Es stimmt schon, ganz harmlos ist die Schreiberei nicht ...

05.01.   15:48   Begegnungen

So, meine Liebe,

hier habe ich jetzt mal meine Phantasien notiert. Um es gleich nochmal vorweg zu betonen: Ich habe wirklich riesige Lust, Dich wiederzusehen. Ich kann es mir anders eigentlich kaum vorstellen. Ich dachte in den letzten Monaten oft über so eine reale Begegnung mit Dir nach, allerdings ganz unabhängig davon, ob sie tatsächlich stattfinden wird. Das war eigentlich erstmal unerheblich. Ich hatte schnell ziem­lich viel Gefallen daran gefunden und es hat mir sogar richtig viel Freude bereitet, mich mit dem Therma zu beschäftigen. In Tagträumereien oder nachts bei Schlaflosigkeit verbrachte ich insgesamt sicher eine erhebliche Zeit damit, mir gedanklich die verschiedenen Umstände und Varianten eines solchen Treffens im Detail vorzustellen, durchzuspielen und zu variieren. Meistens bin ich zwar über die erste Minute nicht hinausgekommen, manchmal habe ich mir aber den größeren Rahmen vorzustellen versucht. Telefonieren oder Skype kommt glaube ich nachwievor nicht ernsthaft in Frage; ich bin deshalb letztlich nie über lediglich drei denkbare Szenarien oder Grundkonstellationen hinausgekommen. Alle haben ihre Reize und ihre Gefahren:

1.   Das vernünftige Treffen

1a). Zum Beispiel nachmittags/abends irgendwo in einem Cafe oder Restaurant. Hierzu zählt dann auch „Kaffee trinken“. Kann durchaus sehr schön sein. Wir könnten uns mal richtig unterhalten. Allerdings wird es mir vermutlich schwer fallen, Dir so neutral zu begegnen, wie es hierfür wünschenswert wäre –  trotz strikter Alkoholkontrolle und Verzicht auf zu sentimentale Themen. Dir dann plötzlich nach – inzwi­schen wohl 16 – Jahren so plötzlich so nah zu sein, wird nicht einfach und eine gewisse Spannung eher erhöhen anstatt sie zu reduzieren. Es bedarf somit viel Disziplin und Selbstkontrolle. Gut, wir sind erwachsene und in Liebesdingen erfahrene Personen und sollten sowas im Griff haben. Andererseits: vielleicht duftest Du gut oder hast Dich sogar noch besonders hübsch gemacht. Und ich sitze Dir dann wenige Zentimeter gegenüber (oder deshalb besser an den Kopfenden eines langen Tisches?) und fürchte, ich werde mich kaum auf ein Gespräch konzentrieren können, sondern beschäftige mich nur mit dem Problem, Dich nicht anfassen oder zumindest küssen zu dürfen (würden wir uns aber küssen, wäre es kein vernünftiges Treffen mehr ;-)). Möglicherweise wäre es einer Folter nicht unähnlich. Soll aber nicht heißen, daß diese Schwierigkeiten unlösbar oder nicht auszuhalten wären und das Szenario deshalb direkt ausscheidet. Vielleicht ist ja auch alles ganz normal – so ungefähr, als ob man einen alten Freund nach Jahren wiedertrifft: keine besondere Spannung, alles relaxed. Das andere Problem hier aber: wie begrüßen, wie nachher wieder verabschieden? Hand geben? Umarmung? Wangenkuß? Wiedersehen? Und mit ziemlicher Sicherheit bleibt nachher ein irgendwie schales Gefühl zurück (das soll es jetzt gewe­sen sein?).

1b). Alternativ käme auch ein Spaziergang in Frage, zumindest in der warmen Jahreszeit. Ich habe das aber auch unter Szenario 1 subsumiert, denn es fällt letztlich in die gleiche Kategorie, da sich die Rah­menbedingungen sehr ähneln. Vielleicht ist es sogar noch schwieriger. Wenn wir so eng nebeneinander spazieren, könnte ich in Versuchung geraten, Dich umarmen oder Händchen halten zu wollen … Oder es kommt zu filmreifen Szenen: wir halten zufällig an und I.): schauen uns in die Augen: Verlangen über­kommt uns, unsere Münder nähern sich, wir küssen uns leidenschaftlich und immer wilder, sinken auf den Waldboden, reißen uns die Kleider vom Leib … ; oder II.): Verlangen überkommt mich, mein Mund nähert sich Deinem / ich packe Dich wild und entschlossen und: wir küssen uns leidenschaftlich oder: Du stößt mich weg und schreist „Was soll das?“ / „Bist Du wahnsinnig? – ich bin verheiratet!“ / „Laß uns gehen!“ / „Ich will Dich nie wiedersehen“ oder Ähnliches. Und der schöne Spaziergang in bezaubernder Natur nimmt eine dramatische Wendung …

2.   Das leidenschaftliche Rendevouz

2a) Abendliches Candle-light-Dinner ist möglich, aber nicht unbedingt notwendig. Wir können uns auch direkt ein adäquates Hotelzimmer mit großem Doppelbett mieten. Meines Erachtens eigentlich die einzig wirklich angemessene Form des Wiedersehens. Voraussetzung: beide haben ein bis zwei Tage Zeit und etwas Mut. Oder viel Mut. Alkohol und Sentimentalitäten sind hier erlaubt (in Maßen). Es kann total daneben gehen und als Katastrophe enden. Es kann wunderschön sein. Wobei wir dafür nicht mal not­wendigerweise miteinander schlafen müssen, wenn es sich nicht ergibt (obwohl es natürlich schön wäre, sich mal wieder zu vereinigen … . Aber Du hast natürlich recht: das wäre schon ziemlich krass.). Und unterhalten kann man sich in diesem Setting ja schließlich auch, soviel man will … In jedem Fall ist alles schwer kontrollierbar und die Konsequenzen kaum vorherzusehen. Im Worst-Case beamen wir uns ins Frühjahr 2000 zurück mit all den Folgen (aber auch wieder unwahrscheinlich, da uns unsere Altersweis­heit und unsere aktuellen Lebensumstände davor beschützen werden und wir überhaupt inzwischen in der Lage sind, professional mit der Situation umzugehen).

2b). Nur küssen. Dieser ebenfalls reizvolle Alternativ-Vorschlag kam neulich von Dir. Wir treffen uns nur zum Küssen, wo auch immer. Der Ort hierfür müßte aber sehr sorgfältig gewählt werden und sollte sich in jedem Fall irgendwo im öffentlichen Raum befinden, sonst ist die Wahrscheinlichkeit groß, daß sich hieraus Szenario 2a entwickelt. Deshalb hier auch nur 2b und kein 3.

3. Die virtuell-platonische Begegnung

Aufgrund der Problematik der ersten beiden Szenarien vielleicht die einzig logische Konsequenz. Wir sehen uns gar nicht und es bleibt wie bisher beim digitalen, platonischen Austausch oder eben keinem Kontakt mehr. Alles spielt sich im Kopf ab. Ist allerdings auch nicht ganz harmlos, wie wir inzwischen fest­stellten. Eine rein virtuelle Beziehung (die ausführliche Diskussion dieses Begriffs vertage ich hier mal wieder aus Platzgründen auf später) sozusagen. Inzwischen eigentlich ja vertrautes Terrain für uns Beide. Alles ist möglich. Wir müssen uns weiter nicht um die Realität kümmern: wir sehen in dem anderen, was wir wollen, er bzw. sie bleibt ein reines Phantasieprodukt, zusammengesetzt aus Dichtung, Wahrheit, vagen Erinnerungen, Vermutungen, Wünschen und fragwürdigen Gefühlen. Du darfst für mich eine Pro­jektion für alles sein. Innige, vertraute, intime Nicht-Begegnung, Wunschvorstellung, Sentimentalität pur. Wenn es mich danach verlangt, kann ich Dich vergöttern und anhimmeln, verklären und verfluchen, mich in alles Mögliche hineinsteigern und gegebenenfalls eine obsessive Leidenschaft gefahrlos ausleben. Aber auch hier lauern Gefahren: 1) Du würdest mir feiges Ausweichen und Flucht unterstellen, 2) Du magst das rein Imaginäre nicht, 3) ich auf Dauer auch nicht, 4) dies Szenario kann einen mittel- bis langri­stig emotional aussaugen und zur Erschöpfung treiben. Also wohl doch nur scheinbar eine brauchbare Alternative, die manche Nachteile der Szenarien 1 und 2 vermeidet.

Soviel zu meinen Phantasien. Siehst Du einen Hoffnungsschimmer? Welche Lösung ist die beste, welcher Variante würdest Du den Vorzug geben? Oder habe ich etwas vergessen? Mal wieder Fragen über Fragen ...

Dein ewig Suchender

 

05.01.   15:13   Re: Fragen und Antworten

Nachtrag:

> was hat die/der andere, was ich nicht hatte … <

Aus meiner Sicht eine falsche Fragestellung. Du bist und warst niemals zweite Wahl! Dir fehlt nichts. Keine besondere Eigenschaft und auch sonst nichts. Du bist eine hübsche, attraktive und interessante Frau. Mit einigen Macken zwar, aber das unterscheidet Dich ja nicht von der Allgmeinbevölkerung (inklu­sive meiner Wenigkeit) ;-). Der einzig relevante Unterschied ist (bzw. war) – das Alter …

 

04.01.   21:31   Re: Fragen und Antworten

Liebe Lena,

ja, ich konnte Deine Erläuterungen gut nachvollziehen, vielen Dank nochmal. Ich weiß Deine diesbezügli­che Mühe wirklich zu schätzen. Den Namen meiner Frau hatte ich nur erwähnt, um Dir ein bißchen Ent­gegenkommen zu signalisieren, nachdem Du Dir mehr Details aus dem Familienleben gewünscht (bzw. eigentlich nicht gewünscht) hast. Ich dachte, Du kennst den Namen sowieso, weil Dir Sonja doch damals von ihr erzählt hatte.

Weißt Du, ich glaube, es geht uns Beiden eigentlich gerade ziemlich ähnlich. Ich sehe diese Unterschiede in der Wahrnehmung unseres Mailwechsels gar nicht so. Wir Beide sind hin und her gerissen zwischen dem Wunsch, die Familie rauszuhalten, um sie nicht zu verraten, und dem Bedürfnis, etwas zu berichten, zum Selbstschutz oder um das Alltägliche zu integrieren.

Wir Beide investieren (zu) viel Zeit. Diese Mails nehmen natürlich auch in meinem Leben einen großen Raum ein, mental und zeitlich. Er kostet mich Zeit, die woanders ebenfalls dringend benötigt würde (nicht nur für´s Lampen aufhängen, daß gerade mal wieder verschoben wurde … ). Manchmal hatte ich schon das Gefühl, die Schreiberei keine zwei Wochen mehr durchzuhalten, ohne ein akutes Erschöp­fungssyndrom zu bekommen.

Genau wie Du fallen mir immer Lieder und Sätze und andere Dinge ein, die ich Dir unbedingt mitteilen muß. Ich denke definitiv viel zu viel an Dich (was ich Dir hier aber nicht das erste Mal schreibe).

Auch ich will weder Deine, noch meine Familie zerstören. Das wäre auch irgendwie absurd. Daß nicht immer alles im Leben schwarz und weiß ist, kann ich aber auch nicht ändern. Deine Gewissensbisse kann ich Dir nicht nehmen. Wenn Du meinst, wir sollten uns weniger oder nicht mehr schreiben, sag es mir bitte.

> Aber während mich das quält, scheinst Du die Vermeidungsstrategie zu wählen. Du versuchst, Dir die Situation schön zu reden und verschließt lieber Deine Augen. Hauptsache, Du kannst die Situation genie­ßen. < Wie schon einmal und auch oben gesagt, kann ich diese Gegenüberstellung von Dir als Gequälte und mir als Genießer nur mit einiger Mühe nachvollziehen. Ich denke, daß wir hier doch Beide ähnliche Motive haben. Gewissensbisse einerseits, Lust auf Fortsetzung andererseits. Natürlich ist das immer auch egoi­stisch wie jedes Bemühen um persönliches Glück im Leben. Wenn es für Dich nur Quälerei wäre, würdest Du es bestimmt nicht tun, vermute ich mal. Vollkommen masochistisch bist Du schließlich auch nicht veranlagt (aber wer weiß).

> Du hast mich damals tatsächlich „verdorben“ - vor Dir hatte ich zwar auch kein besonderes Glück mit Männern, aber Du warst die Krönung. Danach dachte ich tatsächlich, dass ich von keinem Mann mehr etwas zu erwarten habe. < Ich verstehe absolut, daß Du das damals so empfunden hast. Trotzdem bin ich weiterhin der Überzeu­gung, daß Du mir hier nicht die gesamte „Schuld“ geben solltest. In Deiner Reaktion auf unsere Trennung steckt auch viel von Dir selber, ob Du das nun wahrhaben willst oder nicht. Ich sprach in den letzten Monaten mit drei Freunden meines Alters unabhängig voneinander einmal über unsere Konstellation damals und jeder konnte diese Entwicklung bei dem Altersunterschied sofort nachvollziehen, ja hielt sie sogar für logisch und erwartbar. Keinen hat das überrascht.

Jetzt ist der Altersunterschied zwischen uns belanglos. Ob 30 und 39 oder 38 und 47 spielt doch keine Rolle. Hätten wir uns zehn Jahre später kennengelernt, wäre dies kein Problem und kein Thema gewe­sen. Zwischen 22 und 31 liegen aber Welten, was für die 22-Jährige natürlich nicht so bedeutend, son­dern eher spannend ist, für den 31-Jährigen aber ein Problem darstellt. Man kann das akzeptieren oder darin nur mieses Verhalten oder Ausreden sehen. Ich finde aber, Letzteres ist ein ziemlich einseitiger Blick, dem es nur darum geht, irgendeinen Schuldigen für ein Unglück zu finden.

Es tut mir wirklich sehr leid, wenn Du durch mich zeitweilig den Glauben an Dich verloren hattest. Das ist sicher das Letzte, was ich wollte. Daß Du meintest, von Männern nichts erwarten zu dürfen, daß Männer immer untreu sind und nur auf kurze Bedürfnisbefriedigung und Spaß aus sind und Dich als temporäre Gespielin mißbrauchen könnten (wobei ich natürlich der schlimmste Vertreter dieser Sorte bin), kann aber nicht allein an unserer Trennung liegen. Du kannst das doch nicht alles mir anlasten. Es ist auch etwas in Dir, daß Dich so verletzlich macht. Ich bin auch zumindest zweimal von einer Frau in einer für mich üblen Weise verlassen worden. Eine hat sich in einen Anderen verliebt, der ihr dann wichtiger war. Die andere hat mir (glücklicherweise allerdings schon nach zwei Wochen) eröffnet, daß sie mich körper­lich nicht attraktiv fände (oder so ähnliche Worte benutzt). Beides sicher nicht schmeichelhaft, aber ich habe daraus bezüglich meines Frauenbildes nicht die gleichen Schlüsse gezogen wie Du hinsichtlich des Männerbildes.

> also kann ich doch ganz leicht davon ausgehen, dass Du es mit der Treue einfach nicht so hast < Das Thema Treue nimmt bei Dir einen großen Platz ein und scheint gerade in Bezug auf mich die oberste Instanz für alle Bewertungen zu sein. Ich bin nicht gegen Treue, aber schließlich habe ich Constanze damals ja nun durchaus mit Dir betrogen. Und Du wußtest das. Nichts, womit ich mich rühmen kann, aber sollte ich gerade Dir gegenüber nun behaupten, daß ich immer treu war? Das wäre doch recht scheinheilig. Was ich da geschrieben habe, ist Dir doch bestens bekannt. Sowas ist nie schön, aber es kann in den besten Kreisen mal passieren. Nun suchst Du ständig nach direkten oder indirekten Hinweisen dafür, ob ich ein Wiederholungstäter bin oder endlich auf den Weg der Tugend eingebogen bin. Ich finde, Du solltest Dich davon lösen und dies nicht zu so einem bestimmenden Aspekt machen. Für uns beide ist es doch eh egal, wir sind ja nun kein Paar. Und immerhin bin ich jetzt ja wie Du auch seit 15 Jahren in einer festen Bezie­hung und seit über einem Jahrzehnt verheiratet. Das sagt doch auch etwas aus, oder?

Wegen der Trennung stellst Du letztlich alles in Frage, was zwischen uns gewesen ist. Es gibt nur Negati­ves. Das ist sehr schade. Heloise: „Als ich des Fleisches Lust in Deinen Armen genoss, da durften die mei­sten unsicher sein, ob ich es aus Liebe oder Lüsternheit trieb. Jetzt aber zeigt ja der Ausgang, unter wel­chem Vorzeichen ich begann.“ Das wir uns nach so vielen Jahren schreiben können, zeigt doch auch, daß damals etwas mehr war als nur Zeitvertreib etc.. Und natürlich können wir nicht Teil der derzeitigen All­tagswelt des Anderen in puncto Familie etc. sein. Du weißt es selber, aber wenn ich es sage, ist es Aus­druck von Eiseskälte. Es gibt aber noch mehr Welten als die Alltagswelt, vielleicht existiert ja eine andere für uns?

> da es mir schon wieder suggeriert bzw. klar macht, dass ich eben für immer wenn überhaupt Deine Nebengespielen war/bin/sein könnte < und > dass es so klingt, als wäre ich eben nichts Besonderes, son­dern „allenfalls ein Rücksprung“, den man mal machen kann, der aber nicht wirklich von Bedeutung ist? < Warum siehst Du Dich gleich als Nebengespielin? Du bist und warst immer eine gleichberechtigte und aus meiner Sicht auch durchaus selbstbewußte Frau; ich habe Dich niemals als „Gespielin“ oder Ähnli­ches empfunden. Warum machst Du Dich so klein? Und was kümmert Dich Thailand. Was hat das mit Dir und mit uns zu tun? Diese Reaktionen sind doch mehr Deinem mangelnden Selbstwertgefühl (für das ich ja vollstes Verständnis habe) als unserem Mailverkehr geschuldet. Sag mir doch einfach, was ich tun müßte / sollte /könnte, damit Du Dich als Hauptgespielin fühlst? Aber andererseits: wie passen Hauptge­spielin und unzerstörtes Familienleben zusammen? Ein bißchen schizophren sind Deine Gedanken da schon, oder?

Warum ziehst Du aus aus all dem nicht mal den naheliegenden Schluß, daß mir der Kontakt mit Dir viel bedeutet und ich es sehr schön finde, Dich nach all den Jahren zumindest in dieser Form etwas wieder­gefunden zu haben? Das Du mir gut tust und ich einfach genieße, mich etwas auf Dich einzulassen. Daß ich dafür Gewissensbisse in Kauf nehme und Gefühlschaos. Daß ich Dich nach wie vor ziemlich sehr gerne mag. Mich sogar zu unerhörten Geständnissen hinreißen lasse. Daß ich gerne die Zeit investiere und mich immer sehr freue, eine Nachricht von Dir zu erhalten.

„Ich bin Dir sehr dankbar, daß Du mir so fleißig schreibst. Denn das ist die einzige Art, wie Du Dich mir zeigen kannst. Niemals empfange ich einen Brief von Dir, ohne das wir sogleich beieinander wären. Wenn schon die Bilder abwesender Freunde uns willkommen sind, die unsere Erinnerung auffrischen und unsere Sehnsucht nach dem Abwesenden mit trügerischem und nichtigem Trost lindern, wie viel willkommener sind uns Briefe, die uns wirkliche Lebenszeichen von dem abwesenden Freund geben!“ (Seneca an Lucilius)

Sieh doch in Zuneigungsbekundungen nicht zuerst bloße Taktik oder Betrug und laß Dich nicht so sehr von Mißtrauen beherrschen!

So, jetzt ist der Abend auch bald rum. Zu Deinen Terminvorschlägen komme ich dann in der nächsten Mail, mit der ich jetzt beginne …

Gute Nacht und süße Träume

 

04.01.   14:43   ghosts of Berlin

Und jetzt ist mir endlich eingefallen, an was mich Cigarettes after Sex erinnert, es war nicht Lana del Ray, sondern Andrea Schroeder… mal schauen, ob Du es nachvollziehen kannst.

www.youtube.com/watch?v=6Uh9Z1BrqQk

 

04.01.   14:36   Re: Fragen und Antworten

Lieber Johann,

ich versuche jetzt mal, die ungeklärten Fragen zu beantworten. Bin gespannt, ob mir das gelingt ….

Eigentlich möchte ich gar nichts von Deinem realen Familien-Leben wissen. Spannend ist es natürlich schon; es würde mich eigentlich schon irgendwie interessieren, wie Deine Frau aussieht, was sie macht, wie sie so drauf ist. So etwas finden Ex wahrscheinlich immer spannend - was hat die/der andere, was ich nicht hatte… Aber das macht wahrscheinlich wirklich einfach nur eifersüchtig. Intuitiv würde ich Dir auch nicht zu viel aus meinem Familien-Leben erzählen wollen. Ich habe eigentlich das Gefühl, dass ich sie verrate, wenn ich Dir viel von ihnen erzähle.

Du warst mir da manchmal schon viel zu forsch. Es hat mich zum Beispiel schon sehr erstaunt, dass Du mir sofort ein Foto im August von Deinen Kindern geschickt hast. Und dann diese Urlaubs-Schnapp­schüsse. War mir viel zu intim. Das Foto von Deinem Schreibtisch fiel in die gleiche Kate­gorie. Du beeindruckst mich dann einerseits mit Deiner Offenheit, andererseits tut das dann schon auch ein bisschen weh und ich frage mich, warum Du mir das eigentlich schickst… das scheinst Du ja auch nachvollziehen zu können, die Gründe dafür muss ich da wohl nicht weiter ausführen. ("Schließlich habe ich Dir gegenüber kein neutrales oder rein freundschaftliches Verhältnis und befürchte deshalb, daß ich gar nicht zuviel und zuviele Details wissen möchte.“) Super fand ich übrigens auch, dass Du mich hast raten lassen, den wievielten Hochzeitstag Du mit Deiner Angetrauten gefeiert hast …

Und dann denke ich mir wieder, warum eigentlich nicht. Wir sollten ruhig sehen, dass wir ein anderes, reales Leben haben, zu dem der andere nicht gehört und auch nicht hinein gehört. Dann möchte ich, dass es eifersüchtig macht, unangenehm ist und auch weh tut, dass man sich wie ein Eindringling fühlt. Um wieder klar vor Augen zu haben, dass das hier eigentlich überhaupt nicht in Ordnung geht. Deshalb denke ich manchmal darüber nach, dass wir uns eigentlich viel vom Ehepartner und Familienleben mit­teilen sollten - um zu begreifen, dass andere Menschen wegen uns Schaden nehmen könnten (mal ganz abgesehen von uns selbst), dass wir nicht so unbedacht diesem Email-Kontakt frönen sollten. Das heißt nicht, dass ich das wirklich wissen möchte - weil es eben zu intim ist, weh tut und auch eifersüchtig macht... Es wäre ein Versuch, mich/uns damit zu maßregeln, vielleicht auch zum Aufhören zu bewegen. Verstehst Du jetzt, was ich meine? (das zu Frage 1)

Und Du schreibst doch selbst, dass Du eigentlich keine Details wissen möchtest und erwähnst dann aber ganz beiläufig den Namen Deiner Frau in der gleichen Mail. Das ist doch schon etwas paradox, oder? „Meine Frau“ klingt schon deutlich abstrakter als „Sarah“... (Frage 2) Es würde mich übrigens wirklich interessieren, warum Du denkst, dass ich den Namen hätte kennen können!

Wenn ich heute den Namen Constanze höre, verkrampfe ich immer noch innerlich, das hat sich anscheinend in meiner Festplatte tief eingebrannt. Dabei konnte sie doch damals am wenigsten dafür ...

> Wir können doch sowieso niemals ein Teil dieser etablierten Welt des Anderen werden. < Das ist es ja gerade. Aber anders als Du kann ich immer noch nicht beides einfach so trennen, denn ich glaube, dass das auch gar nicht geht, das wäre schizophren. Früher oder später würden die Welten doch kollidieren, sie beeinflussen sich doch jetzt schon gegenseitig. Ich möchte definitiv nicht zerstören, was mir glücklicherweise in den letzten 15 Jahren passiert ist. Auch wenn Du es vielleicht nicht gerne hören möchtest, Du hast mich damals tatsächlich „verdorben“ - vor Dir hatte ich zwar auch kein besonderes Glück mit Männern, aber Du warst die Krönung. Danach dachte ich tatsächlich, dass ich von keinem Mann mehr etwas zu erwarten habe. Ich war der festen Überzeugung, dass es keiner jemals wirklich ernst meinen wird mit mir, sondern ich schauen muss, dass ich wenigstens ab und zu ein bisschen Spaß habe. Und dass ich sowieso keinem Mann vertrauen dürfte. Als ich mit Michael zusammen kam, konnte ich das erst gar nicht richtig genießen, weil ich darauf gewartet habe, dass da bald der Haken an der Sache auftaucht. Kam aber nicht. Hat trotzdem lange gedauert, bis ich das verstanden hatte und akzep­tieren konnte.

Das dürfte doch auch erklären, warum mir die Entwicklung dieses Email-Kontaktes an meinem Verstand zweifeln lässt. Er nimmt mittlerweile ziemlich viel Platz in meinem Alltag ein, bei Dir müsste das doch zumindest ansatzweise auch so sein. Es ist zeitaufwändig (heute würden mir auch wieder eine Menge Dinge einfallen, die ich in meinem FA machen sollte/könnte, aber ich sitze hier und schreibe Dir eine lange Mail) und ich merke, dass ich zum Beispiel ständig auf der Suche nach neuem Liedmaterial bin, das ich Dir schicken könnte oder ich überlege, wo ich unauffällig das nächste Mal Emails checken kann. Das reale Leben wird dadurch beeinflusst, ich kann mir nicht vorstellen, dass Du das abstreiten kannst.

Ich schätze es wirklich sehr, dass Du mir Erklärungen liefern willst. Ich glaube auch tatsächlich, dass Du Dir da ehrlich Mühe gibst und es wahrscheinlich eine Ehre ist, dass Du so viel über Dein Inneres preis gibst. Aber meistens sind sie für mich leider nicht wirklich nachvollziehbar, sondern bestätigen meine Vorurteile. Wir scheinen wirklich ganz unterschiedlich an diese Sache ranzugehen. Und es erinnert mich einfach immer wieder zu sehr an unsere erste Geschichte, die ich mir ja unter gar keinen Umständen ein zweites Mal antun wollte.

> Nachher werde ich noch eifersüchtig. Und das sollte vermieden werden. Mir reicht die derzeitige emo­tionale Spannung vollkommen ;-). <

>  Ich hatte ein bißchen das Gefühl, etwas Verbotenes zu tun. Fast wie ein Voyeur, der einen unerlaubten Blick durchs Schlüsselloch riskiert (schönes Zimmer übrigens). Zu intim. Das ist Eure und nicht unsere Welt. Deshalb dachte ich dann: besser keine Bilder außer solchen aus der (unserer) Vergangenheit. Mün­ster muß für mich bis auf Weiteres Sperrbezirk bleiben. U-Zone sozusagen. Betreten verboten. Schließlich habe ich Dir gegenüber kein neutrales oder rein freundschaftliches Verhältnis und befürchte deshalb, daß ich gar nicht zuviel und zuviele Details wissen möchte. <

Ich finde, wir tun etwas Verbotenes. Aber während mich das quält, scheinst Du die Vermeidungsstrategie zu wählen. Du versuchst, Dir die Situation schön zu reden und verschließt lieber Deine Augen. Hauptsa­che, Du kannst die Situation genießen. So wirkt es auf mich. Ich frage mich immer wieder, ob das naiv und unbekümmert ist oder man es einfach als eiskaltes egoistisches Verhalten bezeichnen sollte. Wenn Du mir ganz unverblümt schreibst, dass doch völlig klar ist, dass wir nie Teil der Welt des anderen sein werden, dann versetzt mir das trotzdem einen Stich (obwohl das einfach die Wahrheit ist), da es mir schon wieder suggeriert bzw. klar macht, dass ich eben für immer wenn überhaupt Deine Nebengespie­len war/bin/sein könnte und alle negativen Gefühle, die ich mit unserer Geschichte und Dir verbinde, wieder ganz präsent sind. Und trotzdem gelingt es mir nicht, die derzeitige emotionale Spannung abzu­bauen, würde mich extrem gerne mit Dir treffen und habe eine blühende Phantasie, was dieses Treffen anbelangt… Das ist es, warum Du mich wahnsinnig machst. Ich habe den Eindruck, dass Du Dir bequem eine virtuelle Insel schaffen möchtest, um (mich) im Moment zu genießen, ich halte das für egoistisch und auch unrealistisch, dass das ohne negative Konsequenzen funktioniert. Und dennoch mache ich hier weiter und lasse mich von Dir faszinieren, genieße Deine Emails und dass Du ja doch so viel Zeit inve­stierst… Ganz bedeutungslos kann ich ja schließlich dann doch nicht sein, wenn wir uns zum Beispiel Sil­vester so einen intensiven Email-Schlagabtausch liefern…

Deshalb schreibe ich, dass Du noch mein Untergang sein wirst - ich kann weder mit noch ohne Dir anscheinend… Verrate mir doch bitte, was es ist, dass Dich so faszinierend macht… es kann ja nicht nur an Deinem Aftershave von damals liegen… ;-)

> Nein, es ist eher der Bonus des sich Kennens (oder sich gekannt haben). Dadurch wird unsere „Bezie­hung“ (ich benutze mal Anführungszeichen, um Dich nicht zu irritieren, aber es gibt wirklich wenig begriffliche Alternativen) zu etwas Besonderem und erhält eine quasi höhere Legitimation im Vergleich zu einer neuen Bekanntschaft, wo mir der Ausdruck „Betrug“ oder Ähnliches passender erscheinen würde. Selbstverständlich hast Du dadurch einen anderen Stellenwert als ihn irgendeine Dahergelaufene haben könnte. Heimvorteil oder so. Mir fällt gerade kein weiteres passendes Bild ein. Selbst wenn wir uns küssen oder gar miteinander schlafen würden, gäbe es für mich da einen qualitativen Unterschied.Es wäre ja kein Seitensprung, sondern allenfalls ein Rücksprung, kein Fremdgehen sondern ein Bekanntgehen <

Ich fände es wahrscheinlich weniger schlimm, wenn es ein „Dahergelaufener“ wäre. Das wäre für mich erklärbarer, als schon wieder auf denselben Hallodri reinzufallen…;-)  Und Du hast richtig vermutet, auch hier kommt die moralische Entrüstung - was soll denn bitte schön bei uns eine höhere Legitimation sein?! Ich schätze, unsere Partner würden da keinen Unterschied sehen. Und das Wörtchen „allenfalls“ macht mich auch schon wieder wütend - was gäbe es denn Krasseres, als wenn wir miteinander schlafen würden? Und kannst Du nicht wenigstens ein ganz kleines bisschen nachvollziehen, dass es so klingt, als wäre ich eben nichts Besonderes, sondern „allenfalls ein Rücksprung“, den man mal machen kann, der aber nicht wirklich von Bedeutung ist?

Ich frage mich immer mal wieder, was Du eigentlich vom Verhalten Deines Vaters hälst. Ich hätte gedacht, dass man mit dieser Familienanamnese eher bemüht wäre, nicht die gleichen oder ähnliche Verhaltensweisen an den Tag zu legen. Scheint bei Dir aber nicht zuzutreffen...

Wenn ich meinen vorurteilsbehafteten Phantasien freien Lauf lasse und Dir davon schreibe, kommen von Dir nie wirklich ernsthaft klingende Dementi - also kann ich doch ganz leicht davon ausgehen, dass Du es mit der Treue einfach nicht so hast, oder…? „Ich war nicht immer ein Engel“, „ich kenne solche Visionen, sie sind sogar schon Wirklichkeit geworden“ etc… da dürfte es Dich doch auch nicht verwundern, was ich mir bei zwei Wochen im Auto durch Thailand mit der Ex-Doktorantin vorstelle…

Ein bisschen habe ich das Gefühl, dass ich Dir all das eigentlich in diversen Emails auch schon geschrieben habe, nur mit anderen Worten. Wir drehen uns wahrscheinlich im Kreis. Ich bin mir auch nicht sicher, ob Dir meine Erklärungsversuche in dieser Email nun weitergeholfen haben… Und es ändert nichts daran, dass ich Dich trotzdem gerne noch einmal treffen würde, verdammt.

Daher noch ein weiterer Termin...: am 11./12.3. (Fr/Sa) ist in Bochum eine Anästhesie-Fortbildung, zu der ich es schaffen könnte. Allerdings weiss ich noch nicht, warum ich da in Bochum abends länger bleiben oder übernachten sollte… Zum Geburtstag hat mein Mann übrigens doch etwas anderes als Foals-Karten bekommen… aber es gibt ja zum Glück eh keinen Grund, warum ich Ende Februar alleine in Berlin sein sollte. :-)

So, jetzt hast Du den Spielball zum Thema Treffen bekommen...

Deine Lena

 

01.01.   19:20   Ein frohes Neues !

> Du scheinst Dein iPad auch lieb gewonnen zu haben... <

Ich habe es vorher schon sehr geliebt, aber jetzt noch mehr, das stimmt :-)

> SMS schreiben um Mitternacht ist doch eh uncool <

Danke für die Info. Ich scheine da schon wieder einen Trend verpasst zu haben. Glücklicherweise geht´s auch anderen so, sonst wäre es wirklich etwas öde / einseitig gewesen.

> Wir haben um Mitternacht mit Mika gefeiert ... aber immerhin hat er uns deshalb heute morgen etwas länger schlafen lassen... <

Wie habt Ihr es geschafft, einen noch nicht mal Vierjährigen bis Mitternacht wachzuhalten? Das arme Kind. Waren da Aufputschmittel im Spiel?

> Du willst doch nicht ernsthaft eine Handynummer einfordern, oder...? :-) <

So aufdringlich würde ich natürlich niemals sein. Ich stehe auf dem Standpunkt, daß Frauen einem Tele­fonnummern freiwillig und unaufgefordert geben müssen, sonst hat es eh keinen Sinn ;-)

Im Anhang des Ergebnis meines Bleigießens (leider etwas unscharf). Im ersten Augenblick dachte ich tatsächlich, es handelte sich um eine Sense. Soviel Zufall wäre aber schon verdächtig. Bei intensiverer Inspektion scheint mir dieses Gebilde dann aber doch eher einen Schlüssel oder eine Fahne darzustellen. Das wirft gleich die Frage auf: was soll mir das sagen?

Schlüssel:

Ihr Vorhaben gelingt

Erfüllte Wünsche

Sie haben ein Geheimnis / private Glückssträhne

Halten Sie Ihre Neugier im Zaum.

Fahne:

Hören Sie auf Ihr Bauchgefühl.

Ihr Kopf ist woanders als Ihr Herz.

Das lässt ja vieles offen und hoffen. Was meinst Du?

LG Johann

 

01.01.   16:51   Re: Fragen und Antworten

Ich hätte das hier vor ein paar Monaten auch nicht für möglich gehalten… das Handy die ganze Zeit im Anschlag zu haben, war auch nicht mein Ziel für das neue Jahr … aber Du scheinst Dein iPad auch lieb gewonnen zu haben ...

 

01.01.   09:58   Re: Ein frohes Neues !

Frohes neues Jahr! Bin gespannt bis angespannt, was es so bringen wird ...

SMS schreiben um Mitternacht ist doch eh uncool, da kann man gar nicht richtig mit den anwesenden Leuten feiern ... Außerdem ist dieses dünne Band schon sehr viel, wie ich finde ... Du willst doch nicht ernsthaft eine Handynummer einfordern, oder ...? :-)

Ich hoffe, Du hast nicht zu viel Sekt auf mich getrunken, macht einen fiesen Kater ... ;-)

Wir haben um Mitternacht mit Linus gefeiert ... aber immerhin hat er uns deshalb heute morgen etwas länger schlafen lassen ...

LG Lena

 

01.01.   01:39   Ein frohes Neues !

Ein frohes Neues meine Liebe! Ich trinke ein Glas Sekt auf Dich.

Ich hätte ja auch zeitnäher gesimst, aber uns verbindet ja nur dieses dünne Band einer Mail-Adresse - andere Kommunikationskanäle habe ich nicht .... :-(

Bis bald

LG Johann