sehr plastisch in Erinnerung. Schlimm ist das alles...

Das Verrückte: ich war gestern die ganze Zeit kurz davor, Dir zu schreiben, dass ich Dich vermisse und mir gerade so einige gemeinsame Aktivitäten vorstellen könnte... Habe mich aber zurückhalten können. Das gilt genauso für Terminvorschläge...

Zu mehr Zeilen reicht nun zum Glück die Zeit nicht mehr. :-)

Kuss

Betreff: Re: Sehnsucht X - rot und krank

19.04.   16:15

Sitze gerade mal wieder bei einer Leitlinienkonferenz in F. und lausche etwas amüsiert den heftigen und kontroversen und differenzierten Diskussionen der Kliniker bezüglich der Empfehlungen zur Strahlentherapie bei verschiedenen Stadien des Endometriumkarzinoms ... Eine andere Welt. Es hat einen gewissen Unterhaltungswert. Insgesamt sind diese Treffen aber eher abtörnend, vor allem, weil ich aufgrund der Ignoranz der Gynäkologen mal wieder aufgefordert wurde, mein Kapitel weiter zu kürzen, da zwar gut geschrieben und wichtig, aber zu umfangreich / zu kompliziert etc. Immerhin lenkt mich das von anderen Dingen ab ;-)

Gruß und Kuß

Betreff: Re: Sehnsucht X - rot und krank

19.04.   20:50

> Mit solchen Mails machst Du mich ganz kribbelig ... <.    Ja, tschuldigung. Manchmal überkommt es mich so, dann kann ich nicht anders ;-). Versuche aber, mich jetzt mal zurückzuhalten und beantworte Deine vielen Fragen (Du siehst, ich habe die Rückfahrt von F. produktiv genutzt :-)). Das ist recht unverfänglich, hoffe ich. Und in den nächsten Tagen werden keine ausführlichen Mails kommen, Du bist also erstmal vor weiteren Attacken sicher ;-)

> ich bin eher unsicher und kann mich schwer entscheiden, egal, was es ist <.  Ein paar Charakterzüge scheinen wir ja doch gemeinsam zu haben ;-). Neulich hatten wir schon einmal so eine Gemeinsamkeit entdeckt. Habe aber wieder vergessen, was es war ;-).

> Allerdings finde ich es bei Dir spannend, dass Du solche Unsicherheiten und Anleitungen zum Unglücklichsein mit einer ordentlichen Portion Optimismus kombinieren kannst. <.  Ja, aber nur tagsüber. Und helfen tut das auch nicht immer.

> Ich werde es leider wahrscheinlich noch nicht mal zu einem Doktortitel bringen … <  

Typischer Fall von Schwarzmalerei: Du bist intelligent, wunderschön, ziemlich gesund, hast einen tollen Sohn und treusorgenden Ehemann, nette Freunde, ein schönes Zuhause, eine zwar nicht immer befriediegende, aber sichere Arbeitsstelle mit einigermaßen viel Freizeit, keine finanziellen Sorgen, spielst gut Klavier, lebst in einem schönen, wohlhabenden und sicheren Land, hast noch mindestens das halbe Leben vor Dir …. (die Aufzählung kann ich bei Bedarf noch erweitern).

> Ich finde es immer wieder interessant, dass Du so denkst, weil ich Dich bisher nie so als den typischen kinderverrückten Typ gesehen habe … <.   

Kinderverrückt wäre wohl auch übertrieben, aber ich wollte schon als Kind später mehrere Kinder haben. Und sowas ändert sich doch auch im Leben. Dir ging es doch genauso: erst konntest Du Dir das gar nicht vorstellen und jetzt bist Du sogar unglücklich, wenn es nicht zwei werden.

> Aber was meinst Du mit „seine Wünsche durch sein soziales Umfeld normieren lassen“? <.   

Ich wollte nur sagen, das es manchmal ja schwer zu unterscheiden ist, was wirklich die eigenen Wünsche sind und was man nur glaubt sich zu wünschen, weil man sich von seinem sozialen Umfeld in seinen Wunschvorstellungen leiten läßt. Was man vorgelebt bekommt von anderen, will man dann auch selber machen.

> Wo ich doch zwei sehr gut geratene Kinder habe, die mich glücklich machen sollten. <.

So dramatisch war das gar nicht gemeint. Wollte nur sagen: wenn man zwei gesunde und ganz gut geratened Kinder hat, sollte es doch genug sein. Warum denkt man dann über ein drittes nach etc.?

> aber es klingt fast so, als würdest Du glatt darüber nachdenken, wenn die richtige Jüngere in Deinem Leben auftaucht … <.

Ne, denke ich gerade nicht konkret drüber nach (die Option mit Dir scheidet ja leider aus ;-)), aber man weiß ja nie. Soviel Opas bekommen noch Kinder;-). Was weiß ich, was in zwanzig Jahren ist ;-). Man sollte nichts komplett ausschließen ;-).

> Dann wird mir immer bewusst, wie wenig ich in meinem Job aufgehe ... <. 

Da es mir ja auch öfters so geht, kann ich das schon verstehen. Wirklich und komplett zufrieden mit ihrem Job sind glaube ich gar nicht so viele Menschen.

> Wahrscheinlich bin ich eigentlich kurz davor.  ... <.

Was wäre denn Dein Wunsch: gleicher Job an anderem Ort mit anderen Rahmenbedingungen oder was ganz Neues? Ich kenn mit C. ja noch eine andere Anästhesistin, die denkt manchmal über ein Leben als Allgemeinmedizinern nach und hat Kurse zu TCM etc. besucht (bisher hat sie aber nicht ge­wechselt). Und man kann natürlich auch ein Musikcafe eröffnen oder sich ganz woanders engagieren … Der berühmte Fotograf Sebastiao Salgado konnte einer vielversprechenden und finanziell sehr attrakti­ven Karriere in der Wirtschaft entgegensehen, aber dann packte ihn die Leidenschaft für´s Bildermachen. Er schmiß alles hin und verwirklichte ein ganz anderes, aber viel unsicheres Leben. Und wurde dabei auch noch sehr erfolgreich (übrigens eine beeindruckende Persönlichkeit. Falls Du mal Gelegenheit hast, Dir Wim Wenders Film über ihn anzuschauen („Das Salz der Erde“, wobei Salz hier für die Menschen steht), laß es Dir nicht entgehen). Aber sowas ist natürlich nur möglich, wenn man eine besondere Pas­sion verwirklichen muß und die haben die meisten von uns nicht in dem Ausmaß. Eine Musikerkarriere solltst Du zumindest nur anstreben, wenn das Gehalt Deines Mannes zum Leben reicht ...

> Aber ich finde eigentlich, es ist etwas anderes, wenn man gerade die Familie noch aktiv erweitern möchte, als wenn es um einen schon erreichten Zustand geht. <. 

Ja, daß ist wie mit der bereits vorhandenen Freundin/Ehefrau oder der neuen Bekanntschaft. Erstere wird in gewissen Maßen akzeptiert, auf die Neue ist man eifersüchtig, weil sie als Konkurrenz und direkte Bedrohung empfunden wird. Habe ich auch schon drüber nach gedacht.

> Dieser Nachsatz beruhigt mich dann deshalb fast ein bisschen ;-) Ich fürchte, ich wäre schon eifersüchtig, wenn Du jetzt gerade nochmal Vater würdest … <.

Und nicht nur darauf. Ich denke gerade an S. … Soweit ist es schon gekommen. Schlimm genug. Daher ja auch mein Angebot der gemeinsamen Vermehrung … (aber Du hast ja ein gutes Argument dagegen ;-).

> aber Du scheinst ja damit klar zu kommen <.

Das werden wir dann sehen. Vielleicht mache ich Dir auch üble Szenen, wenn Du dann tatsächlich mit dickem Bauch rumläufst. Schwer vorherzusagen. Ich versuche ja, alle Besitzansprüche Dir gegenüber zu unterdrücken, aber wer weiß. Ich glaube nicht, daß es mich ganz kalt lassen würde …

LGDH