Inzwischen ist dieses Schreiben sogar so sehr die neue Realität,

daß mir eine persönliche Begegnung mit Dir schon fast wieder komisch vorkommt

08.11.   01:08   Sehnsucht II

Liebe Lena,

ich hoffe, Du bist wieder einigermaßen nüchtern, wenn Du das hier ließt. Obwohl – ein leichter perzepti­ver Nebel wäre vielleicht doch besser ... Während Du Dich auf einer Party wild austobst oder zumindest die richtige Musik hörst, habe ich es mir also wie geplant mit einem Glas Wein vor dem Rechner gemüt­lich gemacht. Da ich zu Hause selten allein bin, genieße ich solche Stunden durchaus sehr. Anna glotzt mit einer Freundin im Wohnzimmer, Artur pennt bei einem Freund, es ist friedlich und entspannte Musik säu­selt im Hintergrund. Alles spricht also für einen gelungenen Abend. Habe Deine lange Mail erneut gele­sen, weil ich da ja noch auf Einiges antworten muß (wie auf andere Mails auch, ich verlier da manchmal den Überblick).

Interessant, daß Dich die Flurszene auch nochmal beschäftigt hat. Ich dachte, wir seien da etwas alkoho­lisiert von einer Party gekommen und hätten es nicht mehr bis ins Zimmer geschafft, aber vielleicht stimmt auch Deine Version. Daß ich so unhöflich war, Dich ewig warten zu lassen, tut mir natürlich noch im Nachhinein leid; so ein Verhalten ist eigentlich gar nicht meine Art. Mir ist es immer sehr unange­nehm, anderen in irgendeiner Form (tatsächlich oder vermeintlich) zur Last zu fallen und genauso unan­genehm, andere warten zu lassen, egal ob im beruflichen oder privaten Umfeld. Genauso schrecklich finde ich das permanente Telefonieren, Gesimse oder Gewhatsappe, während man sich mit jemandem trifft oder unterhält. Sehr unhöflich. Ich kann es mir nur so erklären, daß ich keine andere Wahl hatte. Wenn Constanze mal in Fahrt kam, war sie schwer zu stoppen. Und was sollte ich machen, konnte ja schlecht einfach auflegen. Mußte sie also reden lassen. Angenehm fand ich es sicher nicht, zu wissen, daß Du mich besuchst und ich Dich dann rumwarten lasse (auch noch mit Christian). Und ich hätte das umge­kehrt natürlich auch ätzend gefunden. Ich weiß, daß die Situation nicht einfach war. Andererseits war ich an Constanzes Geburtstag mit Dir auf einer Lesung, anstatt den Abend mit ihr zu verbringen, was mir ebenfalls ein schlechtes Gewissen bereitet hat, ist schließlich auch keine Gentleman-Art. Ich vermute, in einer sol­chen Konstellation ist das Gentleman-Sein grundsätzlich schwierig. Ein Gentleman würde es erst gar nicht soweit kommen lassen …

Einen Spaziergang durchs Siebengebirge finde ich ja eigentlich erstmal ziemlich unverfänglich, aber die Hotelzimmerszene hat mich natürlich auch nachdenklich gemacht. Du mußt den Finger auch direkt in die Wunde legen. Also, ich erinnere mich an nicht mehr als ich geschrieben habe, aber wie kann man sich morgens in einem Hotelzimmer verabschieden, ohne die Nacht zusammen verbracht zu haben? Tja, ich weiß es auch nicht. Vielleicht war mein träumendes Hirn da schon weiter oder hat Verdrängtes visuali­siert.

 

Hast du die Lippen mir wundgeküsst, So küsse sie wieder heil, Und wenn du bis Abend nicht fertig bist, So hat es auch keine Eil.

Du hast ja noch die ganze Nacht, Du Herzallerliebste mein! Man kann in solch einer ganzen Nacht, Viel küssen und selig sein. (H.H.)

Ich gebe mir ja Mühe, verbotene Empfindungen effektiv zu unterdrücken, aber manchmal überkommt mich trotzdem so ein paroxysmales Verlangen, Dich anzufassen, Dich zu küssen, mit Dir zu schlafen. Das ganze Programm eben. Oder ich bemerke bei mir etwas wie eine Pawlow´sche Konditionierung, wenn ich Deinen Namen lese: statt Speichelfluß beim Erklingen der Glocke erotische Gefühle beim Lesen der bei­den Worte (am stärksten: Lena), auch wenn das Objekt der Begierde (Hundefutter, Person) gar nicht präsent ist. Ist es vielleicht sogar eine Art Fetischismus (ein unbelebter Gegenstand als Stimulus der Erre­gung? Aber das geht wahrscheinlich zu weit). Schlimme Sachen alles, ich weiß. Aber man kann sich ja nicht immer hundertprozentig kontrollieren. Wir haben uns körperlich eben nie richtig entwöhnt. Da lauert wohl Verborgenes tief im Hirn (limbisches System, Thalamus, Hippocampus oder gar Amygdala?) und versucht, sich bei erstbester Gelegenheit einzumischen und ins Bewußtsein zu mogeln. Eruptionen kleiner Vulkane (unter der erkalteten Oberfläche brodelt still das Magma ...). Ich gehe natürlich beim ersten Anzeichen sofort energisch dagegen vor, um Schlimmeres zu verhindern. Es geht dann auch wie­der vorbei, also kein Grund zu Beunruhigung oder gar Panik. Wir höheren Primaten sind halt komplexere Wesen als es für unser Alltagsleben zu wünschen wäre. Andererseits bin ich nach wie vor der Überzeu­gung, daß man auch mal was Verbotenes tun (in diesem Fall denken) darf. Wir sind doch schon oft genug regelkonform. Ich finde solche kleinen Schwächen deshalb nicht so fürchterlich. Man ist halt noch am Leben …

Aber es stimmt schon, ganz harmlos ist die Schreiberei nicht. Sie ist eben auch real, nur eine andere Welt und natürlich versuche ich, Beides auseinanderzuhalten. Auch mich plagt dann schon mal ein schlechtes Gewissen. Als Du Dich im August gemeldet hast, bestand bei mir allenfalls eine geringe diesbezügliche Sorge; ich fühlte mich im Grunde sicher. Schließlich war klar, daß wir uns so bald weder sehen noch hören würden, da konnte doch eigentlich nicht viel passieren. Aber ich muß zugeben, daß ich mich da etwas geirrt und die Situation falsch eingeschätzt habe. Es kommt anscheinend nicht darauf an, ob man redet oder schreibt. Ist ja irgendwie auch das Gleiche. Man muß sich nicht direkt begegnen, es funktio­niert auch mit Mails. Zumindest, wenn man sich schon vorher kannte und einen innigeren Umgang mit­einander hatte. Das ist wohl die Voraussetzung. Wenn man mit den Worten niemanden verbindet, ist es sicher harmloser (aber siehe Nordwind, falls diese Story einen realen Hintergrund hatte). Von daher würde ich nicht sagen, daß ich unbekümmert bin, aber ich habe immer noch das Gefühl, daß ich alles kontrollieren kann (kleine Ausnahmen siehe oben) und keine ernsthafte Gefahr besteht. Oder ist das naiv? Jedenfalls mag ich es gerne, Dir zu schreiben. Dann muß ich die Nebenwirkungen in Kauf nehmen.

Noch zu Deiner letzten Frage: nein, Nacktfotos gehören nicht zum festen Repertoire meiner Affären (ich habe üblicherweise keine Affären, wie Du ja weißt) oder festen Beziehungen / Ehen. Aber ganz falsch liegst Du nun auch wieder nicht (sonst wäre mir das gar nicht in den Sinn gekommen): ich hatte tatsäch­lich mal mit einer Freundin (lange vor unserer Zeit) solche Aufnahmen gemacht und sie kürzlich beim Umzug wiedergefunden. Es waren wirklich schöne Bilder, was vielleicht auch erst im Abstand so vieler Jahre deutlich wurde. Und ich war dann ganz angetan davon und glücklich, sowas gemacht zu haben. Ich bin letztlich immer sehr empfänglich für gelungene Bilder  ... Und es vergeht doch alles so schnell, auch die körperliche Frische. Diese Schönheit festzuhalten, finde ich sehr legitim, wenn nicht sogar erstre­benswert. Aber jetzt frage ich mich, ob ich der Dame die Bilder mal mailen oder besser vorenthalten sollte. Wird sie sich mit Mitte Vierzig über die Fotos einer Zwanzigjährigen freuen oder hat das eher Fru­stration zur Folge? Würdest Du Dich freuen? Im Anhang ein anderes kleines Experiment mit dem Mate­rial, was mir zur Verfügung steht.

Meine Liebe, es ist spät und der Brief eh schon zu lang. Vermutlich hätte ich mich kürzer fassen oder bestimmte Passagen ganz löschen sollen. Aber Du hast ja gefragt, da wollte ich auch ehrlich antworten. Ich hoffe, ich konnte etwas Licht in´s Dunkel bringen ohne allzuviel neue Fragen aufzuwerfen und wün­sche Dir einen schönen Sonntag. Genieße das Hoch …

Dein Johann

PS: doch noch eine Frage meinerseits. Was hast Du zum Teufel acht Jahre in D. ge­macht?

 

07.11.   11:24   Re: Garbo

wie die Garbo siehst Du nicht aus, aber eben auch reizvoll. Ich wollte nur sagen, daß Du eine durchaus fotogene Ausstrahlung hast, vielleicht wegen dieses etwas melancholischen Gestus. Ich kann mir da durchaus ein paar interessante Aufnahmen vorstellen. Und vergiß nicht, daß die spektakulären Fotos der Stars meist hochgradig inszeniert sind; wenn man die Personen dann ungeschminkt auf der Straße sieht, wirken sie oft doch sehr gewöhnlich. Ich sitze gerade im Matheunterricht der sechsten Klasse und merke, daß mir die Kleinen zumindest im Kopfrechnen schon überlegen sind. Gruß und schönen Samstag.

 

06.11.   14:43   Re: Tragikomödien

Den Vorschlag mit der Verabredung vor dem Bildschirm hast Du mißverstanden - natürlich kein Skypen (!!!), nur Mails. Zugegebenermaßen kein richtiges Livestream-Erlebnis, aber immerhin eine etwas direk­tere Kommunikation. So eine Art WhatsApp. Dann verschieben wir das einfach. Obwohl Du mir ja Eure Babysitterin schmackhaft machen möchtest, aber die überlasse ich mal lieber Linus.

Kurz zu Deinen anderen Fragen (ich muß Artur gleich abholen): ja, bezüglich der Wohnung kamen tatsäch­lich ein paar dunkle Erinnerungen. Ja, Divine ist nicht schlecht, kann man sich anhören. Klar bin ich manchmal mies drauf, Du nicht? Ich hoffe, es liegt noch im Normbereich, aber das hängt natürlich davon ab, mit wem man sich vergleicht. Das Lied ist von Fön (ziemlich bescheuerter Name), bei YouTube findet man nicht wirklich viel von denen. Ich freue mich dann mal auf die Rammstein-Parodie.

Den selbstbewußten Vergleich mit Greta Garbo hätte ich Dir gar nicht zugetraut, ist aber was dran. Ich kann nur zustimmen. Wir hätten damals halt doch mal eine Fotosession machen sollen (notfalls auch angezogen), die Voraussetzungen für beeindruckende Aufnahmen waren (sind) gegeben. Ich war echt ein Trottel (was aber nicht heißt, daß ich Deine Schönheit damals nicht erkannt hätte).

So, ich muß los. Wünsche Dir ein schönes Wochenende und eine wilde Elternparty (sauf nicht zu viel :-))

LG Johann

 

 

05.11.   20:55   Tragikomödien

Meine Liebe,

vielen Dank für die beiden schönen Mails und die - sagen wir mal interessanten - Fotos. Am besten gefällt mir natürlich das von Dir in dieser etwas verloren-depressiven (oder leicht verzweifelten oder nachdenk­lichen) Pose (so habe ich Dich in Erinnerung), am Schlimmsten ist das von mir und Julia und das, wo ich diesen Matsch umrühre. Wie gesagt, manchmal ist die retrograde Amnesie ganz gut ... Dein Rock-Bild gilt nicht richtig - viel zu klein und halb verdeckt. Da gibt es bestimmt Besseres :-).

Ich war heute morgen recht mies drauf und habe mich deshalb über Deine Zeilen ganz besonders gefreut, konnte ich gut auf dem Weg zum Venusberg im Stau lesen. Dein langer Brief erfordert eine lange Antwort, da gibt es Einiges zu zu sagen. Mir fehlt nur gerade die Muße dafür. Diese beiden Wochen sind wirklich nervig. Ich hasse diese vollgestopfte Zeit, es lässt sich manchmal wohl nicht ändern. Meine Schreibfrequenz wird darunter sicher leiden, nimm es also bitte nicht persönlich. Aber am Samstag Abend, wenn die Kinder schlafen (bzw. hoffentlich mit Übernach­tungsbesuch im Zimmer verschwunden sind) werde ich Dir antworten. Oder wir verabreden uns zu einem späten Glas Wein vor dem Bildschirm? Wäre auch nicht schlecht.

Wolke4 habe ich Dir tatsächlich nicht nur wegen der Melodie, sondern auch wegen dem Text geschickt und ich vermute, ich dachte ungefähr das Gleiche wie Du dabei. Ich interpretiere den Inhalt zumindest vor allem als: besser emotionales Mittelmaß (Wolke4) als positive (Wolke7) oder negative (allein) Extreme. Ist es das, was Philipp meint? So ganz schmeichelhaft ist das für den Adressaten wohl nicht. Habe bei Wolke7 etc. jedenfalls (auch) an uns gedacht.

Höre mir gerade diverse Divine-Comedy-Songs an. Damit es bei uns nicht zu sentimental oder gar roman­tisch zugeht, anhängend mal was kleines verrücktes Anderes (habe ich neulich im Radio gehört).

Gute Nacht

 

 

05.11.   12:06     Nylon

Hallo Johann,

Liebesleid passt wirklich ganz vorzüglich zu dieser Herbst-Zeit, ich habe es mir in letzter Zeit oft angehört. Vielen Dank also noch einmal für das Lied!

Eigentlich wollte ich ja noch berichten, wie es auf Mallorca war, ist durch das Krank sein etwas in den Hintergrund geraten. Daher noch ganz kurz: am Strand abhängen, schwimmen, Sandburgen bauen, Sonne genießen, Eis essen, Tropfsteinhöhle in Porto Cristo anschauen, Valldemossa besuchen, Paella essen, Wein trinken, Sterne schauen, Postkarten schreiben (am letzten Tag, wie meistens), Rumfahren, Rumhängen, fröhlich sein, angenervt sein (sich aufregen natürlich…), lachen, nichts denken, etwas Besonderes denken, lesen, Musik hören (zum Beispiel komische im Auto gefundene Mix-CDs), mit Linus Spaß haben, Linus trösten, Linus erziehen (die Trotzphase lässt grüßen)… sich einfach freuen, dass man im Urlaub ist und nicht auf der Arbeit. :-) Nicht geschafft haben wir diesmal Sollér und Palma. Vespa fah­ren natürlich auch nicht. Bin mir auch nicht sicher, ob das was für mich wäre.

Ein Rock-Foto wollte ich Dir natürlich nicht schicken, aber nach den Landmann-Fotos kann ich das ja doch mal tun, habe ein geeignetes gefunden

Viele Grüße

Lena

 

 

04.11.   23:07     Re: The Divine Comedy

Wolke 4 - Du kennst das Lied also auch. Ich mag es sehr gerne. Hast Du dann die Anspielung in einer meiner ersten Mails verstanden? Als ich das Lied zum ersten Mal gehört habe, konnte ich mir direkt gut vorstellen, was er damit meinen könnte. Aber ich frage mich auch immer wieder, ob die Aussage eigent­lich schmeichelhaft für denjenigen ist, dem er das sagt...

Hast Du mir den Link hauptsächlich wegen der Melodie oder des Textes geschickt?

Ich kenne Neil Hannon natürlich nicht persönlich und war auch nicht sein Groupie. Aber ich stand 2006 immerhin mal neben ihm in einem Festival Pressezelt.  Man braucht eben die richtigen Kontakte... :-) Physisch ist er gar nicht so groß, er ist jedenfalls ein paar Zentimeter kleiner als ich… In drei Tagen wird er auch schon 45… die Zeit rast. ("Damals" ist leider tatsächlich einfach schon lange her, auch wenn ich mich innerlich immer noch 10 Jahre jünger fühle...) Der Band-Name stammt wohl tatsächlich von Dante, aber nur, weil Hannon das Buch bei seinen Eltern im Regal gesehen hat, als er auf der Suche nach einem Namen für seine Band war (so sagt es jedenfalls eine Überlieferung…)

Vielleicht wäre es für mich besser gewesen, wenn ich ihn 1999 schon gekannt hätte… :-)

Wenn Du Dir folgendes Lied von ihm anhörst, kannst Du Dir in etwa vorstellen, wie ich die 00er Jahre verbracht habe (Ich bin mir nur leider gar nicht so sicher, ob er die „Indie-Hupen“ da nicht etwas auf die Schippe nimmt, hm):

https://www.youtube.com/watch?v=sB--qzE4JhE

In M. kann man es schon ganz gut aushalten. Allerdings habe ich vorher 8 Jahre in D. gewohnt und das extrem gerne. Nur aus praktischen Gründen bin ich dann in M. gelandet, war zunächst kreuzunglücklich und habe auch ein paar Tränen verdrückt, als ich sofort die erste Stelle bekommen habe, auf die ich mich beworben hatte. Aber ich habe mich mittlerweile an M. gewöhnt, es ist hier schon schnuckelig und behütet und man kann es deutlich schlechter treffen. Bin aber sehr froh, dass es eine Uni-Stadt ist, die vielen Studenten tun der Stadt gut. Sonst würden hier wahr­scheinlich nur spießige Hilfiger-Pulli-Träger über den Prinzipalmarkt schlendern. Warst Du schon mal in M.? Ich war ja nur einmal in B., als ich in SA. das Praktikum gemacht habe. Ich fand die Stadt ganz schön, war positiv überrascht…

Deine Reaktion auf meine Aufreger kam mir beim Lesen auch wieder etwas bekannt vor. Ich fürchte aber, da liegt auch eines der Probleme: Wenn ich mir vorstelle, wie Du schmunzelst und etwas lachen musst, während ich mich zum Beispiel darüber mokiere, dass Du Dich von Jule anmachen lässt, dann ist es wohl auch nicht verwunderlich, dass ich mich dann nicht ernst genommen fühlte und davon ausge­gangen bin, dass ich Dir nicht viel bedeute. Da hättest Du schon anders reagieren müssen, um mich vom Gegenteil zu überzeugen… nun gut, Du hast es in diesem Fall dann später mit Blumen versucht, hat mich aber auch nicht mehr umgestimmt…

(Anbei heute dazu passend ein Foto, das mir Sonja mal zugespielt hat.)

Natürlich musst Du beunruhigt sein, wenn ich so lange friedlich war! Denn es gibt schon immer noch genug, was mir einfällt, über das ich mich ärgere bzw. mich wieder zurück auf den Boden der Tatsachen bringt. Der Vulkan ist nicht erloschen. :-) Aber leider mag ich es auch ganz gerne, nette Emails mit Dir auszutauschen, auch wenn ich das tatsächlich manchmal unpassend finde, weil mir wieder alles Mögli­che von früher einfällt. Woher kommt diese Faszination?!?

Mir ist zum Beispiel ausgerechnet im Urlaub wieder eingefallen, wie die Flurszene wohl zustande gekommen ist. Es gibt nämlich eine Szene, die ich nie vergessen werde, aber mir war nicht mehr klar, dass sie höchstwahrscheinlich der Auslöser zur Bodenlage war. An einem Abend waren wir bei Euch in der WG verabredet (ich tippe übrigens, dass Lothar vorher unten in SonjasZimmer gewohnt hat?) und als ich ankam, hast Du einen Anruf von Constanze bekommen. Aber anstatt Dich verleugnen zu lassen oder es kurz zu halten, hast Du mit ihr wieder irgendetwas ellenlang ausdiskutiert. Und ich saß die ganze Zeit irgendwo in der Wohnung rum. Sonja war nicht da, sonst hätte ich mich wahrscheinlich mit ihr unter­halten. Christian war in der Küche und schaute mich mit fortschreitender Zeit, die ich wartend verbrachte, immer mitleidiger an, hat glaube ich auch ein paar subtile Kommentare gebracht, die mir sagen sollten, dass ich  den Scheiß nicht mitmachen sollte. Das konnte ich dann irgendwann nicht mehr ertragen und hab mich in die obere Etage verzogen - eben in den Flur. Und als Du dann endlich fertig warst mit Telefonieren, hast Du mich da oben im Flur sitzend gefunden. Danach gab es wieder einmal eine Art Krisengespräch, auf dem Boden sitzend. Letztendlich sind wir wahrscheinlich dann knutschend waagerecht auf dem Boden gelandet. Ich frage mich immer wieder, wenn ich daran denken muss, warum ich so etwas eigentlich mitgemacht habe. Das ist doch keine Gentleman-Art. Eigentlich hätte ich tatsächlich schreiend wegrennen müssen. Oder zumindest einfach die Tür laut zuknallen und wieder fahren sollen. Aber ich bin geblieben, und das schockt mich heute noch bzw. kratzt an meinem Stolz. Würde mich interessieren, wie Du das umgekehrt gefunden hättest.

Und dann ertappe ich mich dabei, dass ein Teil von mir tatsächlich gerne mit Dir durch das herbstliche Siebengebirge schlendern würde. Das kann und darf doch nicht wahr sein. Apropos: „Alles ist im Fluss“, Du träumst, dass wir uns in einem Hotelzimmer verabschieden und würdest mich gegebenenfalls ins Siebengebirge ausführen - ich habe so eine Ahnung, in welche Richtung Deine Phantasien manchmal zu gehen scheinen... würde gerne mal Mäuschen in Deinem Kopf sein ;-) Kannst Du eigentlich Deine reale Welt komplett von unserer Schreiberei abkoppeln? Es kommt oft bei mir so an, weil Du bisher wenig dazu geschrieben hast, außer dass es eine Katastrophe wäre, wenn wir gegenseitig in die reale Welt ein­dringen. Ok, Du hast auch schon mal geschrieben, dass Du viel an mich denken müsstest und auch schon mal schlecht geschlafen hast deswegen. Aber oft wirkst Du so herrlich unbekümmert auf mich, was das hier angeht. Auch diese Vermutung kommt natürlich durch mein Empfinden von vor 15 Jahren, daher frage ich Dich jetzt einfach mal konkret danach. Von mir weisst Du ja schon, dass mir das hier ein schlechtes Gewissen macht. Entweder habe ich ein großes Fragezeichen in meinem Kopf und erkläre mich dann selbst fast für unzurechnungsfähig oder ich bin gerade damit beschäftigt, mir zu überlegen, was und wie ich Dir als nächstes schreibe… das kann man doch noch nicht einmal rein biologisch wissen­schaftlich erklären von wegen biochemische Konstellation und Anziehungskraft - das funktioniert doch nicht bei einem Emailkontakt...

Themenwechsel: zu einer erotischen Fotosession hättest Du mich sowieso nicht überreden können - unglaublich! Machst Du das sonst immer mit Deinen Affären? ;-) Meine Theorie mit dem Desinteresse ist noch nicht vom Tisch, mein Lieber, auch wenn Du mir in der letzten Mail ganz schön den Bauch pinseln wollest…  ;-)

So, zum Schluss gibt es jetzt noch das angekündigte Foto von Sonja, passend zur bevorstehenden Adventszeit:

 

02.11.   22:49   The Divine Comedy

Guten Abend, meine Verliebte,

das Krankheitsgefühl hat sich zumindest nicht verschlimmert, ich werde mich also so durch die Woche schleppen. Lothar war auch einer der Mitbewohner aus der Bochumer Chaos-WG, aber vielleicht war er schon ausgezogen, als Du in´s Spiel kamst. Bei Deinem Foto dachte ich zuerst, es wär der Bonner Hofgar­ten, sieht ganz genauso aus. Münster ist natürlich ein schönes Städtchen, da hast Du es gut erwischt. Aber dafür kennst Du das Siebengebirge nicht. Es ist das Beste, was wir hier haben. Dann weiß ich ja schon mal, wohin ich Dich gegebenenfalls ausführen kann …

Deine Beschreibung von Neil Hannon hört sich ja nach einer großen Liebe an. Gut, daß es den nicht schon 1999 gab, da hätte ich wohl keine Chance gehabt :-). Er hat so eine gewisse Ausstrahlung, die Frauenherzen schwach macht. Trotzdem vermute ich mal, Du hast ihn vor zehn Jahren nicht persönlich kennengelernt? Die beiden Versionen sind tatsächlich ziemlich schön, auch textlich, muß ich zugeben. Und einige seiner anderen Songs auch. Ich frage mich, ob es einen Bezug zu Dante gibt.

Wenn ich die letzten Wochen rekapituliere, fällt mir auch auf, daß Du eigentlich recht friedlich warst. Keine Grätschen und so. Ich weiß nicht, ob mich das beunruhigen muß, aber dabei fällt mir ein, daß ich Deine Frage noch nicht beantwortet habe: ob Du schon früher zickig warst oder unnett, obwohl Du nett sein wolltest? Ich muß ja gestehen (auch wenn Du das nicht gerne hörst), daß ich es eigentlich immer ziemlich süß finde, wenn Du Dich aufregst (allerdings nur, wenn ich vermute, daß Du nicht ernsthaft sauer bist), aber das liegt sicher daran, daß ich dabei eine gewisse Vorstellung von Dir zu haben glaube. Und ich fragte mich auch schon, wie das wohl früher gewesen war. Wir hatten ja so die einen oder ande­ren Streitthemen und da warst Du sicher auch ab und an schön bockig und mißgelaunt. So genau weiß ich das nicht mehr, aber wenn ich diese bestimmten Mails von Dir lese, kommt mir die Art so vertraut vor, ich muß dann immer schmunzeln. Das kann eigentlich nur daher kommen, dass ich Dich in all dem wiedererkenne und das bedeutet, daß Du damals (damals klingt ja schrecklich weit weg, als ob ich kurz vor der Gruft stehe) schon genauso warst (was ja nun nicht verwunderlich wäre, warum solltest Du Dich geändert haben?) und ich dieses Verhaltensmuster noch im Unterbewußtsein abgespeichert habe. Ein unverwechselbarer Charme, für den ich leider ein bißchen anfällig bin, den ich aber sicher nur verstehen kann, weil ich ihn noch aus der Live-Situation kenne. Ja, so wird es sein. Aber, wie gesagt, das bist eben Du und ich mag es eigentlich ganz gerne, zumindest in kontrollierbarer Form ...

In unserem speziellen Fall dachtest Du zumindest anfangs natürlich immer an früher und konntest den Ärger dann nicht ganz unterdrücken, von daher ist das vielleicht nicht repräsentativ. Andererseits gab es früher sicher auch genug Anlässe, sich zu ärgern. So wolltest Du einerseits nett sein, andererseits emp­findest Du das genau als unpassend. Anscheinend war meine Zuversicht aber berechtigt, daß sich das mittelfristig bessern wird und Dein nettes Über-Ich die Oberhand gewinnt. Natürlich sollst Du nicht völlig pflegeleicht werden, aber es ist durchaus angenehm, wenn die extremen Stimmungsausschläge etwas seltener werden ….

Ich habe heute dieses Gute-Nacht-Lied für Dich:

https://www.youtube.com/watch?v=C9HL-2IhZKg

 

02.11.   14:51     Re: David´s Song

Und Du dachtest, Du würdest mich besser kennen… :-) Anscheinend nur im Traum.

Was macht das grippale Gefühl? Kann ich noch gut nachvollziehen. Gute Besserung.

Ich spiele immer noch ab und zu mal Klavier, auch wenn es im Moment eher nur mit Linus zusammen und von Üben weit entfernt ist. Ich kann immerhin ein paar Sachen noch halbwegs... Und den fröhlichen Landmann würde ich auch innerhalb von einer Stunde wieder drauf haben, behaupte ich jetzt mal. :-)

Wer soll denn Lothar sein? Der Name sagt mir gar nichts.

Apropos Taschentuch rausholen: Da fällt mir sofort „The Divine Comedy“ ein. Die Band besteht eigentlich nur aus Neil Hannon abwechselnd mit großem Orchester, Band oder auch solo nur mit Gitarre und Kla­vier. Neil ist wirklich göttlich. Unfassbar coole Rampensau, wunderschön tiefe Stimme (im wahren Leben habe ich leider nicht so viele Männer mit schöner tiefer Stimme getroffen) und gut aussehend. Kennen­gelernt habe ich ihn auf dem Haldern Pop Festival vor über 10 Jahren. Da ist er mit einem kleinen Orche­ster vom Niederrhein aufgetreten, geprobt hatten sie zusammen nur den Nachmittag davor, aber es war eine unglaubliche Atmosphäre und das Konzert, was mich bisher am meisten ergriffen hat. Da bekomme ich jetzt schon wieder eine Gänsehaut und muss dann ein Taschentuch rausholen, wenn „Mutual Friend“ laut aus den Boxen schallt. https://www.youtube.com/watch?v=ezQeJJvx_Vs

Und weil er einfach so toll ist, muss ich noch den Link zur Klavier-Solo-Version mitschicken:

https://www.youtube.com/watch?v=W3gslqLPhcc

Vielen Dank für die schönen Herbst-Fotos. Im Siebengebirge war ich, glaube ich, noch nie. Aber auch die Münsteraner Promenade kann im Herbst ganz schön sein.

Grüße, Lena

 

01.11.   21:51   David´s Song

ok, ich verstehe. Da sind unsere frühkindlichen und späteren Prägungen doch etwas verschieden. Oliver Maas und Anna kenne ich nicht. Dirty Dancing ist natürlich Hardcore, das schockt mich jetzt schon ein bißchen. Ich muß das erstmal in mein Bild von Dir integrieren. Hätte ich niemals gedacht. Auch eine üble und oberkitschige Story. Aber als Mann will ich da nicht urteilen ... Noch zu gestern: Klavier finde ich sehr schön, würde ich auch gerne können, dafür ist es in diesem Leben aber zu spät. Du hast es aber wohl leider auch aufgegeben. Dafür bin ich von religiöser Indoktrination komplett verschont geblieben, ich war schon immer konfessionslos (meine Mutter ist bereits früh aus der Kirche ausgetreten). Das meine Kids nun katholisch sind, hat deshalb durchaus eine komische Komponente, die taufe war eher taktisch motiviert, ich hoffe, sie treten dann bald wieder aus. Und die Halloween-Party fand nach abendlichem Herumstreifen in den hiesigen Straßen zwecks Süßigkeiten-Abgreifen natürlich im Kinderzimmer statt und nicht bei den Erwachsenen. Als Nordhesse kann ich mit diesem Schabernack ebenfalls nicht viele anfangen, nur an das 1-2malige abendliche Ausgehen in Köln während Karenval habe ich mich über die Jahre gewöhnt, aber auch nur, weil wir da immer mit einer ganz lustigen Truppe aufschlagen, zu der auch Lothar (kennst Du sicher noch) und irgendwie eben auch Rotterdamm gehören. So, dieser Brief ist meine letzte Aktivität für heute, ich fühle mich etwas grippal und unfit und verziehe mich ins Bett. Und verabschiede mich mit zwei Impressionen des Siebengebirges am heutigen Nachmittag. Gute Nacht und süße Träume,

Dein Johann

 

01.11.   09:37     Re: David´s Song

Guten Morgen, ausgeschlafen?

Jetzt konnte ich mir mal den Song anhören. Die Serie kenne ich nicht, meine Eltern haben mich anschei­nend mit eineinhalb noch nicht solche Weihnachtsserien gucken lassen... klingt aber auch so, als ob man sie wirklich als Kind das erste Mal gesehen haben müsste, um damit was anfangen zu können... Ich steh zum Beispiel total auf Dirty Dancing... Den muss man wohl auch damals direkt gesehen haben, um ihn toll finden zu können (und vielleicht weiblich sein) Lassie und Flipper sind auch noch in den 80ern gelau­fen, habe ich jedenfalls auch gesehen. Wobei ich nicht mehr sagen könnte, worum es wirklich ging, außer dass ein Collie und ein Delfin mitgespielt haben.

Meine erste Weihnachtsserie war "Oliver Maas" - danach wollte ich unbedingt Geige spielen und war total sauer, dass meine Eltern das nicht mitmachen wollten. Danach kam natürlich "Anna".

Die Melodie von David's Song kenne ich sogar. Furchtbar kitschig! :-) die Kelly Family hat das wohl auch mal verwurstet, habe ich bei youtube gesehen. Wahrscheinlich kenne ich es deshalb aus dem Radio.

Das Taschentuch konnte ich mir jedenfalls sparen ;-)

 

31.10.   21:52   David´s Song

Heute ging mir mal wieder eine Melodie durch den Kopf – David´s Song – die ich wohl nie vergessen werde. Es ist das Lied der Fernsehserie „Die Abenteuer des David Balfor“, die 1978 ausgestrahlt wurde; da war ich also 10. Du kennst die vermutlich überhaupt nicht wie wahrscheinlich auch andere filmische Glücksmomente der 70er (Rappelkiste, Lassie, Flipper, der Seewolf etc.). Von der Handlung weiß ich nichts mehr, aber wenn ich die Musik höre, bekomme ich noch immer eine Gänsehaut. Es war offen­sichtlich sehr bewegend: eine heroische Abenteuer- und Liebesgeschichte in den schottischen Highlands mit dem hübschen David und seiner ebenfalls hübschen Geliebten (die beiden wurden dann auch im realen Leben ein Paar und wollten sogar heiraten, doch kurz vor der Hochzeit wurde ihm die Braut aus­gerechnet durch Heiner Lauterbach ausgespannt – welch bittere Tragik) und dazu dann der ergreifende Sound. Hol Dir schon mal ein Taschentuch:

www.youtube.com/watch?v=k_loq65cJts

Hier ist gerade ziemlich Party, es wird wohl noch später …

Schlaf gut.

 

30.10.   17:35     Re: ein Traum

1.) Zwei Doofe, ein Kühlschrank sagt man doch so (sagen manche), wenn Zwei zur gleichen Zeit densel­ben Gedanken haben.

2) das mit dem HJ hatte ich auch gedacht, aber wir sind ja unter uns. Aber vielleicht werden diese Mails ja von spezieller Suchsoftware gescreent, da hast Du Recht.

3) Switch Reloaded sind super, danke für den Link

4) Ich hab dafür noch neue Lebensweisheiten, auch sehr witzig (finde ich): http://pulptastic.com/why-peter-pan-had-the-right-idea/

5) immer wieder spannend zu sehen, wieviel ich von Dir über mein vergangenes Leben erfahre. Es war ein schöner Altbau, das dämmert mir noch so (aber die Begleitung war natürlich noch schöner).

6) Fotos mache ich eigentlich immer recht viel, ich habe ein ziemlich umfangreiches Archiv und neulich mal tausende Fotos digitalisieren lassen. Visuelles ist für mich sehr wichtig und außerdem braucht man Bilder doch, um der Vergänglichkeit etwas entgegenzusetzen. Aber es gibt eben weiße Flecken. Ich ver­stehe bis heute nicht, warum ich damals nicht zumindest versucht habe, Dich zu einer erotischen Foto­session zu überreden. Du interpretierst das ja als Desinteresse, ich vermute eher, ich war mit Dir zu beschäftigt, um an sowas zu denken. Oder die Kamera war kaputt … Aber wenigstens bestätigst Du, daß ich Dich mal fotogtafiert habe, das beruhigt mich doch ein wenig. Ich kann zwar sehr stumpf sein, aber nicht, wenn ich jemanden mag - und Dich mochte (mag) ich doch ziemlich.

7) Deine beruflichen Zweifel verstehe ich gut, weil es mir auch immer so gegangen ist und ich nie sicher war, was ich wollte. Heidelberg war ja auch so ein Versuch. Pädiatrie, Pathologie oder doch etwas ande­res. Daß ich dann in der Humangenetik hängen geblieben bin, war einerseits totaler Zufall, andererseits aber nicht nur. Landet man letztlich doch da, wo man hingehört - zumindest wenn die äußeren Bedin­gungen es erlauben? Ich bin manchmal erschrocken, wie wenig zentrale Entscheidungen meines Lebens ich selber getroffen habe und wie vieles von außen bestimmt wurde. Dafür ist es noch ganz gut gelaufen. Natürlich hat der Uni-Alltag seine Schattenseiten, aber über Schule und Uni bin ich tatsächlich nie hin­ausgekommen.

Ich hätte jetzt zwar Lust, hierzu noch einiges zu sagen, aber mir fehlt die Ruhe dazu. So gern ich Dir wei­ter schreiben würde, ich muß für heute Schluß machen, es ist schon später Freitag nachmittag, ich bin bestimmt der Letzte hier vor Ort und die Leitlinienkorrektur muß heute fertig werden ….

Jedenfalls schön, dass Du wieder da bist - die Mails habe ich ja doch vermisst. Inzwischen ist dieses Schreiben sogar so sehr die neue Realität, daß mir eine persönliche Begegnung mit Dir schon fast wieder komisch vorkommt. Auch komisch. Alles ist im Fluß.

Am Wochenende haben wir Besuch und ich muß vermutlich auch irgendeine Form von Halloween-Aktivi­tät über mich ergehen lassen, von daher werde ich kaum zum Schreiben kommen. Ich wünsche Dir zwei dienstfreie und erholsame Tage!

Dein Johann

 

30.10.   15:02     Re: ein Traum

Frag mich nicht, in welchem Viertel diese Wohnung war. Du hattest von einer Frau das Zimmer ihres Sohnes untervermietet bekommen. Ich glaube, sie hatte noch eine Tochter, jedenfalls tauchte die (oder war es doch ein Sohn?) dann einmal an diesem Wochenende, an dem ich Dich besucht habe, auf. Deine Vermieterin war gar nicht da an dem WE. Ich fand die Wohnung so toll, dass ich viele Fotos von ihr gemacht habe. Altbau, Dielenboden, spartanische und geschmackvolle bzw originelle Einrichtung für meine Begriffe (spartanische Einrichtung werde ich wohl nie schaffen). Ich glaube, in dem Viertel gab es mehrere Jugendstilhäuser, aber ich könnte jetzt auch nicht mehr sagen, ob ganz Heidelberg voll von sol­chen Vierteln ist. Außer der Wohnung haben wir aber ja auch nicht viel gesehen von Heidelberg. Und ich bin wirklich sehr schlecht, was Orientierung angeht. Spontan würde ich wahrscheinlich instinktiv immer in die falsche Richtung laufen und auch nicht aus dem Gedächtnis heraus den Weg ein zweites Mal fin­den, schon gar nicht, wenn es etwas länger her ist, dass ich in einer Stadt war…

Ich kann mich nicht erinnern, dass ich Dich jemals mit einem Fotoapparat in der Hand gesehen habe - außer in Heidelberg mit meinem. Da hast Du damit tatsächlich ein, zwei Fotos von mir gemacht.

Wahrscheinlich habe ich einfach das Helfer-Syndrom, sonst wäre ich auch nicht in diesem Beruf gelan­det. Eigentlich wollte ich ja Humanbiologie studieren, das galt als „theoretische Medizin“. Denn ich dachte, dass ich so viele Patientenschicksale nicht aushalten würde und Ärztin daher keine gute Berufswahl für mich wäre, auch wenn mich das schon immer fasziniert hatte. Und was ist geworden? Der NC lag bei 1,0 und ich bin über Umwege doch in der Medizin gelandet. Jetzt muss ich akute Abdomen, Polytraumen und Intensivpatienten betreuen… verrückt. Heisst aber nicht, dass ich darin jetzt total aufgehen würde, da ich dafür zu große Selbstzweifel habe und auch nach längerer Berufserfahrung immer Angst habe, alles falsch einzuschätzen und der Patient durch mich daher Schaden nimmt… Zum Glück sehen das meine Arbeitskollegen nicht so, ich kann mich also entweder gut verkaufen oder ich bin vielleicht doch nicht ganz so schlecht. :-) Aber wenn ich so lese, was Du vom akademischen Alltag schreibst, glaube ich, dass das auch nichts für mich wäre… ich bin ja mittlerweile sehr skeptisch, wenn eine neue Studie wieder total gehypt wird, wir unbedingt alles danach bei der Betreuung der Intensivpa­tienten machen müssen, auch wenn wir jahrelang was anderes gemacht haben und nicht alle daran gestorben sind und dann erscheint ein Jahr später eine andere Studie, die alles wieder hinfällig macht… Vielleicht ist das aber auch nur eine Schutzbehauptung, weil ich so wenig Fachliteratur lese und nicht immer als Erste am Puls der Zeit bin…

Was meinst Du mit „zwei Doofe, ein Kühlschrank oder so ähnlich“ in Bezug auf das Heute Journal? Leider gibt es kaum Videos zur Switch Parodie, aber ich schicke Dir trotzdem mal einen, auch wenn es da noch deutlich bessere gibt: https://www.youtube.com/watch?v=t7zLiKY3ylE

Und übrigens: das Heute Journal sollte man vielleicht nicht mit HJ abkürzen... Sonst werden noch NSA und BND auf Dich aufmerksam…

Linus hatte anscheinend das Drei-Tage-Fieber, jedenfalls war das Fieber plötzlich weg und ein Hautaus­schlag da. Jetzt geht es ihm zum Glück wieder gut (macht aber gerade brav seinen Mittagsschlaf).

 

30.10.   11:03     Re: ein Traum

Dann kenne ich Dich ja vielleicht doch besser, als Du denkst. Schön, daß ich da träumerisch nicht ganz falsch lag. Ich würde Dir das im übrigen vollkommen zutrauen, Du bist ja vom Grundcharakter her (mei­stens) ein sehr netter und hilfsbereiter Mensch :-). Deine Wüstes-Zimmer-Interpretation gefällt mir aber nicht so gut (da fällt mir Meat Loaf ein, den ich heute morgen mal wieder auf dem Weg zur Schule hören mußte: "I remember how she left me on a stormy night, She kissed me and got out of our bed, And though I pleaded and I begged her not to walk out that door, She packed her bags and turned right away ..."), also mach bitte nicht zu viel Ordnung (das würde zu mir auch nicht passen).

Vielen Dank für das Foto. Das sieht sehr typisch aus. Ich müßte doch eigentlich auch Bilder gemacht haben und ich schmeiße bestimmt nichts weg, aber von den Wochen dort gibt es bei mir gar nichts. Ich schäme mich sehr, aber wo habe ich da eigentlich gewohnt? Mein Freund Richard hat ja damals in Hei­delberg gelebt, aber ich war woanders unter gekommen. Hilf mir da bitte mal wieder (ich freue mich über jede Erinnerungslücke, die ich schließen kann).

 

30.10.   10:08     Re: ein Traum

Tja, von Traumdeuterei habe ich leider auch keine Ahnung, meistens versuche ich es gar nicht erst…

Die Szene könnte aber tatsächlich so ablaufen, denn dieses vorausschauende selbstlose Handeln würde ich mir durchaus zutrauen… Vom Grundprinzip ist das schon vorgekommen (jemand rechnet nicht damit, dass ich für ihn selbstlos aufräume/etwas vorbereite, damit er zeitlich keine Probleme bekommt). Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass Du das von mir wissen könntest.

Vielleicht stellt das wüste Zimmer aber auch einfach den Ist-Zustand dar und Du hoffst, dass dieser Spuk bald vorbei ist, wenn wir uns ordentlich verabschiedet haben. Ich räume das Chaos dann schnell noch für Dich auf, mache die Tür zu und wir ziehen beide danach entspannt wieder hinaus in unsere eigenen Wel­ten… ;-) wie wäre es mit dieser Interpretation…?

Besten Dank für das Nylon-Stück, war das Richtige für einen trüben Herbst-Tag, da kann man sich dann ziemlich gut drinnen verlieren. Und die Zeile „denn immer wird es so sein wie heut, auf Liebesleid folgt Liebesfreud“ hat ja auch was universell Tröstliches. Ich hatte mir bei Spotify schon mehrere Sachen von Nylon mal nebenbei angehört, nachdem Du es das erste Mal erwähnt hattest. Auf Dauer finde ich die melancholische Art etwas anstrengend, da  ist mir Paula dann lieber, die ziehen einen nicht so runter… :-)

Aber das Stück werde ich mir heute bestimmt noch einmal anhören.

Anbei ein eingescanntes Foto aus Heidelberg zum Thema „nicht ganz aufgeräumt", leider etwas dunkel.

 

29.10.   21:46     ein Traum

Ich habe von Dir geträumt. Ich weiß nicht, ob es das erste Mal war, weil ich Träume ja – wie Du Dir den­ken kannst – fast immer direkt vergesse, meist schon vor dem Aufwachen oder unmittelbar danach. Die­sen habe ich aber zumindest fragmentarisch im Gedächtnis behalten. Also gewissermaßen etwas Beson­deres. Wir beide standen morgens in einem Hotelzimmer und haben uns verabschiedet; ich mußte weg (wahrscheinlich zu einer Tagung oder sowas) und es war klar, daß Du nicht mehr da sein würdest, wenn ich zurückkehre. In dem Zimmer sah es sehr wüst aus (nicht ganz ungewöhnlich für mich) und als ich später wiederkam, hatte ich ziemlich Panik, den Zug zu verpassen, da ich noch alles einpacken mußte. Aber als ich das Zimmer betrat, war es perfekt aufgeräumt und sauber und meine Taschen standen fertig gepackt an der Wand. Ich war erstaunt und gleichzeitig beeindruckt und Dir sehr dankbar für diese selbstlose Tat und konnte dann entspannt gehen. Ende. Wie soll man das deuten? Daß Du Ordnung in mein Leben bringst? Es ist doch eher das Gegenteil der Fall.

 

28.10.   21:34     Alltag

Liebe Lena,

das sind ja keine guten Nachrichten. Aber besser bei der Rückreise all mitten im Urlaub. Und ich kann Dich insofern trösten, als sich das Problem mit zunehmendem Alter doch etwas auswächst. Allerdings treten dafür dann andere alterstypische Unannehmlichkeiten und Verhaltensauffälligkeiten auf; man bleibt mit Kindern eigentlich immer körperlich, psychisch und geistig in Bewegung. Vielleicht hält das ja jung, vermutlich aber eher das Gegenteil.

Selbstverständlich habe ich Dich vermisst, aber natürlich nur ein kleines bißchen :-). Im übrigen hatte ich tatsächlich wenig Gelegenheit, darüber nachzudenken, ob ich Deine Mails vermisse (ob ich Dich ver­misse), da ich erstmal mehrere Tage dem üblichen Post-Urlaubs-Survival ausgesetzt war. Manchmal habe ich das Gefühl, daß sich das System bei uns auf eine fast schon boshafte Weise für das Ausklinken rächt. Da Vieles nicht delegiert werden kann, bleibt es halt liegen und überfällt einen nach der Rückkehr mit konzentrierter Wucht. Dafür ist letzte Woche immerhin mal ein Manuskript von uns in einem akzeptablen Journal ohne allzu große Kritiken und Revisionsanstrengungen zur Publikation angenommen worden; das sind so die kleinen Freuden des akademischen Alltags.

Gerade habe ich noch einem ganz interessanten Vortrag über das Rätzel der Zeit gelauscht und bin deshalb erst vor einer halben Stunde nach Hause gekommen, wo die unbeaufsichtigten Kinder schon das anarchische Chaos zelebrierten (Glotzen, laute Musik, exzessiver Schokoladenpuddingkonsum …). Jetzt ist Ruhe und ich werde mich zur Entspannung noch ein klein wenig der Lektüre widmen.

Statt Musik heute ein paar Lebensweisheiten und bittere Einsichten über unser Alltagsleben:

http://pulptastic.com/34-facts-about-life/ ,  http://www.graphitti-blog.de/

Schlaf trotzdem gut,

bin gespannt auf Deinen Bericht.

Liebe Grüße

Johann

 

26.10.   18:41     zurück mit 40°C

Hallo Johann,

na, wie war die letzte Woche? Hast Du die Uli-freie Zeit genossen oder mich doch wie vermutet ein klei­nes bisschen vermisst? Mir ist es ja dann doch nicht wirklich gelungen, eine komplett Stefan-freie-Zeit durchzuziehen…

Wir sind jedenfalls wieder wohlbehalten zurück in Münster angekommen. Allerdings fühle ich mich etwas grippig ohne Fieber und Mika fiebert dafür seit gestern morgen bei 40°C… da ist die Erholung auch bald schon wieder aufgebraucht, hurray…

Aber bei Dir klang es auch so, als wäre die Urlaubserholung auch bald wieder hinüber gewesen. Ist es die Jubiläumsvorbereitung?

Ich kümmere mich jetzt wieder um mein armes krankes Häschen und berichte ein anderes Mal über die schönen Dinge, die ich auf Mallorca gemacht habe. Einiges von Deiner Liste konnte ich „abarbeiten“ :-)

Liebe Grüße

Lena

 

 

16.10.   10:31     Tschüß und gute Reise

Liebe Lena,

entschuldige, meine Sätze waren tatsächlich etwas kryptisch und natürlich nur aus meinem inneren Erle­ben heraus zu verstehen. Ich werde darauf demnächst mal ausführlicher eingehen. Nein, ich gehöre lei­der nicht zu den Menschen, die alles leicht nehmen, ich würde mich in dieser Beziehung sogar als das Gegenteil eines Lebenskünstlers bezeichnen, der sich auch immer zu viel Gedanken macht. Aber ich habe jetzt schon fast ein schlechtes Gewissen, Dich mit langen Mails zu belästigen und von Dir lange zu bekommen (auf Deine gehe ich auch später mal ein), da Du sicher noch fast nichts gepackt hast und ver­mutlich gerade Wichtigeres zu tun hast, als meine Ergüsse zu lesen. Deshalb versuche ich, mich kurz zu fassen:

Ich wünsche Dir einen schönen und sonnigen Urlaub! Genieße die freien Tage. Ich glaube, ich werde Dich ein kleines bißchen vermissen. Hoffe, daß Du Dich beim Baden, Schwimmen und Sandburgen bauen, Strandspaziergängen, Paella-Essen, Linus trösten, Linus erziehen, Ausflüge machen, Stadtbummel in Palma, Eis essen, Eisenbahn fahren nach Soller, Lesen, Musikhören, Wandern bei Valldemossa, die Liebe zwischen George Sand und Chopin ergründen, Rumfahren, Rumhängen, Sonnenuntergänge bewundern, Tropfsteinhöhlen besichtigen, Ausschlafen, Nichts denken, etwas Besonderes denken, fröhlich sein, genervt sein (von Linus/ Service/ Wetter/ Mücken/ Allgemein), Wein trinken, Sterne anschauen, Postkar­ten schreiben und all den anderen Dingen, die man dort machen kann (Zutreffendes bitte später mittei­len), gut erholst. Ich habe letztes Jahr einen schönen Vespa-Trip übers Land gemacht (das erste Mal, daß ich so ein Ding gefahren bin, ist trotzdem gut gegangen), aber das kommt mit Kleinkind ja eher nicht in Frage. Gute Reise!

Viele Grüße

Dein Johann

 

 

15.10.   23:41     Re: Wenn ich Dir nicht sofort schreibe ...

Liebes Orakel,

Deine Weissagung hat mich etwas ratlos zurückgelassen… aber das ist ja normal bei Orakeln. Frage mich, ob ich gerne wissen würde, in welche Richtung Deine unbestimmten Ahnungen so gehen oder lieber nicht. Mir fällt dazu nur das Mantra aller Eltern ein: „Es ist alles nur eine Phase…!“ Von daher denke ich auch, dass alles ständig im Fluss ist, Probleme sich plötzlich einfach aufgelöst haben, neue aber schnell wieder auftauchen. Leider bin ich nicht dazu gemacht, einfach abzuwarten, was so passiert, sondern muss ständig über alle möglichen Wege und Lösungen nachdenken, was ganz schön anstrengend sein kann. Meistens löst sich dann aber doch tatsächlich alles plötzlich von selbst auf und ich frage mich, warum ich mir so viele Gedanken gemacht habe. Aber das Grübeln werde ich wohl nie sein lassen kön­nen. Wie ist das bei Dir? Ich würde Dich so einschätzen, dass Du gelassener an die Dinge rangehst und vielleicht einfach denkst, "erst mal abwarten, es wird schon irgendwie werden“. Aber das beruht natür­lich auch wieder nur auf meinen Eindrücken und festgefahrenen Meinungen von früher bzw auf man­chen geschriebenen Worten, die ich so interpretieren kann („Und wenn man lange genug wartet, dann nimmt einem der andere die Entscheidung ab“)…  Oder diese Wahrnehmung beruht einfach auf dem klassischen  "Frau redet ständig über Vieles" und "Mann redet wenig und macht einfach“.

Das Wort Beziehung an dieser Stelle irritiert mich weiterhin, das ist bei mir anscheinend anders besetzt als bei Dir.

Statisch kann unser Email-Kontakt wahrscheinlich gar nicht sein, da in mir ja weiterhin kleine Vulkane schlummern, die sich manchmal entladen. Eigentlich wäre es auch mal wieder an der Zeit, dass ich böse bin und dazwischen grätsche, oder…? ;-) Keine Angst, habe ich aber eigentlich gerade nicht vor. Es sei denn, Du nimmst mir die obige Anmerkung krumm. Ich hoffe aber, dass dem nicht so ist.

Was Du so über Hessen, Heimat und Familie schreibst, macht mich direkt etwas melancholisch und ich muss auch an meine Heimat in Hessen und meine Familie denken. In der Kindheit war zwar auch nicht alles rosig (vor allem nicht mehr in der Pubertät), aber es sind trotzdem einfach heimelige Gefühle, die direkt aufkommen, wenn man „zu Hause“ ankommt. Aber wenn ich wieder fahre, dann weiss ich auch immer wieder, warum ich es in S. nicht ein Leben lang aushalten würde und dass es genug Streit­themen mit meiner Mutter gibt…

Am Edersee war ich mal als Kind, mein Vater hatte da Verwandtschaft. Ich bin damals fast in den Edersee geplumpst, aber irgendjemand hat mich zum Glück beim Ausrutschen festgehalten, so dass nur die Hose versaut war… Der Verwandte meines Vaters (ich glaube, es war ein Cousin) lebt mittlerweile auch nicht mehr. [...]

Und überhaupt werde ich diese Mail jetzt beenden, bevor ich mich in Sinn oder Unsinn des Lebens ver­liere. Denn eigentlich habe ich gute Laune, denn ich habe ja jetzt URLAUB! :-)

Liebe Grüße

Lena

 

 

15.10.   10:34     Wenn ich Dir nicht sofort schreibe ...

Ja, verstehe, kenn ich (und hunderte Mails bleiben deswegen auch unbeantwortet ...). Und Dir scheint es ja manchmal wie mir zu gehen: wenn ich Dir nicht sofort schreibe, muß ich immerzu daran denken, was ich Dir schreibe. Oft möchte ich Dir auf eine Nachricht sofort antworten, aber schaffe es aus diversen Gründen nicht. Aber dann denke ich ständig darüber nach, was ich schreiben will und drehe die Sätze hin und her und komme nicht zur Ruhe. Da wäre es doch eigentlich besser, gleich zu schreiben (auch wenn Du anscheinend öfters denkst, ich sollte mich besser mit anderen Dingen beschäftigen). Von daher würde ich es gern weiter so halten, daß ich schreibe, wenn ich gerade Lust dazu habe, soweit es die Zeit ermöglicht, auch wenn Dir das im Zweifelsfall eine gewisse Disziplin im "Mail-Management" abverlangt ...

Und im übrigen wage ich hier mal die Prophezeigung: wir werden uns nicht ewig in dieser Form schrei­ben. Unsere Beziehung zueinander ist nichts Statisches, sondern verändert sich permanent, vor allem durch das Schreiben selbst. Diese Dynamik ist schwer zu steuern und ich habe lediglich unbestimmte Ahnungen, in welche Richtung sich alles irgendwann auflösen wird. Von daher dürfte es sich um eine endliche Phase unseres Lebens handeln.

14.10.   15:37     Re: Kommunikation

Ich frage mich im Moment ja auch, ob das wirklich so schlimm ist, wenn diese Kraken Kommentare von mir sehen können oder ein Foto von mir und anderen haben. Das ist ja nichts Weltbewegendes. Aber man muss ja auch seine Prinzipien haben...

Ich finde schon, dass Email und Brief nicht das Gleiche sind - eben weil Emails viel schneller sind. Man muss nicht warten, bis die Post kommt und kann sich mehrmals am Tag hin und her schreiben. Das ist schon eine moderne digitale Form der Kommunikation und nicht etwas, was jahrhundertelang schon so gemacht worden ist. Und ich finde, dass diese ganze schnelle Kommunikation heutzutage auch stressen kann, weil man keine automatischen Verschnaufpausen eingebaut hat.

> PS: ich bin in Bezug auf die Beatles durchaus kompromißbereit ... <

Wie schön. Gut zu wissen, dass es damals nicht daran gescheitert wäre… ;-)

Ich bin ab Samstag für eine Woche in Urlaub. Und ich habe ja tatsächlich vor, das Handy erst mal in die Ecke zu legen, sorry…

14.10.   15:14     Re: Bodenlage

Ich dachte, man nutzt Urlaube dazu, um sich mal ausgiebig mit der Familie zu beschäftigen und nicht, um olle Kamelle auszugraben … Naja, vielleicht fördert die Urlaubsstimmung ja auch einfach die erotische Phantasie, so dass solche Szenen plötzlich wieder im Gedächtnis auftauchen.

Ich erinnere mich immer an ein bestimmtes Bild, als Du mal unangekündigt bei mir vorbei gekommen bist und plötzlich an der Terrassentür zu meinem Zimmer lehntest und mein Herz hüpfte. Aber ich war auch öfters bei Dir in Köln, habe da sogar meine Lernsachen dabei gehabt und auf Deiner Couch gesessen und zum Beispiel Muskeln des Armes auswendig gelernt. Du bist dann immer ab und zu vorbeigeschneit und hast mich abgelenkt…

Ich saß bestimmt nicht mitten in meinem Zimmer auf einem Stuhl, sondern am Schreibtisch. (Warum sollte ich mitten im Zimmer auf einem Stuhl sitzen?) An eine Begrüßungszeremonie kann ich mich nicht mehr erinnern. Aber geknutscht haben wir ja anscheinend sehr oft und ausgiebig…

Karneval finde ich ja nach wie vor überbewertet … Und Du feierst immer noch jedes Jahr?

13.10.   20:05     Kommunikation

Also ich finde Emails für uns genial, mir fällt da nichts Besseres ein. Was ist das denn anderes als Briefe in elektronischer Form? Ob man seine Worte nun mittels Tastatur schreibt oder auf Briefpapier, macht doch keinen großen Unterschied, oder? Ist nur schneller. Ich bin damit sehr zufrieden. Emails werden so schnell auch nicht aussterben, nur durch anderes ergänzt, je nach Anlaß und Bedürfnis. Whatsapp und ein Smartphone brauche ich wahrscheinlich definitv, wenn ich mit den Kids nicht mehr anders kommuni­zieren kann. Glücklicherweise ist es noch nicht soweit. Aber wenn Du Whatsapp nutzt, brauchst Du vor Datenkraken bei Fb und Co. eigentlich auch keine Angst mehr zu haben. Mal ganz abgesehen davon, daß Whatsapp doch auch inzwischen Fb gehört. Und Amazon, Google, YouTube etc. dürftest Du auch nicht nutzen. Ich bin da deswegen eigentlich recht entspannt, entkommen kann man sowieso nicht. Und wenn man es braucht, ist man zu bequem, drauf zu verzichten, siehe Whatsapp bei Dir. Und es zwingt einen ja keiner, bei Fb Nackt- und Sauffotos zu posten oder intime Geständnisse und weltanschaulich Problemati­sches reinzustellen. Ich nutze Fb auch kaum zur Kommunikation mit anderen (wir sind ja keine Teens und Twens mehr), sondern eher als Nachrichtenkanal und damit Leute, die man selten sieht, etwas von einem mitbekommen, z.B. über die Entwicklung der Kinder, Urlaube, witzige Links etc. In diesem Sinn ist es ein ganz netter Service.

Meine Liebe, dann werde ich ja jetzt wohl eine Zeit auf Dich verzichten müssen. Wann fliegst Du denn und - noch wichtiger - wann kommst Du wieder zurück?

Dein Johann

PS: ich bin in Bezug auf die Beatles durchaus kompromißbereit ...

13.10.   12:14     Re: Bodenlage

An die Szene auf dem Flurboden erinnere ich mich immer noch nicht. Nur an die, die ich schon geschil­dert habe (das nicht gesagte "ich liebe Dich, Du Arsch"). Vielleicht resultierte ja meine Szene in Deiner? Da war bestimmt Alkohol mit im Spiel, denn sonst wäre mir sowas peinlich und ich würde mich daher eher nicht knutschend auf dem Flurboden wälzen. Eigentlich hätte ich mir diese Geschichte alleine schon wegen des Peinlichkeits-Faktors behalten müssen…. Seltsam.

12.10.   20:55     Kommunikationsprobleme

Nochmal zu den Kommunikationsproblemen. Ich denke eigentlich genau wie Du, daß die – zumindest größtenteils – dem Medium geschuldet sind. Wenn man nur schriftlich miteinander redet, wird eben auch die Schattenseite dieser Interaktion deutlich, und das sind die Mißverständnisse. Falsches Dekodie­ren oder so. Auch Emoticons (nennt man doch so?) helfen da nicht immer. Ich vermute auch, wenn wir uns gegenübersitzen, -stehen oder -liegen würden, gäbe es diese Irritationen erst gar nicht. Andererseits kann man sich schriftlich doch überlegter äußern und ungute Dinge direkt wieder löschen, bevor sie Schaden anrichten (ist uns ja nicht immer gelungen ...). Von daher 1:1 denke ich. Es bleibt aber doch skurril, daß wir nun im digitalen Zeitalter wieder die Kommunikationsform alter Zeiten aufnehmen und uns in Briefform unterhalten. So hat man das doch Jahrhunderte lang gemacht. Gefällt mir aber.

12.10.   17:02     Bodenlage

Noch eine Szene: wir wälzen uns knutschend auf dem Flur der oberen Etage unserer gemütlichen Sozial­wohnung herum und Du sagst mir was Nettes. Sinngemäß etwas in der Art, daß ich ein ganz besonderer oder außergewöhnlicher Mensch bin (was ja möglicherweise ein bißchen übertrieben ist, aber wer hört das nicht gern). Frag mich nicht, warum wir auf diesem vermutlich vollkommen verdreckten und ekligen Flurboden gelandet sind, wo doch ein Bett, ein Sofa oder zumindest Stuhl nicht weit entfernt gewesen sein konnte. Aber wir fühlten uns glaube ich ganz wohl und haben dort länger verweilt. Anscheinend haben wir es nicht mehr bis zum geplanten Ziel (mein schönes Zimmer?, erinnerst Du Dich noch?) geschafft ... Ob dabei auch Alkohol im Spiel war, weiß ich nicht mehr. Schließlich ist auch noch ein Mit­bewohner gekommen (sicher R.) und über uns drübergestiegen mit ein paar dummen Bemer­kungen (dafür haben wir uns aber später gerächt und eine Nacht in seinem Bett verbracht).

12.10.   15:45     Re: Pleiten, Pech und Pannen

Allerdings glaube ich mittlerweile auch, dass wir es wahrscheinlich nicht sehr lange miteinander ausge­halten hätten. Wenn ich mir alleine unsere Kommunikationsprobleme im Emailverkehr jetzt anschaue … . Wahrscheinlich war unsere Kommunikation damals auch schon nicht so gut. Ich bleibe dabei, dass die körperliche Anziehungskraft wohl damals an erster Stelle lag. Oder Liebe macht eben doch einfach blind. Denn wenn mir ab und zu mal wieder manche Szenen einfallen, dann frage ich mich schon auch, warum ich da nicht schreiend weggelaufen bin… :-)

Was die Möhrensuppe aber angeht, so muss ich noch etwas gerade rücken: Die war schon lecker und cremig (also keine Stückchen), aber nachdem Du großspurig angekündigt hattest, dass Du mich bekochen wolltest, hatte ich ein romantisches üppiges Abendessen vor Augen, als ich extra dafür nach K. ange­reist kam. Und dann stand da in der Küche dieser kleine einsame Topf mit dem orangefarbenen Inhalt, sonst nichts. Da war die Enttäuschung schon groß und das konnte ich auch nicht verbergen. Und Du hast dann versucht, die Suppe zu rechtfertigen, indem Du erzählt hast, wie viel Arbeit diese Suppe doch war, weil Du die Möhren alle durch ein Sieb gestrichen hast, damit die Suppe so cremig wurde als hätte es ein Pürierstab erledigt…

Letztendlich glaube ich, wäre bei mir sowieso immer ein Misstrauen Dir gegenüber geblieben, wenn wir richtig zusammen gekommen wären. Mit der Hintergrundgeschichte, wie wir uns kennengelernt haben und wie es dann dieses Jahr lief, hätte ich Dich immer im Generalverdacht gehabt, dass Du doch ein Casanova bist und bei der erstbesten attraktiven Frau, die Dich anflirtet, schwach wirst. Und Eifersucht ist kein guter Beziehungs-Begleiter…

10.10.   17:41     Pleiten, Pech und Pannen

Wenn ein Außenstehender unseren Briefwechsel lesen würde, würde er sich sicher fragen, was wir eigentlich aneinander gefunden haben. Insbesondere mein Agieren war ja wohl eine Serie von Pleiten. Ich habe Dich dann anscheinend sogar genötigt, eine miese Möhrensuppe (wohl mit "ganzen Stücken" ...) zu verpeisen, anstatt Dich ordentlch zum Essen einzuladen. Ich versuche gerade, mir Dein pikiertes Gesicht vorzustellen und wie Du Dir das Zeug dann irgendwie reingezogen hast. Hier bin ich meiner Ver­gesslichkeit natürlich dankbar ... Andererseits haben meine Möhrensuppen eigentlich immer gut geschmeckt und ich bin von meinen Kochkünsten im Allgemeinen recht überzeugt, auch wenn ich mich da eher selten engagiere. Keine Ahnung, warum diese Performance so mißglückt ist. Meine Ausrüstung war sicher nicht die Beste. Wahrscheinlich war ich zu verliebt und Deine Anwesenheit hat mich zu sehr beschäftigt oder gar verunsichert, um mich auf das Kochen konzentrieren zu können. Manchmal wundert es mich schon, daß Du nicht schreiend davongerannt bist.

Aber eigentlich liegt auch ein gewiser Trost in meinem Fehlverhalten. Du hättest es mit mir wahrschein­lich sowieso nicht lange ausgehalten. Ich denke tatsächlich, daß es nicht gerade einfach ist, länger mit mir zusammenzuleben. Ich habe leider eine Reihe von Macken (Du kennst einige von Ihnen), die der Gemeinsamkeit nicht unbedingt förderlich sind. Ich muß meiner Frau insofern dankbar sein, daß sie das aushält, einfach ist es sicher nicht immer. Aber ändern kann man sich ja auch nicht mehr so einfach.

09.10.   23:13     Re: Neue Kleider

Da blitzt in mir auch gerade keine Erinnerung auf. Obwohl ich mir die Situation nach Deiner Beschreibung sogar ganz gut vorstellen kann. Wo sollen wir unterwegs gewesen sein, in B.? K. war es bestimmt nicht, H. eher auch nicht. Dort sind wir kaum vor die Tür gekommen und Klamotten waren da eher irrelevant, soweit ich mich erinnere... Ich glaube, wir sind ein einziges Mal dort Essen gegangen. Apropos Essen: Du hattest mir mal groß angekündigt, dass Du mich bekochen wolltest. Und dann gab es selbstgemachte Möhrensuppe (in K.). Weißt Du das noch? Ich war da etwas pikiert, obwohl Du mir eindringlich erklärt hast, was für ein Aufwand das war (damals gab es wohl noch keinen Pürierstab, jedenfalls hattest Du ein Sieb benutzt). Ein Kleid von Dir habe ich jedenfalls  nicht im Schrank. Dafür hast Du mir mal eine Bernstein-Kette (sieht zumindest so aus) geschenkt (ich glaube aus dem Urlaub mitgebracht), die ich sogar später noch ein paar mal benutzt habe und immer noch besitze.

09.10.   17:32     Neue Kleider

Heute warte ich auch mal mit einer Erinnerung – besser kleinen Erinnerungsinsel oder Blitzlicht – auf. Weißt Du eigentlich noch, daß ich Dir damals unbedingt ein Kleid schenken wollte? Ich glaube, es gab keinen besonderen Anlaß, ich fand das einfach angemessen oder hoffte, Dir damit eine besondere Freude machen zu können. Oder ich hatte irgendwo ein bezauberndes Exemplar gesehen und konnte mir Dich darin gut vorstellen. Magst Du Kleider überhaupt? Ich erinnere mich nicht, daß Du sowas getragen hast. Wahrscheinlich hatte die Vorstellung deshalb etwas Erotisches oder eine wie auch immer geartete stimulierende Wirkung auf mich. Die Figur dazu hattest (oder hast) Du jedenfalls. Wir sind dann irgendwo irgendwann einmal durch Geschäfte gestöbert, um was Passendes zu finden. Und Du hast Dich natürlich rezidivierend gewundert und Dein Unverständnis geäußert und gefragt, was das alles soll und warum und überhaupt. Wie ist die Sache schließlich ausgegangen? Haben wir was Schönes gefunden oder nicht? Ich glaube nicht, sonst hätte ich dieses Bild von Dir im neuen (oder einzigen) Kleid sicher im Kopf behalten.

07.10.   20:54     Re: Vergessen

Als ich gestern die lange Mail von Dir sah, habe ich mit dem Schlimmsten gerechnet und bin erstmal duschen gegangen, um sie später in Ruhe zu lesen. War sogar richtig aufge­regt. Aber statt dessen haben mich Deine Worte sehr berührt und es tat mir dann leid, daß es vor zehn Tagen so blöd gelaufen ist. War wohl ziemlich überflüssig. Andererseits darf man sich ja auch mal etwas härter angehen. Wutschnaubend war ich absolut nicht, aber es hat doch gut getan, mal etwas abzu­schimpfen, wahrscheinlich war ich tatsächlich gereizt und es hatte sich was aufgestaut. Und einmal angefangen, fiel mir dann noch dies und jenes ein ... Kann passieren – insbesondere wenn man immer nur diese vielen Worte deuten muß. Und Du hast recht, es war nicht wirklich böse gemeint – wie könnte es. Diese Erinnerungen an Dich sind ja tatsächlich nur ein kleiner Teil des Problems. Ich ärgere mich zum Beispiel immer, meine Träume nie zu behalten. Und wenn ich vor dem Bücherregal stehe, weiß ich, daß ich vieles wieder lesen könnte, als wäre es das erste Mal. Und die Kinder, als sie klein waren, und die Urlaube, und und und … So vieles weg. Wirklich schade. Eigentlich sollte ich ausführlich Tagebuch führen, aber dazu fehlt mir die Disziplin. Und das müßte man später ja auch wieder alles lesen … Zumindest gibt es Fotos. Und mir ist aufgefallen, daß ich an Dich zum Beispiel sehr viel subkortical-limbisch-emotionale Erinnerung (wenn ich das mal so nennen darf) habe, die man schlecht in Worten oder Bildern ausdrücken kann, ohne die aber nichts so wär wie es ist. Das war einfach plötzlich wieder da. Und ist ja auch nicht zu verachten. Ich habe mir die Mail inzwischen ein paar Mal durchgelesen und wenn ich jetzt was getrunken hätte, würde ich bestimmt sehr sentimental antworten. Das werde ich aber nicht tun. Sondern mich beherrschen. Ich will nur soviel verraten, daß meine Laune gestern nicht sonderlich war und Du einen erheblichen Anteil daran hattest, daß sie spät abends doch noch besser wurde. Und ich mich heute mor­gen schon auf den Abend freuen konnte, weil ich wußte, daß ich Dir noch schreiben werde (wenn auch nur kurz). Hier als Betthupferl noch eins von Arturs aktuellen Lieblingsliedern. Mußte ich gestern dran denken, als ich Deine Nachricht las. Vielleicht, weil ich das in letzter Zeit so oft hören mußte, vielleicht hat´s auch andere Gründe ...

www.youtube.com/watch?v=GSfpDlN8Fyg

06.10.   20:06     Re: Vergessen

Letzte Woche hätte ich schon fast Lust gehabt, zum Hörer zu greifen, um diese Fehlinterpretationen zu vermeiden. Denn der Ton, von dem Du gesprochen hast, steht doch nicht wirklich im Text, sondern wird vom Leser in die Worte interpretiert. Man kann sehr viel aus einem einzigen Satz raus lesen, je nachdem, wie man ihn betont und mit welcher Erwartungshaltung man heran geht. Und bei diesem Punkt habe ich das Gefühl, dass es bei unserer Kommunikation gerne mal Probleme gibt...

Ich war Samstag Nacht vor einer Woche nicht beleidigt und eingeschnappt. Ich hatte sogar gute Laune, als ich die Mail um 0:40 Uhr abgeschickt habe und wollte Dich eigentlich nur etwas ärgern, weil Du ja selbst ständig geschrieben hast, dass Du Dir so vergesslich und wie ein Alzheimer-Patient vorkämst. Und für lange Sätze war keine Zeit. Etwas enttäuscht war ich schon, das gebe ich zu, denn man schließt ja doch gerne von sich auf andere. Und sicherlich trifft da auch irgendwie deine Ausführung zu, dass es damit dann auch ein Test war, welche Bedeutung ich für Dich hatte. Aber meine Nachfragen vorher waren tatsächlich auch ehrliches Interesse, welche Erinnerungen Du noch so hast, denn selbst ich kann mir vorstellen, dass Leute unterschiedliche Dinge wichtig finden und sich daher andere Dinge merken. Du hast Dir von unserem ersten Abend zum Beispiel mehr gemerkt als ich. Ich hätte nicht mehr gewusst, dass Mia uns auseinander gezerrt hat, das kam erst wieder vor mein geistiges Auge, als Du davon geschrieben hast. Und ich fand es spannend, dass Du Dir direkt vorstellen konntest, wie ich mich beim Schreiben aufrege. Ich weiss doch auch nicht mehr genau, wie ich so vor 15 Jahren drauf war bzw. auf Dich gewirkt haben könnte. Die Andeutungen, die ich aus Deinen Mails rauslesen konnte, fand ich daher sehr faszinierend. Erst als Du gar nicht auf die Nachfragen eingegangen bist, habe ich mich dann gefragt, ob Du überhaupt noch irgendetwas über meinen Background weisst und mich da ein bisschen festgebis­sen. Aber sowas ist wahrscheinlich eh schwer zu beantworten, jetzt tatsächlich auch egal und ich werde mir Mühe geben, da nicht mehr großartig nachzufragen. Wahrscheinlich hast Du Dich mit jeder weiteren Bemerkung über das Thema mehr bedrängt gefühlt.

Erst Sonntag Nachmittag war ich dann auch angenervt und sauer. Ich dachte mir, dass es doch nicht wahr sein darf, dass Du Dich über meine letzte Mail schon wieder aufregen musst. Ich will doch nicht von Dir hören, wie alt genau meine Schwestern sind und dass Du dann Dir genau herleiten sollst, wie alt meine Mutter bei meiner Geburt war. Das war doch keine kniffelige Mathe-Aufgabe. Ich war enttäuscht und auch verärgert, dass dieser nette Ping-Pong-Email-Dialog durch so etwas Blödes jäh zu Ende gegangen war. Daher musste ich dann erst mal tief Luft holen und Auszeit nehmen, den restlichen Sonntag stand ich ziemlich unter Strom. Als ich Deine Mail das erste Mal gelesen habe, hatte ich das Gefühl, dass ich Dich wütend schnauzend vor mir stehen sehe. Und ich hätte gerne zurück geschnauzt. Und das erinnerte mich dann sehr an Teenager, die umeinander rumscharwenzeln und jedes Wort in die Waagschale wer­fen, um herauszufinden, wie sehr der andere einen mag und alles direkt gegen sich beziehen und dann zickig reagieren (ich weiss nicht, ob Du diese Assoziation nachvollziehen kannst, auf mich traf es da zu...) Am Abend mit etwas Abstand habe ich mich dann gefragt, ob die Mail nicht doch eher ruhig zu lesen sei.

"wie konnte das passieren? ….“  Diesen Absatz hätte ich doch genauso gut schreiben können. Aber mich irritiert und ängstigt diese Ent­wicklung auch. Du hast mich damals zu extremen Gefühlen gebracht, im Positiven wie auch im Negativen. (Der Liedtext von „Shoot him down“ trifft es schon sehr gut, alle Achtung … :-) Ich mag das Lied, allerdings finde ich es im Original besser als im Stelar-Remix) Ich habe es ehrlich gesagt in den letzten 15 Jahren nicht geschafft, diese Geschichte ganz hinter mir zu lassen. Wahrscheinlich waren die Emotionen, die Enttäuschung und das Unverständnis bei mir damals zu groß. Um es mit Deinen Worten zu sagen: Alles, was mit Dir zu tun hat, berührt mich irgendwie. Das ist auch der Grund, warum ich mich vor 8 Jahren nicht gemeldet habe und auch nicht alles unternommen habe, um Dich 2010 zu kontaktieren. Ich wollte mögliche Gefühls­verwirrungen bei mir vermeiden. Und ich glaube ehrlich gesagt auch, dass mein Mann so etwas zumin­dest im tiefsten Inneren geahnt hat und das ein Grund war, warum er aus dieser Postkarte sofort den beschriebenen Schluss gezogen hat. Wahrscheinlich ist mir alles aus dem Gesicht gefallen, als mir damals klar wurde, von wem diese Karte stammt und er wollte jegliches Grübeln meinerseits direkt verhindern.

Es gab in den letzten 15 Jahren natürlich auch niemanden, der meine Thesen in Frage gestellt hätte. Somit halte ich wahrscheinlich manche Vermutungen mittlerweile wirklich für die Realität und nun hast Du vieles davon volle Breitseite abbekommen, wenn die Wut mal wieder aufgeflammt ist.

So etwas wie damals möchte ich auf keinen Fall noch ein zweites Mal mitmachen, auch nicht auf digitaler Ebene. Daher bin ich wahrscheinlich bei manchen Deiner Aussagen auch direkt so verstimmt und muss dagegen halten. Alle meine Fragen wie „was machen wir hier eigentlich?“ „brauchst Du eine Scheinwelt?“ stelle ich aber doch immer auch an mich. Eigentlich brauche und will ich keine Scheinwelt, digitale Bezie­hung oder wie man das nennen möchte. Aber warum ist es dann so, dass ich noch nie so oft wie in den letzten 6-7 Wochen meine Mails gecheckt habe und auch etwas aufgeregt bin, wenn ich etwas von Dir im Posteingang finde? Auf der einen Seite bedeutet mir diese Kommunikation gerade sehr viel, auf der anderen Seite macht sie mir ein schlechtes Gewissen meiner Familie gegenüber – eben wegen der Quali­tät dieses Austauschs. Als ich Dich kontaktiert habe, hatte ich vielleicht wirklich die Hoffnung, dass 15 Jahre jetzt ausreichen würden, um einfach hallo sagen zu können. Aber es scheint trotzdem etwas ande­res zu sein, ob es ein Klassenkamerad ist, den man lange nicht mehr gesprochen hat, oder ein Ex. Oft würde ich Dich tatsächlich lieber in den Arm nehmen und feste drücken, als lange Sätze zu schreiben oder mit Dir zu streiten.

> Aber was glaubst Du eigentlich, warum ich soviel Zeit damit verbringe, Dir zu schreiben? Weil Du mir gleichgültig bist? <Einen Kommentar dazu habe ich Dir ja schon geschrieben, dafür hätte ich Dich auch drücken können… Deine Mail fand ich gar nicht so schlimm im Tonfall, war eher erleichtert, wieder etwas von Dir zu lesen... :-) verrückt ist das alles.

So, jetzt ist es doch eine lange Email geworden und ich habe den Vormittag hauptsächlich damit ver­bracht, mir (hoffentlich) wohl geformte Sätze auszudenken, anstatt wichtige andere Dinge zu erledigen… Ich hoffe, ich konnte mich verständlich und im besten Fall nachvollziehbar mitteilen. Du musst aber dazu auch keinen Kommentar abgeben. Mir würden kurze, nette Mails wie diese Woche reichen... :-)

Und jetzt ist es doch Abend geworden, bis ich dazu komme, sie los zu schicken, weil ich noch die ganze Zeit nach schlecht formulierten Sätzen gesucht habe…naja, ich werde es von Dir erfahren. Eigentlich ist diese Mail wirklich nur erklärend gemeint und nicht vorwerfend oder böse oder eingeschnappt… nur schon mal vorweg gesagt...

06.10.   19:31     Paula

Anfangs dachte ich, Paula mag mich nicht. Habe keinen Ton aus ihr herausbekommen. Aber mir gefiel ihr Name und der Titel. Und dieses traurig-sehnsuchtsvolle Gesicht von Elke. Habe deshalb nichts unver­sucht gelassen. Aber viel passierte nicht; es war erstmal eine enttäuschende Begegnung. Schließlich gab ich ihr etwas Geld und dann war sie bereit zu singen und mir ihre Geschichte vom Stand der Dinge zu erzählen. Bezaubernd. Ein Lied zum Verlieben. Und so passend (könnte für uns geschrieben sein …). Und sehr typischer Berlin-Sound. Ein Album mit diesem Namen muß mir sowieso gefallen, denn schließlich betrachte ich Berlin nachwievor als meine eigentliche Wahlheimat. Da denke ich zum Beispiel auch an Nylon (ganz besonders, eine Kostprobe schicke ich später mal) und 2raumwohnung (und, natürlich, auch Barclay James Harvest). Also, ein Volltreffer, besten Dank! Und Du wirst kaum erraten, wie oft ich mir das schon angehört habe.

30.09.   20:54     Vergessen

Ich habe mich natürlich gefragt, woran das liegt und warum Du  beleidigt bist (vielleicht warst Du es aber auch gar nicht und es klang nur so). Möglicherweise reagiere ich ja etwas empfindlich auf so einen Ton, aber schließlich ist es nicht das erste Mal in den letzten Wochen, daß Du zumindest ungehalten und ver­stimmt bist, weil ich Deinen Erwartungen offensichtlich nicht gerecht werde. Das Thema scheint für Dich eine zentrale Bedeutung zu haben. Ich kann mir schon vorstellen, woran das liegt und Du hast es ja auch gesagt: Deine Erinnerungen sind eben besser und da bist Du dann enttäuscht. Dieses Wissen oder Nicht-Wissen dient Dir letztendlich und vor allem als Test dafür, welche Bedeutung Du für mich hattest. Die Logik dahinter: je mehr Details von Dir, Deiner Familie, Deinen Lebensgewohnheiten, Ansichten etc. mir noch in Erinnerung sind, desto wichtiger warst Du mir. Diesbezügliche Wissenslücken bestätigen dann Deine sowieso schon zur Gewißheit erhärtete Vermutung, daß Du mir nichts, zumindest aber nicht viel, bedeutet hast. Du kannst das ja so sehen, ich habe es eh recht schwer, Dir das Gegenteil zu beweisen. Ich möchte nur zu bedenken geben, daß diese Theorie lediglich unter der Annahme korrekt ist, daß ich mir von anderen Menschen, die mir wichtig sind, alles merke – und zwar auch noch Jahrzehnte nach dem Kontaktabbruch. Das aber wiederum weißt Du doch überhaupt nicht. Aus meiner bescheidenen Erfah­rung heraus geraten solche Dinge bei mir jedenfalls auch bei anderen Leuten in Vergessenheit. Was meinst Du, was ich allein von den letzten 15 Jahren so alles gelöscht habe. Schade natürlich, aber wohl kaum zu ändern. Meine Frau wäre wahrscheinlich froh, wenn ich von der Anfangszeit noch soviel wüßte wie von uns Beiden. Das ist doch nicht ungewöhnlich. Ich zumindest merke mir Vieles nicht ewig, welche Schlüsse Du auch immer daraus ziehen möchtest (mein persönlicher Stumpfsinn, allgemeines Desinter­esse an anderen Menschen, Zerstreutheit, typische männliche Ignoranz, …).

Es ist mir nicht bekannt, ob ich mich dadurch nennenswert von anderen (männlichen) Personen unter­scheide. Sicher gibt es Leute, die all sowas im Kopf behalten. Ich gehöre nicht dazu und werde das ver­mutlich auch in Zukunft nicht ohne beträchtlichen Aufwand ändern können. Vielleicht sind unsere Erin­nerungen aber auch einfach verschieden und ich merke mir andere Dinge als Du, weil mir Anderes wichtig ist. Darüber sollte man auch mal nachdenken. Ich würde dem nicht so eine große Bedeutung beimessen und da viel reininterpretieren. Ich jedenfalls erwarte von Dir nicht, daß Dir meine Lebensumstände noch genau bekannt sind (auch wenn ich befürchten muß, daß Du da keine Schwächen zeigst). Und werde auch nicht an Deiner Zuneigung zweifeln, wenn Du Dich nicht mehr an das Alter meiner Mutter bei mei­ner Entbindung, Zahl, Alter, Geschlecht, Ausbildung und Lebensort meiner Geschwister oder andere, für mich wichtige Fakten und Ereignisse erinnern solltest. Es wird sicher immer wieder etwas geben, das Du mir mal erzählt hast oder das ich aus anderen Gründen eigentlich wissen müßte, es aber nicht mehr tue. Ich kann Dich da nur um Verständnis und Nachsicht bitten, denn es wäre schade, wenn es deswegen immer wieder zu nachhaltigen Verstimmungen kommen würde. Das ist das Thema, das ich gerne been­den würde.

Du fragst, warum ich Dir zum 30. geschrieben habe, aber diese Frage kannst Du Dir doch eigentlich selbst beantworten. Schließlich hast Du dieses Jahr das gleiche getan. Warum denn? Ich denke jedenfalls, ein 30. Geburtstag ist ein naheliegender Anlaß, um sich bei einer Person, von der man lange nichts mehr gehört hat, wieder einmal zu melden. Da braucht man doch nicht irgendwelche anderen (abwegigen) Motive zu unterstellen. Du kannst Dir anscheinend nicht vorstellen, daß ich sowas ohne Hintergedanken tue. Aber immerhin ein schöner Anlaß, zusammen mit Deinem Mann wild zu mutmaßen; dann war mein Bemühen ja nicht ganz umsonst. Als ich vor knapp zwei Monaten Deine Mail erhielt, bin ich jedenfalls nicht davon ausgegangen, daß Du gerade auf der Suche nach einem neuen Mann bist. Komische Vor­stellung, erstmal an sowas zu denken. Anscheinend ein tiefes Mißtrauen. Entweder vermutest Du, daß ich gar nicht an Dich denke und wenn doch, dann höchstens aus taktischen Erwägungen, weil ich gerade eine Frau / Ablenkung suche. Nicht gerade schmeichelhaft, aber so ist es wohl.

Ich möchte Dich an dieser Stelle einmal diskret darauf hinweisen, daß Du es warst, die sich bei mir gemeldet hat und nicht umgekehrt. Und im Gegensatz zu Dir vor acht Jahren habe ich auch geantwortet. Wenn Du so an unseren Aktivitäten zweifelst, wie es aus manchen Deiner Mails herauszulesen ist („Wa­rum lasse ich diese Konversation überhaupt zu“, „was machen wir hier eigentlich?“, „Man sollte wirklich keinen Kontakt mehr zu demjenigen suchen“, etc.), wenn Du denkst, das tut Dir nicht gut und alles hätte keinen Sinn, steht es Dir doch jederzeit frei, auszusteigen. Es zwingt Dich doch niemand, mir zu antwor­ten. Ich möchte jedenfalls nicht das Gefühl haben, daß ich Dir irgendetwas aufnötige, was Du eigentlich gar nicht willst. In diesem Fall laß es bitte einfach. Mir ist auch nicht klar, wann und warum der Deckel wieder zuklappt und die Finger einklemmt. Das geht mir zumindest nicht so. Welche Enttäuschungen meinst Du?

> Es macht doch auch keinen Sinn, sich hinter einer Konstruktion zu verschanzen. Brauchst Du eine Scheinwelt, die dann auch noch solche Blüten wie letztes Wochenende treibt? <. Wenn Du meinst, ich suche eine Scheinwelt, scheint das Gleiche ja wohl für Dich auch zuzutreffen? Oder unterscheidet sich die Qualität dieses Austauschs zwischen uns Beiden? Brauchst Du denn eine Scheinwelt? Ich muß mir für jede Kontaktaufnahme unlautere oder eigennützige Motive unterstellen lassen (suche Abwechslung oder eine Scheinwelt). Dann erzähl mir mal etwas ausführlicher von Deinen Gründen. Würde mich interessie­ren.

Ich weiß ja auch nicht, wohin uns das führt. Ich habe keine diesbezüglichen Erfahrungen. Ich hatte noch nie so einen Email-Wechsel mit einer Ex-Freundin, zu der ewig kein Kontakt mehr bestand. Aber was glaubst Du eigentlich, warum ich soviel Zeit damit verbringe, Dir zu schreiben? Weil Du mir gleichgültig bist? Oder weil ich dringend eine neue (besser: bekannte) Frau brauche? Oder mich generell gerade langweile? Vielleicht gibt es ja auch irgendetwas Positives, was Dir einfällt :-)

So, ich habe mich hiermit genug ausgekotzt und mich ja schon am Anfang entschuldigt für den Ton, brauche ich hier nicht nochmal zu tun. Zur Versöhnung noch ein Gute-Nacht-Lied mit der göttlichen Alice Francis (eigentlich wollte ich das ja nicht mehr machen, aber wenn ich bei einem Lied an Dich denke oder wenn ich an Dich denke und mir fällt dabei ein Lied ein, fühle ich mich berechtigt, Dich das wissen zu lassen). Es gehört ebenfalls in die Rubrik Elektroswing und ich finde, der Song passt auch vom Inhalt her gerade sehr gut … Aber urteile selbst:  www.youtube.com/watch?v=M_yMXe9GwZo

29.09.   11:26     Auszeit

Irgendwann habe ich Dich mal für die Liebe meines Lebens gehalten, ich kann mich tatsächlich an sehr viel aus dieser Zeit erinnern. Und dann piekst es anscheinend doch manchmal sehr kräftig, wenn ich merke, dass auf der anderen Seite anscheinend nicht viel Erinnerungsmaterial übrig geblieben ist. Man sollte wirklich keinen Kontakt mehr zu demjenigen suchen, egal wie lange das her ist und wie glücklich man sich im Hier und Jetzt fühlt. Du erzählst mir die ganze Zeit etwas davon, dass Du mich anziehend findest, dass Dich alles von mir irgendwie berührt (war mir übrigens nicht klar, auch damals nicht, sonst hätte ich Dir nicht die ECHT CD geschenkt), dass es immer etwas anderes sein wird als gute Freundschaft, „ganz oder gar nicht“. Dabei reichte es doch damals noch nicht einmal dazu, Dich auf eine feste Bezie­hung mit mir einzulassen. Ich glaube auch nicht, dass Du vor zwei Monaten dachtest, dass Du nie wieder etwas von mir hörst. Ich glaube vielmehr, dass Du da gar nicht an eine Lena gedacht hast, warum auch. Was ist das hier also eigentlich? Es macht doch auch keinen Sinn, sich hinter einer Konstruktion zu ver­schanzen. Brauchst Du eine Scheinwelt, die dann auch noch solche Blüten wie letztes Wochenende treibt?

Der Vergleich mit der Schatzkiste, die lange ungeöffnet war, trifft es vielleicht ganz gut. Man steht stau­nend davor. Aber immer, wenn es in der Schatzkiste anfängt zu funkeln und man rein greifen will, um sich das funkelnde Ding näher anzuschauen, klappt der in die Jahre gekommene Deckel wieder zu und man klemmt sich die Finger.

25.09.   18:08     Re: Du trägst keine Liebe in Dir

Wie konnte das passieren? Und vor allem: warum so schnell? Warum habe ich mich nach so kurzer Zeit schon so an Deine Mails gewöhnt? Betrachte sie quasi als festen Bestandteil meines Tages? Bin entäuscht, wenn ich nicht zumindest einmal täglich ein Lebenszeichen von Dir erhalte. Aufgeregt, wenn eine neue Nachricht in der Mailbox erscheint? Schlafe schlecht und schaffe manches nicht, was ich schaffen sollte? Vor zwei Monaten dachte ich noch, nie wieder im Leben etwas von Dir zu hören und jetzt fehlt mir etwas, wenn ich nicht andauernd Sprüche, Erlebnisse, Kommentare und Vorwürfe (und natürlich auch Nettigkeiten) von Dir bekomme.

Dabei existierst Du doch nur auf meinen Bildschirmen und in meinem Kopf. Und was ist das überhaupt für eine Lena in meinem Kopf? Ich kann nur spekulieren. Es ist wohl eine Mischung aus der realen Lena vor 15 Jahren, der (vermutlich etwas falschen und verzerrten) Vorstellung einer Lena von vor 15 Jahren und einer aktuellen, tatsächlich existenten Lena – rekonstruiert aus vielen vielen geschriebenen Worten. Wie nahe kommt das Resultat der Wirklichkeit? Und ist das überhaupt relevant? Solange wir uns nicht tat­sächlich begegnen und ein Abgleich zwischen Vorstellung und Realität erzwungen wird, ist das wohl egal. Vielleicht ist die Konstruktion sogar besser …

Wir müssen diese Beziehung (wenn ich den Ausdruck hier mal gebrauchen darf, mir fällt einfach nichts besseres ein) aber von unserem wirklichen Leben fernhalten, ich stimme Dir da natürlich (und schweren Herzens) zu. Sie hat nichts in Deinem und meinem realen Leben zu suchen. Du mußt in Deiner und ich in meiner Welt bleiben. Alles andere wäre eine Katastrophe. Wenn ich doch mal schwach werde und Dir leichtsinnigerweise ein Treffen konkret vorschlage sollte (ich denke oft daran, aber davon später mal mehr), lehne das bitte vehement und konsequent ab.

24.09.   15:25     Re: Nachtrag

Das mit dem Denken hast Du aber schön gesagt. Dann weiß ich ja jetzt endlich, warum mir in letzter Zeit ständig die Ohren klingen ... (das ist eine Redewendung, die ich von zu Hause kenne: wenn jemand an einen denkt, klingen einem die Ohren. Und dann muss man alle in Frage kommenden durchgehen, und derjenige, bei dem es aufhört, ist es gewesen.) Ich denke im Moment leider auch zu viel an Dich und würde wahrscheinlich sogar feste zurückdrücken, wenn Du mich im falschen Moment erwischst … gut, dass Du so weit weg wohnst. So kann das tatsächlich nicht weitergehen. Denn wir sind doch weiterhin nur jeweils ein Phantom für den anderen, resultierend aus einer sehr körperlichen Beziehung vor 15 Jah­ren und haben in der realen Welt des anderen eigentlich nichts zu suchen.

Aber wie können wir auf ein "emotional erträgliches Maß" herunterfahren? Dazu habe ich gerade keine gute Idee. Jeder darf frühestens nach 3 Tagen antworten vielleicht? Oder den Kontakt ganz auf Eis legen. Manchmal ertappe ich mich dabei, dass ich die Idee eines Treffens immer noch favorisiere, in der Hoff­nung, dass wir dann wieder auf dem Boden der Tatsachen angekommen sind. Dann können wir ja wieder 15 Jahre Pause machen, bevor wir wieder Kontakt aufnehmen. Aber Du hast wahrscheinlich recht, man sollte irgendwelche "mental-emotionalen Dissoziationen“ (ich glaube, solche Begriffe gibt es in der Psy­chologie nicht) nicht unterschätzen.

22.09.   23:44     Re: Nachtrag

Es würde mich eigentlich tatsächlich sehr interessieren, ob ich mich damals oft aufgeregt habe oder an welche Details Du Dich erinnerst. Aber ich versuche wahrscheinlich ständig, nicht zu nett zu sein, damit ich mir nicht so komisch vorkomme bei dieser Korrespondenz. Ich fand es schon sehr knuffig, dass Du angekündigt hast, dass Du heute wahrscheinlich nicht schreibst. Und ich merke gerade, dass schon wie­der so ein Sog von dieser Korrespondenz ausgeht und die Schreibfrequenz so zugenommen hat, dass ich tatsächlich aufpassen muss, dass ich mein reales Leben hier normal geregelt bekomme und ich nicht ständig nur Emails an Dich schreibe. Immer, wenn es zu nett wird, muss ich wohl dazwischen grätschen. Sorry.

19.09.   12:26     Re: I get a kick out of you

entschuldige, wenn ich Dich mit meiner Wortwahl schockiert habe. Ich war mir tatsächlich schon beim Schreiben nicht ganz sicher, ob das zumutbar ist. Der Begriff „Beziehung“ ist wohl mißverständlich. Ich will Dich natürlich nicht zur Untreue animieren. Und keine Scheidungen, kaputten Familien etc. Ich wollte nur sagen, ich könnte mir einen vorerst rein virtuellen Kontakt (ist doch auch eine Beziehung) mit Dir via Mail durchaus vorstellen; finde ich eigentlich auch interessant, insbesondere da es anders ja sowieso nicht geht. Das „berühmt“ bezieht sich auf das Buch, daß dann später aus unserer Korrespondenz her­vorgeht, aber jetzt muß ich schon beim Schreiben lachen, weil das ist ja nicht so ernst gemeint und außerdem kann sowas ja auch mal anders ausgehen als bei Nordwind (sie finden nicht zusammen etc. …).

Aber trotzdem ist diese Korespondenz für mich etwas Besonderes und nicht einfach eine Brieffreund­schaft. Wo da die Grenze verläuft, weiß ich allerdings ehrlich gesagt auch nicht. Hormone, Emotionen: ja. Werden bei Dir wahrscheinlich immer mit reinspielen, kann ich nicht ändern. Daß heißt ja nicht gleich, daß ich auf der Suche nach einer Zweitfrau bin (was vermutlich auch auf einfachere Weise realisierbar wäre …). Du hast sicher recht, ich war da etwas euphorisch, aber das ging ganz ohne Alkohol :-). Ich mache ja kein Geheimnis daraus, daß ich Dich anziehend finde und es passiert schon mal, daß die Phan­tasie da mit mir durchgeht (und wem sollte ich das sonst erzählen außer Dir?). Falls so etwas nochmal vorkommt (ich versuche es zu vermeiden, aber sollte ich einmal nicht ganz nüchtern sein, kann ich das nicht mit letzter Sicherheit garantieren), ignorie es einfach und denk nicht weiter darüber nach. Ich schließe mich Deiner schönen Transformation oder Interpretation („… wohin diese "aufregende Korres­pondenz" führen soll und Du auch nicht weisst, ob das gut ist oder nicht, Du aber gerade nicht darauf verzichten möchtest, weil es sich ganz gut anfühlt …“) somit an. Das war genau das, was ich eigentlich sagen wollte :-).

18.09.   23:56     Re: I get a kick out of you

über Deine Email musste ich jetzt mal sehr schmunzeln. Ich glaube, wir haben uns wirklich nicht verän­dert. Deine Mail klang sehr überschwänglich – hattest Du schon ein Feierabend-Bier intus, als Du die Mail geschrieben hast oder schlägst Du mir allen Ernstes vor, dass ich jetzt Deine virtuelle Geliebte werden soll? Unfassbar, das ist doch absurd. Ich fand es damals in der realen Welt schon nicht toll, Deine „Zweite“ zu sein. Warum sollte ich das also in der digitalen Welt besser finden? Mal davon abgesehen, dass ich jetzt auch eine Familie habe. Ich glaube schon, dass Du da was zu rosig siehst und einfacher stelle ich mir das eh nicht vor: Heimlichtuerei, Verärgerung, wenn der andere erst spät antwortet, falsch-verstehen der geschriebenen Sätze, schlechtes Gewissen dem Partner gegenüber... - mir fällt da eine Menge ein, warum so eine virtuelle Beziehung auch stressig wäre. Ich finde es jetzt schon stressig genug. Hattest Du nicht mal geschrieben, dass Du damals vor allem das Chaos irgendwie verwalten musstest? Du scheinst aus Fehlern nicht zu lernen, oder liegt die Tendenz zur Zweigleisigkeit doch in den Genen...? (Ich weiss, ich kann fies sein) Ich frage mich, wie Du Dir das überhaupt vorstellst, so eine virtuelle „Bezie­hung". Und was macht Dein Gewissen Deiner Frau gegenüber? Warst Du in den letzten 15 Jahren schon mal untreu, wenn ich fragen darf? Oder sind Deine Hormone einfach gerade nur durcheinander geraten?

Mir scheint, als sähest Du in mir jetzt eine willkommene Abwechslung zum Alltag. Wie steht es um Deine Beziehung? Ich bin nämlich eigentlich der Meinung, dass man an seiner (realen) Beziehung immer wieder arbeiten muss, um immer wieder spannend füreinander zu sein und aus dem Alltag auszubrechen. Und das hat bei mir in den letzten 15 Jahren eigentlich auch ganz gut geklappt (Höhen und Tiefen gibt es immer). Ich habe ja bereits zugegeben, dass unser Email-Kontakt auch etwas Reizvolles für mich hat, auch wenn ich nicht so genau weiss, warum ich das Ganze überhaupt angefangen habe. Aber man kann doch nicht einfach zwischen einer realen und digitalen Welt unterscheiden, letztendlich würde so etwas trotzdem im Chaos enden.

Wenn Du geschrieben hättest, dass Du keine Ahnung hast, wohin diese "aufregende Korrespondenz" führen soll und Du auch nicht weisst, ob das gut ist oder nicht, Du aber gerade nicht darauf verzichten möchtest, weil es sich ganz gut anfühlt – dann hätte ich das nachvollziehen können.  Aber so habe ich das Gefühl, als versuchtest Du, mich auf irgendetwas festzulegen, zu dem ich nicht bereit bin. Und dabei hatte ich gerade etwas Gefallen daran gefunden, etwas mehr von Dir zu erfahren…

14.09.   19:24     Re: I get a kick out of you

schön, wieder eine Nachricht von Dir zu erhalten. Ich hatte mich innerlich schon auf die nächste Auszeit von ungefähr 15 Jahren eingestellt … . Ja, ich gebe zu, ich habe Deine Mails tatsächlich ein kleines biß­chen vermisst, so ungern ich es mir auch eingestehe (das hätte mir mal einer vor sechs Wochen progno­stizieren sollen). Von daher können wir die Auszeit auch gerne wieder beenden, zumindest vorläufig und soweit Du Dich für´s Erste erholt hast. Brieffreundschaft ist hierfür natürlich nicht der richtige Ausdruck. Freundschaft mit Dir („Wir sind jetzt gute Freunde“) kann ich mir eigentlich nicht so richtig vorstellen, das wäre doch inakzeptabel, unpassend, ja geradezu beleidigend. Es war etwas anderes und es wird immer etwas anderes sein. Richtig oder gar nicht, denke ich. Aber Korrespondenz, eine spannende Kor­respondenz, das passt vielleicht besser. Ich würde sogar so weit gehen, es als eine aufregende Korres­pondenz zu bezeichnen. Wo das hinführen soll? Keine Ahnung (siehe Anhang). Denke ich erstmal nicht drüber nach (stimmt nicht ganz, ein bißchen doch). Ich glaube, an der Theorie des plötzlichen Schluß­strichs und der konservierten Erinnerung ist was dran. Aber nach unserer physischen Beziehung in der realen Wirklichkeit nun (nach langer, langer Bedenkzeit!) eine Art zweite virtuelle Beziehung in der digi­talen Welt, das wäre ein reizvolles Experiment, eine spannende Alternative, ein Abenteuer, auf das ich durchaus bereit wäre, mich einzulassen. Und es hätte natürlich auch einige handfeste Vorteile – kein Alltagsstress, keine Terminschwierigkeiten, kein Zuviel-Sehen, keine Routine, kein Streit über die tägli­chen banalen Verrichtungen und Pflichten und Absprachen, keine sonstigen Abnutzungserscheinungen .... Eigentlich also die perfekte Art der zweiten Begegnung. Oder sehe ich das zu rosig?

Gut gegen Nordwind“ ist korrekt. Im Google-Zeitalter bleibt natürlich nichts mehr ein Geheimnis. Ich hatte neulich beim Schreiben so ein Déjà-vu-Erlebnis, bis mir dann dieses Buch eingefallen ist, daß ich vor Jahren mal gelesen habe. Sehr nette Geschichte (ich glaube sogar mit einer Art Happy End – soweit es das bei einer solchen Konstellation überhaupt geben kann, allerdings erst im zweiten Buch. Es nahm dann wohl ein gutes Ende für die Protagonisten, aber weniger für deren jeweilige Lebensabschnittsbe­gleiter :-( ). Habe jetzt nochmal reingeschaut und ein paar Passagen gelesen. Das Setting ist natürlich etwas anders, aber an ein Phantom hatte ich bei Dir auch schon ein paarmal gedacht. Ich schreibe einem Phantom, das ich gar nicht kenne, einem Trugbild, einer Erinnerung, die nichts mit der Realität zu tun hat, einem unbekannten Wesen. Das stimmt aber nicht wirklich, oder? Klar, Du hast Dich vielleicht etwas verändert und ich mich auch, aber das Grundmuster ist noch das Gleiche, dafür erkenne ich Dich in Dei­nem Schreiben zu gut wieder. Und vielleicht kann ich Dich auf diese Weise ja auch neu kennenlernen, wer weiß. Diesmal beginnen wir dann nicht mit taktiler Erkundung, sondern umgekehrt mit Worten …

Im Gegensatz zu den Protagonisten des Buches habe ich eine zwar inzwischen zugegeben etwas ver­schwommene, aber doch noch präsente und schöne Vorstellung von Dir und muß nicht immer Sorge haben, daß die erste wirkliche Begegnung ein Schock und ernüchternd werden könnte (bei uns wäre das dann aber vielleicht so bei einem Wiedersehen, sollte es jemals stattfinden); muß nicht dem ersten Kuß und dem ersten Sex entgegenfiebern oder -bangen. Ich finde diese Ausgangslage eigentlich entspannter. Obwohl es ein paar Parallelen zum Buch gibt, ist das eigentlich Spannende doch, daß es auch sehr anders ist und wahrscheinlich auch einen anderen Verlauf nehmen wird. Also, wenn wir so weitermachen und uns ein bißchen Mühe geben, können wir noch berühmt werden ...

12.09.   14:44     Re: I get a kick out of you

so eine Auszeit ist gar nicht so einfach einzuhalten :-( Entweder sehe ich gerade immer parkende rote Enten am Straßenrand oder aus dem Radio schallt mir „This Kiss“ entgegen oder neben mir dröhnt aus einem an der Ampel wartenden Cabrio „Mit Dir“. Ächz. Und heute Morgen waren wir auch noch in einer Ausstellung zum ersten Rollings-Stones-Konzert in Deutschland.

Diese „Brieffreundschaft“ (lustige Formulierung) finde ich auch merkwürdig und speziell, da gebe ich Dir recht. Auch ich kann im Moment irgendwie nicht so ganz ohne, habe anscheinend also auch Gefallen daran gefunden. Aber ich frage mich die ganze Zeit, wohin das eigentlich führen soll und warum es etwas Reizvolles hat, auch die erotische Komponente kann ich nicht ganz verneinen. Aber eigentlich sollten wir mit 38 und 47 doch etwas überlegter und reifer sein, oder?  Ich kann es mir weiterhin nur damit erklären, dass es damals so einen abrupten Schlussstrich gab, ohne Zeit dazu zu haben, sich zu entfremden. Jetzt scheint das alles noch einmal hoch zu kommen, ohne dass wir wissen, wie der andere eigentlich wirklich heute so ist. Vielleicht schreibst Du ja nur an ein Phantom, dass es heute so gar nicht mehr gibt.  (Auch wenn ich das Gefühl habe, dass wir uns gar nicht so viel verändert haben, wenn ich mir unsere Email-Inhalte so anschaue… )

09.09.   20:14     Re: I get a kick out of you

ich weiß, Du hast Auszeit. Deswegen antworte bitte nicht. Ich fühle mich leider gerade nicht nach Aus­zeit. Vielleicht wegen der langen davor … Oder Schreibzwang. Aber das geht vorbei. Es ist gar nicht so leicht, sich zu synchronisieren. Ich meine mit Ein- und Auszeiten. Einen gemeinsamen Rhythmus zu fin­den sozusagen.

Anscheinend habe ich tatsächlich Gefallen an dieser merkwürdigen und speziellen Brieffreundschaft gefunden. Wobei ich durchaus eine erotische Komponente spüre, die diese von anderen Korresponden­zen unterscheidet. „Schreiben ist wie küssen, nur ohne Lippen. Schreiben ist küssen mit dem Kopf“. Zumindest bei dem richtigen Adressaten … Und um Deine Frage gleich zu beantworten (sorry, das muß jetzt sein): nein, ich habe kein Sprüche- oder Aphorismenbuch im Regal stehen (abgesehen davon, dass ich zu dieser Zeit unglaublicherweise noch im Institut sitze). Trotz meines miserablen Gedächtnisses fal­len mir aber manchmal irgenwelche früher gehörten oder gelesenen Sätze oder Fragmente derselben ein und wenn ich Glück habe, finde ich die dann zum Beispiel im Netz oder im Bücherregal wieder. Und wenn sie passend sind, habe ich keine Hemmungen, Dich daran teilhaben zu lassen.

06.09.   00:14     Re: Kiss me

Du machst mich noch wahnsinnig. Die Geister, die ich rief... Ich weiß schon, warum ich Dich 15 Jahre unter Verschluss gehalten habe – ich hatte schon befürchtet, dass das nicht so einfach wieder abzuschüt­teln ist. Mittlerweile warte ich auch schon auf eine Antwort und freue mich, wenn da was kommt. So auch heute, obwohl ich gar nicht damit gerechnet hatte. Musste mich zwingen, erst mal weiter zu arbei­ten und sie nicht zu lesen, nachdem ich deine Mail im Posteingang gefunden hatte.

Warum ist das so ein Sog?  Es könnte daran liegen, dass der Zustand von damals sich einfach konserviert hat, da wir es eigentlich beide nicht so recht abschließen wollten, es dann aber doch ad Acta legen mussten. Was anderes fällt mir dazu jetzt nicht ein. Vielleicht müssten wir uns doch einfach mal sehen, damit der Spuk vorbei ist.

Wenn Deine Frau so viel jünger gewesen wäre, dann hätte ich Dich nicht für einen Trottel gehalten, son­dern wäre einfach zutiefst gekränkt gewesen, weil mir dann ja definitiv klar gewesen wäre, dass Du mich eben einfach nicht ausreichend gerne gehabt hättest, um Dir mit mir eine Zukunft vorzustellen, mit einer anderen Jüngeren dann eben doch. Obwohl ich mir ja schon die ganze Zeit versuche klar zu machen, dass deine Gefühle eben einfach nicht so stark waren und die Zweifel größer. Konstellationsgedöns und so.

05.09.   12:52     Re: Kiss me

mit der Auszeit hat es nicht ganz geklappt, was soll´s. Besser, ich schreibe jetzt als wenn ich andauernd darüber nachdenke, was ich Dir schreiben werde. Aber es stimmt tatsächlich, ich beschäftige mich zu viel mit Dir. Eigentlich permanent seit etwa vier Wochen. Es kommt mir manchmal vor wie ein Sog, der mich immer stärker mitreißt. Widerstand zweck­los. Oder ich fühle mich wie ein Neurotiker mit Zwangsgedanken. Aber vielleicht ist da ja auch Einiges nachzuholen … Du warst so lange schön eingesperrt und gut versteckt im Schrank meiner Erinnerung. Wie eine verschlossene Schatzkiste, die nun plötzlich wieder geöffnet ist und man steht staunend davor. Ich sollte aufpassen. Und beantworte bzw. kommentiere mal lieber Deine Fragen und kleinen Stiche­leien.

Ich habe über Deine letzten beiden Briefe wirklich sehr geschmunzelt, aber nicht wegen der Hoffnung auf Rehabilitation, die ich aus Deinen Worten heraushören zu glauben meinte (in der Mail davor klangst Du tatsächlich etwas versöhnlicher). Ich war doch nicht so verrückt nach Dir nur wegen erotisch-sexueller Dinge. Bitte denk das nicht. Du hast etwas sehr Anziehendes, das mich immer schwach gemacht hat und das ich nur schwer in Worte fassen kann. Es ist eben Deine besondere Art, Dein spezieller Humor, dieses Unsichere und Melancholische (das, da bin ich mir ziemlich sicher, nicht nur mit unserer problematischen Beziehung zu tun hatte, sondern einfach ein Wesensmerkmal von Dir ist). Jedenfalls habe ich Dich in diesen Worten so schön wiedererkannt. Ich konnte mir beim Lesen gut vorstellen, wie Du das schreibst und Dich dann immer wieder ungeplant über etwas ärgerst (Jule, Heinz-Otto, …).

Aber jetzt erst mal zu dem „konsumieren“. Unglaublich. Leider werden wir uns da wohl nie einigen kön­nen und immer verschiedene Sichtweisen haben. Du meinst, ich habe Dich mehr oder weniger benutzt, leichte Beute gesucht, maximalen Spaß auf Kosten anderer gehabt etc. Diese verklärte Sicht deckt sich natürlich absolut nicht mit meiner Wahrnehmung. An eine so rosige Zeit erinnere ich mich jedenfalls nicht. Die Beziehung mit Constanze war alles andere als harmonisch, insbesondere in dieser Zeit sehr anstren­gend und frustrierend, und natürlich nicht frei von dem schlechten Gewissen, sie mit Dir zu betrügen. Und unsere Probleme sind Dir ja bestens bekannt; eine nur unbeschwerte Zeit hatten wir nicht und das betraf nicht etwa nur Dich, während mir alles egal war, weil ich nur ein bißchen Abwechslung gesucht habe. Ich konnte nicht komfortabel zwischen zwei Frauen wählen, sondern mußte versuchen, das Chaos zu kontrollieren, um zu verhindern, dass mir alles entgleitet. Die Unentschiedenheit, das Provisorische und Unklare hat mich natürlich auch belastet. Nur gut habe ich mich da wirklich nicht gefühlt. Ich muß deshalb auf´s Schärfste protestieren! Ich war auch nicht aktiv auf der Suche nach einer neuen oder zwei­ten Freundin oder sexueller Abwechslung oder was auch immer. Das verlief doch alles völlig ungeplant. Das wir uns dort getroffen haben auf der Party, uns anscheinend ziemlich anziehend fanden und uns Hals über Kopf in diese Beziehung gestürzt haben, war doch vorher nicht abzusehen gewesen. Natürlich hat die Krise mit Constanze das erleichtert.

04.09.   18:24     Re: Kiss me

Du machst mich wirklich fertig. Wenn ich Dich nicht schon mögen würde (trotz Deiner manchmal nicht sehr schmeichelhaften Worte), täte ich es spätestens nach so einer Mail. Bezaubernd. Auch wenn Du meine Hoffnung auf wenigstens partielle Rehabilitation ziemlich zunichte gemacht hast. Aber darauf war ich vorbereitet. Trotzdem werde ich jetzt nicht gleich antworten. Denn ich denke sowieso gerade zu viel an Dich. Warum mußte ich die Mail auch vor dem Abend öffnen? Wahrscheinlich, weil ich inzwischen schon ungeduldig werde, wenn ich zwei Tage nichts von Dir höre. Aber das geht so nicht. Ich kann mich nicht dauernd mit unserer Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft beschäftigen. Ich muß doch auch arbeiten und ein paar andere Dinge auf die Reihe kriegen :-(. Ich werde alle Deine Fragen beantworten (und Deine kleinen Unverschämtheiten wie "konsumieren" begründet zurückweisen!), aber mich zu ein paar Tagen Auszeit zwingen. Rechne also nicht mit einer Nachricht vor Mitte nächster Woche. Frühe­stens!

04.09.   14:55     Re: Kiss me

Warum musstest Du schmunzeln? Weil ich schon wieder was von Unentschlossenheit erzählt habe oder wegen meiner Ausführung zu Schuld und Fehlverhalten? Ich kann mir gut vorstellen, dass Dir das gefallen hat, was ich da geschrieben habe. Klingt ja fast nach Rehabilitation... Ganz so einfach ist es natürlich dann doch nicht für mich, denn ich werde wahrscheinlich trotzdem nie begreifen können, was es da überhaupt zu zaudern gab. Und nett ist es ja eigentlich auch nicht, ein junges Ding so hinzuhalten und zu konsumieren, wo man doch selbst schon Anfang dreißig und erfahren ist und für sich anscheinend schon merkt, dass das keine Zukunft hat... Denn ich kann mir nicht vorstellen, dass es Dir entgangen ist, wie es um mich bestellt war.

Mich wundert es ehrlich gesagt gar nicht so sehr, dass Du unsere gemeinsame Zeit in guter Erinnerung hast und das bei mir nicht so ist. Die Gründe, warum ich auch so viele negative Gefühle damit verbinde, habe ich Dir ja schon zu genüge aufgeführt in den letzten Mails (sich wie 2.Wahl oder Zeitvertreib fühlen) Ich habe die Zeit, wenn wir zusammen waren natürlich auch sehr genossen - wie bereits gesagt, so extrem  habe ich das nie wieder erlebt. Daher vermischen sich immer Schmetterlinge im Bauch mit Wut, wenn ich an unsere Zeit denke. Du dagegen konntest zu der Zeit sogar komfortabel zwischen zwei Frauen wählen (und die dritte hat ja auch nicht lange auf sich warten lassen...) Und ich hatte immer das Gefühl, dass Du eben hauptsächlich unsere körperliche Nähe genießt, Du hast mir zwar auch einiges über Dich erzählt - aber hast Du viel über mich als Person wissen wollen? Ich weiss es nicht mehr genau.

02.09.   18:38     Re: Kiss me

Ich will Dir sagen, warum ich vor einem Treffen etwas zurückschrecke bzw. Respekt habe. Wir kannten uns noch nicht ein paar Stunden, da sind wir schon übereinander hergefallen und in dem ganzen Jahr waren wir uns körperlich immer sehr nah und das war sehr schön und sollte so sein. Anders sind wir uns nie begegnet. Und dann stelle ich mir vor, wir treffen uns nun und sitzen uns einen Abend lang gegen­über und ich darf Dich nicht mehr anfassen, geschweige denn küssen. Eine vollkommen ungewohnte Situation. Könnte komisch sein. Wie soll man sich darauf vorbereiten? Wäre ja denkbar, daß es keinen Grund gibt, Dich nicht genauso küssen zu wollen wie früher. Was ist, wenn sich 15 Jahre Trennung plötz­lich nur noch anfühlen wie ein Monat? Und wenn ich dann überwältigt bin und zum Beispiel eine mental-emotionale Dissoziation bekomme (ich glaube, solche Bezeichnungen gibt es in der Psychologie) mit unabsehbaren Folgen. Ist nur ein Gedankenspiel. Aber ist ja nicht alles planbar. Schließlich ist ja 15 Jahre lang nichts passiert (weder im positiven noch negativen Sinn), daß hat den damaligen Zustand möglich­erweise einfach konserviert und ich bin emotional in dieser Phase stecken geblieben ohne es zu merken (ich phantasiere nur etwas vor mich hin, keine Panik). Jedenfalls sollten wir uns das gut überlegen und das Setting muß stimmen. Am besten wahrscheinlich weder in B. noch in M. oder B.. Und kein Alkohol! Und keine sentimentalen Erinnerungen. Mir wird nämlich schon komisch, wenn ich daran denke. Ich glaube, ich würde das schon meiner Frau sagen, aber darüber müßte ich dann nochmal nachdenken …

01.09.   23:52     Re: Kiss me

Ich war damals einfach dermaßen in Dich verschossen, dass ich dieses Gefühl so extrem nie wieder erlebt habe. Und das finde ich schade, da kommt wohl meine romantische Ader durch. Aber ich habe es mir komfortabel auf Wolke 6 eingerichtet, anstatt wieder von Wolke 7 tief abzustürzen. Von einem Fehlver­halten deinerseits kann man daher wohl auch nicht sprechen, sondern es spiegelt wahrscheinlich einfach nur wieder, dass Deine Gefühle nicht ganz so stark waren, um sich komplett darauf einzulassen. Die Schuld bei einem von uns zu suchen, macht also auch eigentlich keinen Sinn. Vielleicht ist das die äußere Konstellation, von der Du geschrieben hast: Der eine bedingungslos verliebt, der andere zu sehr am zweifeln. That´s life, Punkt.

Lustigerweise dachte ich bis zu Deiner letzten Mail, dass ein Treffen total unrealistisch ist und wahr­scheinlich wirklich gar keine gute Idee. Aber eigentlich hätte ich jetzt gerade extrem Lust, Dich zu sehen und mit Dir zu reden. Vielleicht wäre das auch besser, als eine Email zigfach lesen zu können und unzäh­lige Interpretationsmöglichkeiten zu haben. Ich kann mir allerdings mehrere Szenarien vorstellen, wie so ein Treffen enden könnte und das macht mir Angst. Wie und wann so ein Treffen überhaupt stattfinden könnte, weiss ich aber auch nicht. Da müsste ich schon wieder eine Fortbildung in B. haben oder so. Würdest Du Deiner Frau/Freundin erzählen, mit wem Du Dich triffst?

31.08.   09:35     Re: Kiss me

Das mit dem Zeitvertreib ärgert mich natürlich, weil es definitv nicht stimmt. Ich war genauso im Rausch wie Du. Genauso verrückt nach Dir. Haben wir uns nicht so gut wie jeden Nachmittag nach der Arbeit gesehen und soviel Zeit wie möglich miteinander verbracht? Ich weiß noch, daß Du mich mal in H. besucht hast. Sogar Constanzes Geburtstag verbrachte ich mit Dir (ich glaube wir waren bei einer Lesung). Und meine Sorgen wegen dem Altersunterschied habe ich öfters angesprochen, das waren keine Phrasen. Mit Anfang Zwanzig ist es sicher einfacher, so etwas zu wagen. Was hat man auch schon zu verlieren? Es ist ja spannend und aufregend und wenn es nicht klappt, probiert man halt was Neues. Mit Anfang Dreißig sieht die Welt aber anders aus und da Du dieses Alter jetzt selbst durchlaufen hast, kannst Du es ja vielleicht auch etwas nachvollziehen.

20.08.   13:03     Re: Liebe - Beziehung - Zeitvertreib

Ich weiss zwar gerade nicht so genau, was ich hier tue und warum ich diese Konversation stattfinden lasse. Aber irgendwie bist Du in all den Jahren immer ein Spukgespenst gewesen, das mich immer mal wieder heimsuchte, ich bin Dich irgendwie nicht ganz los geworden. Vielleicht wollte ich Dich einfach nach all den Jahren doch noch wissen lassen, wie schlecht es mir damals nach der Trennung ging und was ich von Deinem damaligen Verhalten halte. Und vielleicht wollte ich auch einfach gerne ein Statement von Deiner Seite dazu mal hören. Vielen Dank auf jeden Fall, dass Du Dir die Zeit vor Istanbul (schöne Stadt!) noch genommen hast und für Deinen Erklärungsversuch – es ist schön, mal über Deine Beweg­gründe etwas zu erfahren. Denn ich kann mich nicht erinnern, dass wir damals in der Lage waren, ein klärendes Gespräch dazu zu führen bzw. habe ich es so in Erinnerung, dass ich es versucht habe, aber nie eine befriedigende Antwort für mich bekommen habe. Für mich war es nur ein ständiges Hü und Hott. Ich erinnere mich, dass wir bei Dir in der WG auf dem Flurboden nebeneinander saßen, ich wieder mal verzweifelt war und Du mir irgendwelche nicht befriedigenden Phrasen erzähltest, warum wir keine Zukunft haben und ich Dir am liebsten nur ein "Ich liebe Dich, Du Arsch!" entgegen geschleudert hätte. Aber ich habe es mir verkniffen, da ich eh davon ausgegangen bin, dass ich nur ein netter Zeitvertreib für Dich bin. Bei der Altersunterschiedsgeschichte dämmert es mir ehrlich gesagt nur langsam erst wieder, dass das ein Thema für Dich war. Ich habe damals glaube ich nicht verstanden, warum das ein Problem sein sollte, aber Deine Familiengründungspläne hast Du glaube ich nie so konkret erwähnt, oder? Ich bilde mir ein, dass ich dann vielleicht etwas mehr verstanden hätte. Typisch Mann, würde ich sagen! Ich finde ja immer, reden hilft bei allen Problemen weiter, aber das scheint eher eine Fraueneinstellung zu sein... ;-) Wahrscheinlich konnte oder wollte ich es aber auch nicht verstehen, da ich gar kein Problem gesehen habe und dachte, dass sich das alles schon irgendwie ergeben würde.

 

Nun gut, ich habe zumindest jetzt das Gefühl, nach Deiner Mail vielleicht ansatzweise zu verstehen, warum Du Dich damals so verhalten hast. Übel nehme ich es Dir aber immer noch... ;-) Und man kann jetzt natürlich auch nur spekulieren, was passiert wäre, wenn Du Dich auf das Wagnis eingelassen hät­test. Wenn ich mir meinen Lebenslauf so anschaue, dann war mein Leben tatsächlich noch lange danach eher auf Konzerte, Parties, Reisen und Leben genießen ausgerichtet. Erst mit 33 konnte ich mir langsam vorstellen, ein Kind zu bekommen. Aber vielleicht wäre ich mit Dir auch bereit gewesen, mich in ein Familienleben an der Seite eines berufstätigen Mannes zu begeben, wer weiss. Ich war schließlich ver­rückt nach Dir, für mich war es definitiv ein Rausch. Vielleicht wäre das Ganze aber eh nach ein paar Monaten in Ernüchterung geendet, weil Leidenschaft und Erotik alleine keine feste Beziehung ausma­chen? Vielleicht wären wir ein paar Monate später ernüchtert voreinander gestanden. Aber eigentlich ist es auch müßig, sich darüber jetzt Gedanken zu machen. Et iss wie et iss...  (Ich habe übrigens Freunde in K., gar nicht so weit weg von Deiner alten Straße. (welche Hausnummer war das eigentlich noch mal, 59?) Am Anfang hatte ich fast Angst, dort spazieren zu gehen, weil ich mich gefragt habe, was ich eigentlich machen würde, wenn Du mir da über den Weg lie­fest.  Aber da warst Du wahrscheinlich schon längst in B. und ich hätte mich entspannen können...)

17.08.   18:22     Liebe - Beziehung - Zeitvertreib

Deine Worte haben mich sehr ergriffen und ich kann mir gut vorstellen, daß es damals für Dich noch schmerzhafter war als für mich. Eines muss ich unbedingt loswerden bzw. dementieren: Du warst kein Zeitvertreib, keine Affäre, keine Bettgeschichte! (obwohl es auch eine sehr schöne Kuß-/Liebes-/Bettgeschichte war). Ich verstehe aber, daß Du das dann im Nachhinein so gesehen hast. Vergiß bitte nicht, wie verrückt ich nach Dir war! Für mich war das wie ein Rausch. Du hast mich umgehauen, ich war auf Wolke Sieben. Ich erinnere mich daran noch sehr genau, obwohl ich sonst immer fast alles vergesse. Und selbstverständlich war das eine Beziehung! Etwas anderes lasse ich nicht gelten! Und ich wollte Dich auch nicht einfach gehen lassen. Aber es war auch für mich keine leichte Situation, ich lebte in einer so unbestimmten Phase ohne klare Zukunftsperspektive. Das Leben in B. war zwar nett, aber konnte nur ein Provisorium sein. Ich war kein Student mehr, obwohl ich in der WG und mit Dir so gelebt habe. Natürlich hätte ich mich früher von Constanze trennen müssen, aber Trennungen fallen mir schwer. Das eigentliche Problem (für mich), über das wir glaube ich auch öfters gesprochen hatten, war aber der Altersunterschied. Das bedeutet nicht, dass ich Dein Alter nicht geschätzt hätte, ganz im Gegenteil. Aber ich wollte auch gerne eine Familie und dachte, dass ich mich mit Anfang Dreizig mal darum kümmern mußte. Du warst Anfang 20, in den ersten Semestern des Studiums und damit in einer ganz anderen Lebensphase. Viele leben dann unstet, sammeln Erfahrungen, wollen was erleben und sich nicht an einen berufstätigen Mann und Kinder binden. 38 und 47 ist wahrscheinlich kein Problem, aber zwischen 22 und 31 liegt doch eine Welt. Zumindest empfand ich das so. Wenn ich gewartet hätte, bis Du über Dreizig bist, wäre ich mit etwa 40 das erste Mal Vater geworden; wenn Du Dich mit 29 von mir getrennt hättest, wär es vielleicht gar nichts mehr mit Familie geworden. Klingt wahrscheinlich erstmal sehr berechnend, aber man macht sich halt irgendwann Gedanken über sowas (Frauen ab einem bestimmten Alter ja oft noch viel mehr). Vielleicht habe ich die Situation bzw. Dich damals falsch eingeschätzt. Viel­leicht hätte es trotz des Altersunterschiedes funktioniert und Du wärst bereit gewesen, mit dem Kinder­kriegen nicht so lange zu warten. Oder ich wäre bereit gewesen, länger zu warten. Aber damals erschien mir das wohl jenseits meiner Vorstellungskraft und die Situation hoffnungslos. Ich habe einfach keine Perspektive für uns gesehen, obwohl ich Dich nicht verlieren wollte. Vielleicht konnte ich deswegen keine klare Entscheidung treffen (wie z.B. die Trennung von Constanze), ich war auch zerrissen. Und Du ver­letzt, weil ich mich nicht von Constanze getrennt und klar für Dich entschieden habe. Du hast daraus anschei­nend geschlossen, dass Du mir nicht viel bedeutest oder nur zweite Wahl bist, aber das stimmt definitiv nicht und ich bitte Dich, das zu glauben! Ich glaube, als Du Dich dann das zweite Mal zurückgezogen hast, war ich so schlau oder so dumm, mich zu zwingen, Dir nicht nachzulaufen, vermutlich weil ich wußte, dass ich Dich - zumindest zu dieser Zeit - sowieso nur wieder verletzten würde und wir uns im Kreise drehen würden. Ich hätte diesen Schritt von meiner Seite aus wahrscheinlich nicht getan, aber damit natürlich auch nichts besser gemacht. Ich schreibe das nicht um zu sagen, dass ich mich vorbildlich verhalten habe, sondern nur, damit Du vielleicht auch meinen Stand­punkt ein bißchen verstehst. Auch ich habe einen hohen Preis dafür gezahlt, mich nicht rechtzeitig klar entscheiden zu können, und zwar den, Dich zu verlieren.

16.08.   22:20     Re: 15 Jahre

Ich habe unsere gemeinsame Zeit allerdings leider nicht nur positiv in Erinnerung. Erotisch und leiden­schaftlich war sie, das stimmt. Und die Küsse werde ich auch nicht vergessen... Aber "Beziehung" kann man es eigentlich nicht nennen, oder? Ich finde es spannend, dass Du über eine "leider so kurze Zeit" schreibst, denn ich wäre damals sehr gerne mehr als nur eine Bettgefährtin gewesen. Es wundert mich daher auch nicht, dass Du mich als oft melancholisch wahrgenommen hast, denn die Situation damals hat mich fast zerrissen... Ich bin sehr froh, dass ich es damals noch aus eigener Kraft geschafft habe, einen Schlussstrich zu ziehen, sonst wäre ich wahrscheinlich an dieser "Beziehung" zerbrochen. Du hast es damals geschafft, mein Selbstwertgefühl bis auf ein Minimum zu bringen...

11.08.   19:44     15 Jahre

Dein unerwartetes Lebenszeichen nach all den Jahren hat mich auch tatsächlich ziemlich aufgewühlt. So viele Erinnerungen und Gefühle waren sofort wieder präsent. Bemerkenswert! Wir hatten eine sehr erotische und leidenschaftliche Beziehung gehabt, wenn ich mich da recht entsinne. Du hast Dich dabei anscheinend tief in mein limbisches System eingebrannt ...  Ich dachte in diesen Jahren öfters mal etwas sehnsuchtsvoll an unsere - leider so kurze - gemeinsame Zeit. Dein Lächeln, Deine oft etwas melancholische Art, und vieles mehr. Und mir ist dann auch immer gleich schmerzlich bewußt geworden, dass ich nicht ein einziges Bild von Dir besitze. Trägst Du noch diese süße Wuschelfrisur? Bin gespannt, wie Du heute aussiehst (ich habe mich glaube ich nicht allzu viel verändert, abgesehen von ein paar Fältchen etc. ...). 15 Jahre kann man natürlich nur schwer in ein paar Sätzen zusammenfassen, vielleicht geht das mal bei anderer Gelegenheit.

08.08.   12:18     gratulation

Du feierst zwar keinen runden Geburtstag, aber vielleicht passen die acht Jahre, die seit Deiner Gratula­tion zu meinem 30.ten vergangen sind, gut zu Deinem Geburtsdatum und sind damit ein Anlass, sich mal zu melden ... Wie dem auch sei: herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag.

Wenn Du magst, kannst Du ja mal schreiben, wie es Dir in den letzten 15 Jahren ergangen ist. Ich bin mittlerweile in M., Anästhesistin und kann keine Titel vorweisen ... ich hoffe, Du sprichst trotzdem mit mir :-)