Von daher würde ich nicht sagen, daß ich unbekümmert bin,

aber ich habe immer noch das Gefühl, daß ich alles kontrollieren kann

04.08.  13.13   Re: eine Frage habe ich noch

Mein Lieber,

ich versuche nun, diese Email, die ich seit längerem immer etwas weiterschreibe, zu Ende zu bringen. Linus baut ein Römerlager und ist mit Hörspielen versorgt … Vielleicht ist das eine gute Gelegenheit...

Natürlich hat diese Beziehung auch Einfluss auf das Verhältnis von mir zu Michael. Wie sollte ich im Alltag einfach so weiter machen können wie bisher, wenn ich mich fast den ganzen Tag irgendwie mit Dir beschäftige… wahrscheinlich war es in letzter Zeit am ehesten so wie in stressigen Zeiten, wenn man kaum Zeit füreinander hat und die Routine alles beherrscht. Wahrscheinlich so etwas wie Wolke 4, wenn man in dem Jargon bleiben will.

Allerdings ist die Ausgangslage vielleicht auch eine andere als bei Dir. Ich hatte ja schon einmal geschrieben, dass ich mich vor 15 Jahren zuerst gar nicht 100% auf die neue Beziehung einlassen konnte, weil ich noch so diese Wolke 7 mit Dir im Kopf hatte. Das hat wirklich Zeit gebraucht, um das zu verdrängen. Ich dachte damals zunächst, dass da bestimmt irgendwann wieder so eine Wolke 7 auftaucht und dass das alles bestimmt nicht von Dauer ist. Außerdem habe ich ständig auf den Haken gewartet, der doch bestimmt auch bei Michael zu finden ist… Der ist aber nicht aufgetaucht. Es lief immer weiter und das gut und immer besser. Natürlich mit Höhen und Tiefen, wie wohl in allen Partnerschaften, aber eigentlich harmonieren und ergänzen wir uns sehr gut. Das kann ich nicht anders sagen. Und wer weiss, ob ich mit einem anderen Partner heute als "etwas unkonventionell" beschrieben würde… ;-) (Vielleicht ist es auch ganz gut, wenn man nicht ständig auf Wolke 7 hängt, vielleicht kann man seine eigene Persönlichkeit dann besser beibehalten…?) Das schreibe ich jetzt nicht, um Dir weh zu tun. Es ist ein Teil dessen, was ich mir so als Erklärungsversuche zusammenreime. Trotzdem kam in mir immer mal wieder die Sehnsucht nach Wolke 7 auf, die bei mir unweigerlich mit Dir verknüpft ist. Und es hat mir jedes Mal ein sehr schlechtes Gewissen gemacht. Das passierte dann natürlich eher in Zeiten, wo es mal nicht so rund lief. Aber insgesamt habe ich schon eine echt tolle Zeit in den letzten 15 Jahren gehabt. Und als Linus zur Welt kam, hat das natürlich noch einmal alles verändert, enger zusammen geschweißt. Ich war glücklich und zufrieden mit meinem Leben… war happy, dass ich mit der Familie irgendwie etwas ruhender geworden war, das Gefühl hatte, angekommen zu sein. Das hatte ich ja schon mal geschrieben. Die Situation, dass es dann mit dem zweiten nicht geklappt hat, hat natürlich schon zu einer Krise bei mir geführt, das hast Du ja letztendlich sehr gut mitbekommen. Und es hat auch zu Spannungen geführt. Ein bisschen war dann da auch wieder diese Sehnsucht nach Dir. Jedenfalls musste ich wieder mal an Dich denken, vielleicht auch, weil der 8.8. mal wieder vor der Tür stand. Und schließlich habe ich all meinen Mut zusammen genommen und Dir diese Geburtstagsmail geschrieben… Ich kann Dir wirklich nicht genau sagen, warum ich sie genau geschrieben habe, ich habe mehrere Jahre am 8.8. darüber nachgedacht, sie zu schreiben und letztes Jahr reichten dann wahrscheinlich alle Faktoren, um es umzusetzen. Vielleicht wegen etwas Sinnkrise, dieser Sehnsucht, die immer wieder kehrt und vielleicht auch, um zu schauen, wer Du eigentlich heute so bist, den ich mit dieser Sehnsucht verbinde. Ich hatte wohl wirklich auch die Hoffnung, dass Du gar nicht mehr so bist, wie ich Dich in Erinnerung hatte und ich damit die Möglichkeit hätte, diesem Spuk endlich mal ein Ende zu bereiten. Denn Du warst in all den Jahren eben nie ganz weg. Du tauchtest immer mal wieder in meinen Gedanken auf als Idealvorstellung, obwohl es mir ja eigentlich gut ging.

Die Entwicklung, die dann aber in den letzten Monaten nach der Kontaktaufnahme stattgefunden hat, hat mich wirklich in ein ziemliches Gefühlschaos gestürzt. Ich war wieder verliebt, das ist natürlich was anderes als eine langjährige, eingespielte Beziehung. Du warst plötzlich wieder allgegenwärtig. Aber ich habe ja auch meine moralischen Vorstellungen (wie Du weisst…) und ich bin ja eigentlich auch wirklich nicht unglücklich in meiner realen Welt. Ich lebe seither tatsächlich irgendwie in zwei Parallelwelten (schon irgendwie schizophren), weil ich so glücklich war, Dich ein Stück weit wiedergefunden zu haben, aber eben auch nicht unglücklich in meiner anderen Welt war. Ich gebe Dir recht, wir leben irgendwie in zwei Partnerschaften zur Zeit.

Vielleicht kann ich das tatsächlich etwas besser trennen als Du. Meine Idee dazu ist: weil ich eigentlich schon viele Jahre damit lebe. Da war immer mal wieder diese Sehnsucht nach Dir, die ich dann entweder konsequent versucht habe zu verdrängen oder mal kurz in einer Phantasie zugelassen habe. Ich bin es also irgendwie gewohnt, mit Dir als Geist im Boot zu leben und auch wieder auf Abstand von Dir zu kommen und habe da im Laufe der Jahre vielleicht meine Strategien verfeinert, die ich auch jetzt anwenden kann… ;-)

Das hier ist ein Eingeständnis, dass ich bisher nur mir selbst gemacht habe und ich eigentlich auch wild entschlossen war, niemanden von diesem inneren Konflikt jemals zu erzählen. Aber jetzt betrifft es Dich ja auch, ich habe Dich da ja mit reingezogen. Ich hoffe, dass es vielleicht etwas zum Verständnis beiträgt. Dieser innere Konflikt macht mich oft sehr fertig. Ich möchte eigentlich niemanden betrügen, auch niemanden hinhalten.

Mittlerweile glaube ich daran, dass Du immer irgendwo in meinem Herzen einen Platz haben wirst, ein Teil von mir wird immer auf Dich stehen. Ich bin Dir damals verfallen und kämpfe seitdem dagegen an. Auch wenn wir den Kontakt jetzt wieder verlieren sollten aufgrund der aktuellen Entwicklung, wirst Du wohl nie komplett aus meinem Kopf verschwinden können. Du bist anscheinend meine große, unglückliche Liebe. Die Entwicklung unserer Kommunikation bestätigt mit das wieder. Das geht wirklich nicht mit jedem.

Ich habe mir in den vergangenen Monaten schon oft versucht vorzustellen, wie wir wohl in den letzten 15 Jahren als Paar funktioniert hätten oder eben auch, wie es jetzt wohl funktionieren würde, inklusive Filmchen, die in meinem Kopf ablaufen mit einer Zukunft, die es so nicht geben wird. Da ich aber auch ständig versuche, aus der Nummer irgendwie rauszukommen, habe ich mir dann oft gesagt, dass wir bestimmt nicht gut funktionieren würden und es nicht lange gut ginge mit uns…Wenn erst mal die ersten Abnutzungsanzeichen kämen, würde uns bestimmt bald die Puste ausgehen und wir wären voneinander angenervt, weil wir doch zu unterschiedlich ticken…  Aber die Anziehungskraft, die für mich von Dir ausgeht und dieses körperliche Verlagen nach Dir sind wirklich unfassbar und kaum in Worte zu fassen. Auch ich würde gerne eine Zeit lang mal mit Dir einfach zusammen leben, so wie Du es beschrieben hast. Diese Liebe exzessiv ausleben, ohne Rücksicht auf andere nehmen zu müssen, die Besitzansprüche haben. Schauen, ob es funktioniert oder eben nicht. Aber es ist auch mir klar, dass es sehr unwahrscheinlich ist, dass wir das in dieser Rein-Form erleben werden. Denn ich bin schwanger und wir haben beide unsere Familien...

Die Schwangerschaft hat dem Ganzen natürlich eine andere Wendung gegeben. Die Vernunft kommt stärker durch und alles bei mir wird gerade wieder auf Familie ausgerichtet. Ich glaube weiterhin, dass das nicht unbedingt etwas mit Altersunterschied zu tun hat, sondern eben mit Prioritätensetzung und Zufälligkeiten im Leben. Dein Freund in München in Deinem Alter wird doch auch erst jetzt Vater, ist also eigentlich in der Phase, in der ich mich befinde. Du hattest vielleicht einfach das Glück, Sarah damals im richtigen Moment zu treffen, um Deine Vorstellungen vom weiteren Leben auch in die Tat umzusetzen zu können. Jetzt hast Du das extreme Familienleben vielleicht tatsächlich etwas hinter Dir, weil deine Kinder nun schon älter sind und immer selbständiger werden; man wird selbst auch wieder etwas unabhängiger dadurch, denke ich. Ich bin das gerade gar nicht. Gerade im Moment, wo die Kita zu hat, ist mir das wieder sehr bewusst. Ich stelle meine eigenen Bedürfnisse für Linus zurück, ich kann ihn nicht einfach mal alleine lassen, muss immer schauen, dass er gut betreut ist. Mit einem Neugeborenen wird das natürlich noch krasser.

Das ist mir alles klar, aber ich komme nicht recht los von Dir. Wahrscheinlich ist es egal, ob wir Kontakt haben oder nicht. Liebesleid trifft es vielleicht wirklich am besten.

Im Moment schwanke ich sehr zwischen den Extremen, manchmal bin ich wild entschlossen, in der Realität zu leben, manchmal gehe ich doch wieder ein vor Sehnsucht nach Dir (siehe erste Mail heute morgen). Das erklärt vielleicht auch ein Stück weit, warum ich auch Probleme mit Komplimenten habe. Damals habe ich von Dir wohl wirklich nicht so viele bekommen wie heute. Oder ich habe sie nicht ernst genommen, weil ich ja davon ausgegangen bin, dass ich eine nette Ablenkung bin und nicht mehr. Ich habe Dir auch kaum Komplimente gemacht, weil ich Angst hatte, mich bloß zu stellen oder dass Du mich auslachst, weil die Liebe unterschiedlich verteilt ist. Nachdem wir uns getrennt hatten, fiel es mir auch nicht leicht, Komplimente anzunehmen oder zu verteilen, weil die Liebe schon wieder unterschiedlich verteilt war und sich erst langsam annäherte. Und heute ist die Liebe wohl auch wieder unterschiedlich verteilt. Der Wille, die Familie zu verteidigen, hat seit der Schwangerschaft eine gewisse Eigendynamik bekommen und ist sehr stark ausgeprägt, ich kämpfe gegen die Liebe zu Dir an und habe das Gefühl, dass wir da tatsächlich nicht auf dem gleichen Level sind. Wenn mir das bewusst wird, dann bin ich traurig und frage mich, warum es uns anscheinend nicht mal vergönnt war oder ist, diese Liebe einfach mal ohne Wenn und Aber exzessiv auszuleben, auf gleichem Level. Das ist schon bitter. Zwei Herzen schlagen in meiner Brust...

Jetzt habe ich schon wieder ein schlechtes Gewissen nach diesen ehrlichen Worten. Aber es musste wohl mal raus.

Ich sende Dir trotzdem einen Kuss mit, liebe Grüße

Deine Lena

 

 

11.07.   18:45   Re: Für immer und Dich - Nachtrag

> Das Ende trifft es aber anscheinend nicht: Du rettest mich doch nicht als Prinz aus einem Turm... <

Das wäre eine in meinen Augen voreilige Schlußfolgerung. Ich sehe das nicht so. Im Märchen - und um sowas handelt es sich bei uns ja wohl irgendwie  –, im Märchen ist die Trennung  ja ein ganz wichtiges Element. Zur Selbstfindung, als Prüfung und so weiter. Ohne Trennung keine Weiterentwicklung. Und kein Sichbewußtwerden, was einem der Andere bedeutet. Natürlich ist sie auch dramaturgisches Stilmittel. Sie entbindet den Prinzen hingegen nicht von der Verpflichtung, zur Stelle zu sein, wenn Not am Mann ist und seine Angebetete Hilfe oder Unterstützung braucht. Auf Rettung muß er jederzeit vorbereitet sein und er spürt auch weit weg von der Geliebten, wenn er gebraucht wird. Die Rettung kann dann ganz unerwartet und überrachend kommen :-).

Aber manchmal wird die Trennung noch durch seelische oder körperliche Einschränkungen des Prinzen verlängert und die Rettung erschwert: "Das Leben brachte er davon, aber die Dornen, in die er fiel, zerstachen ihm die Augen. Da irrte er blind im Wald umher, aß nichts als Wurzeln und Beeren und tat nichts als jammern und weinen über den Verlust seiner liebsten Frau. So wanderte er einige Jahre im Elend umher und geriet endlich in die Wüstenei, wo Rapunzel mit den Zwillingen, die sie geboren hatte [wahrscheinlich sind die gar nicht von ihm ...; Anm. SA], einem Knaben und einem Mädchen, kümmerlich lebte. Er vernahm eine Stimme, und sie deuchte ihm so bekannt. Da ging er darauf zu und wie er herankam, erkannte ihn Rapunzel und fiel ihm um den Hals und weinte. Zwei von ihren Tränen aber benetzten seine Augen, da wurden sie wieder klar, und er konnte damit sehen wie sonst. Er führte sie in sein Reich, wo er mit Freude empfangen ward, und sie lebten noch lange glücklich und vergnügt." Lief ich nicht auch einige Jahre blind durch die Welt? Genau gesagt 15 Jahre. Das sind durchaus märchenhafte Dimensionen. Für irgendwas muß das doch gut gewesen sein !?!

 

10.07.   16:24   Gedankenspiele im Sommer

Diese Nacht wäre übrigens eine perfekte gewesen, um sie mit Dir draußen unter dem Sternenhimmel zu erleben .... Und gerade muß ich daran denken, wie gerne ich den heutigen Nachmitag mit Dir auf einer dieser abgelegenen Wiesen mit hohem Gras verbracht hätte, von denen es hier so einige gibt. Vielleicht mit einem halben Glas Wein und etwas Musik, vielleicht auch ganz still. Man hört nur den Sommer, vielleicht auch weit weg das Kreischen der Kinder im Freibad. Natürlich sind wir im Schatten oder Halbschatten, damit Deine zarte weiße Haut keinen Schaden nimmt :-). Denn nackt wärest Du ja vermutlich gewesen. Ich stell mir vor, wie Du dort auf dem Bauch liegst und ich Dich von oben bis unten betrachten kann. Oder wie Du auf dem Rücken liegst und ich Deinen schwangeren Bauch im rechten Winkel als Kopfkissen mißbrauche. Angestrengt in die Tiefe lauschend und Dich aus einer anderen Perspektive wahrnehmend. Oder wie Du auf mir sitzt, ich fasse Deine Hüften ganz fest und sehe Dein Gesicht undeutlich hinter den nach vorne fallenden Haaren vor dem blauen Himmel. Was mich natürlich sehr glücklich macht. Und wenn ich es mir nur deutlich genug vorstelle, ist es fast, als wäre es Wirklichkeit ...

 

09.07.   01:06   Re: Gefühlskram

Meine Liebe,

vielen Dank, daß Du Dir trotz offensichtlich voller Tage noch die Zeit zum Schreiben genommen hast. Es hört sich tatsächlich etwas stressig an. Nach meiner Rechnung bist Du mindestens sechs Wochenenden hintereinander unterwegs. Ich dachte, bei mir ist es schon manchmal zu viel … Andererseits bist Du jetzt ja quasi arbeitslos, da ist sowas vielleicht auch nicht weiter problematisch. Belaste Dich aber bitte nicht auch noch mit aufwändigen Geschenken. Deine Mail am letzten Geburtstag war sowieso das größte Geschenk, das reicht für mehrere Jahre …

Ich hoffe sehr, daß wir uns nächstes Wochenende sehen. Es kann auch Düsseldorf sein, wenn es logistisch für Dich einfacher ist. Ich male hier zwar keine Strichlisten an die Wand oder hacke Kerben in den Schreibtisch, aber so was Ähnliches spielt sich virtuell im Hirn ab … ;-). Nur noch sieben Tage, morgen nur noch sechs Tage ... Ich zumindest habe das Gefühl, daß wir uns unbedingt treffen müssen. Und zwar zur Abwechslung mal möglichst lang. Es gibt noch so viel zu besprechen ... Und ich habe meine Hausaufgaben auch schon weitestgehend erledigt :-). Deine diesbezüglichen Sorgen (Internet etc.) kenne ich natürlich auch; meistens sind sie ja wirklich unbegründet. Über eine späte Ankunft mußt Du Dir keine Gedanken machen, das wäre völlig ok. So früh kann ich ja auch nicht da sein.

Witzigerweise müßte ich eigentlich kurz vor unseren Treffen immer zum Friseur. Jetzt ganz besonders. Die Haare sind unglaublich lang. Ich lasse sie morgen aber nicht schneiden und hoffe, das Schicksal dadurch günstig beeinflussen zu können ;-).

> Im Stress oder irgendwie verstimmt...? <

Ich sag es mal so: Bin derzeit stimmungsmäßig ziemlich labil. Will Dich damit aber nicht weiter belästigen. Es ist eben alles nicht so einfach. Sehr sehr komplex und dynamisch ...

> Wenn ich mich schon aufrege, dass Du mich „abservieren" willst…? ;-) <

So eine groteske Interpretation kann auch nur von Dir kommen. Falscher kann man das wohl nicht beschreiben. Wenn schon, ist es umgekehrt. Ich reagiere ja bloß.

> weil Du erst mal so entschlossen klangst <.

Ja, daß war ich auch. Ich habe sogar Sarah gesagt, daß ich mich von Dir trennen muß. Dachte, dann geht es eventuell einfacher (was sich ja nun aber offensichtlich als eine weitere Fehleinschätzung erwiesen hat). Und wenn ich gerade etwas mies drauf bin, kommt dieser Reflex auch gleich wieder. Wie gesagt, bin emotional gerade etwas labil. Darf hier hoffentlich mit Deinem Verständnis rechnen.

> Erstaunt war ich über die exponentielle Zunahme der Eifersucht <

So erstaunlich finde ich das gar nicht. Exponentiell ist vielleicht übertrieben. Allerdings gibt es in meiner Grafik diesen kurzen exponentiellen Bereich, das stimmt. Es schwächt sich dann aber auf hohem Niveau wieder ab ;-). Die kommende Phase ist dann leider nicht mehr sehr konstruktiv. Nun ja, ich arbeite daran, mich zu kontrollieren und zumindest auf einem halbwegs niedrigen Niveau einzupendeln (Erfolg noch unklar) – eine gute Übung in Reflexion und Selbstbeherrschung. Bringt mich bestimmt weiter in der persönlichen Entwicklung ;-).

> aber ich bekomme auch sofort ein schlechtes Gewissen, dass ich/wir uns ins Unglück  stürze/stürzen und der Selbsterhaltungstrieb vor Kurzschlussreaktionen übernimmt dann sofort wieder etwas das Ruder <

Ja, aber nüchtern betrachtet besteht eigentlich kein Grund zur Panik. Die Hürden sind extrem hoch, wir sind beide gut verbarrikadiert. Diese Festungen können nur sehr schwer eingenommen werden; die meisten Angreifer werden irgendwo zwischen Burgraben und Mauersims verbluten oder mit Pech übergossen … Vielleicht bin ich einer der ganz Wenigen, die es bis in den Burghof geschafft haben und sich sogar in Richtung des inneren Kerns vorkämpfen konnten. Aber spätestens beim Versuch, die privaten Gemächer der Königin zu erobern, werde ich der feindlichen Übermacht hoffnungslos unterlegen sein und ein tragisches Schicksal ist mir gewiss. Man wird mich mit aller Härte bekämpfen und keine Gnade kennen: mindestens geteert und gefedert, anschließend gevierteilt und zur Abschreckung aufgehangen, bis die Geier den Körper skelettiert haben. Das ist der ruhmreiche Heldentod, der mich unausweichlich erwarten würde …

> wobei Du ja schon manchmal komische Dinge schön findest wie zum Beispiel diese komische Frauen-Büste in Deinem Arbeitszimmer… ;-) <

Das ist keine Frauenbüste, Du Ignorantin! Sondern die sehr gelungene und überzeugende Verschmelzung zwischen einem Phallus und einem weiblichen Torso. Das weibliche und männliche Grundprinzip oder so. Die Formen haben tatsächlich bemerkenswert viel Gemeinsames ;-). Von daher kann man sich beim Betrachten wechselseitig mal das eine, mal das andere vorstellen, auch abhängig vom Blickwinkel. Etwas verfremdete Versionen hast Du ja bereits bei EyeEm gesehen. Das einzige Kunstwerk, was ich mir jemals gekauft habe (was sagt das jetzt aus über mich?).

Hier noch der Link zu etwas Lektüre tiefer Einsichten von einer wahrlich würdigen Vertreterin Deines Geschlechts, Lou Andreas-Salomé. Das schaffts Du definitiv nicht dieses Wochenende. Aber die arbeitsfreie Phase kann ja zur persönlichen Weiterbildung genutzt werden. Du kannst Dich jetzt zumindest nicht mehr damit herausreden, daß Du keine Zeit zum Lesen hättest ;-).

Gedanken über das Liebesproblem: www.marschler.at/worte-salome.htm

So, jetzt gehe ich auch schlafen.

Kuß

 

08.07.   21:42   Gefühskram

Lieber Johann,

ich bin hier gerade noch alleine, Linus ist im Bett, daher möchte ich kurz die Zeit nutzen, um vielleicht doch noch eine Antwort zu schaffen.

Warum hattest Du denn nicht mit so einer Antwort gerechnet? Wenn ich mich schon aufrege, dass Du mich „abservieren" willst…? ;-) Da erstaunst Du mich aber auch… ;-) Ich hätte Dir aber auch wirklich zugetraut, dass Du schon weit im Tunnel voran gekommen bist, weil Du erst mal so entschlossen klangst. Erstaunt war ich über die exponentielle Zunahme der Eifersucht, so kam es mir jedenfalls vor. Ich bin nach den Urlaub noch einmal über die kurzen Mails geflogen, ich finde die ja gar nicht so anders als sonst, wenn ich auch nicht viel Zeit habe. Ich dachte mir dann, wie schon mal erwähnt, dass Du Details aus meinem Urlaub wohl wirklich nicht so gut haben kannst und habe deshalb noch weniger vom Tagesinhalt geschrieben, was Dich anscheinend nur noch mehr in Deiner Vision bestärkt hat…

> Aber ich war tatsächlich froh, mal ein paar Tage nicht ständig das Schreiben im Hinterkopf zu haben und mich ohne schlechtes Gewissen auf Anderes konzentrieren zu können.<

Das kann ich sehr gut verstehen, das ging mir wirklich genau so. Und das darfst Du jetzt auch nicht falsch verstehen, ich schreibe Dir nämlich auch sehr sehr gerne, aber manchmal ist es dann einfach extrem anstrengend, alles geregelt zu bekommen und auch das schlechte Gewissen kenne ich, wenn man sich auf anderes konzentriert. So auch heute… Ich frage mich immer noch, ob Du auch einfach keine Zeit hattest oder ob Du verstimmt sein könntest, weil ich wieder einmal eher kurz gehaltene Mails geschickt habe und dann auch noch angekündigt habe, dass ich am WE nicht viel Zeit zum Schreiben habe… Versuche mir dir ganze Zeit zu sagen, dass das aber doch jetzt Quatsch ist...

> Aber nicht falsch verstehen: ich schreibe Dir sehr sehr gerne, doch manchmal ist es einfach zu viel. Dann kommt dieses Ich-habe-mein-Leben-nicht-mehr-im-Griff  → Alles-wird-den-Bach-runtergehen-Gefühl auf. Emotionaler Overkill. Das ich mich verrenne. In´s Unglück stürze oder wie auch immer. Nicht weiß, wohin mit Allem. <

Und genau da endet es dann nämlich… Gerade habe ich auch das Gefühl, im emotionalen Overkill gelandet zu sein. Und dabei bin ich diese Woche einfach nur froh gewesen, wenn ich an Deinem Geschenk etwas weiterkomme, Dir ein paar nette Zeilen schreibe, meine alltäglichen Dinge nebenbei einigermaßen geschafft bekomme, ohne danach direkt ins Bett fallen zu wollen und vielleicht setzt auch schon das kognitive Defizit ein, dass Schwangere ja angeblich irgendwann dann bekommen, wer weiss. Kurz: Mir fällt diese Woche alles ziemlich schwer. Und klarer sehe ich natürlich auch nicht, wenn ich gerade dabei bin, ein WE mit Dir zu planen, das sich zu allem Überfluss auch noch als recht trickreiches Unterfangen rausstellt…

Gerade habe ich auch das Gefühl, wie ein Hippie nur im Hier und Jetzt zu leben, scheint gerade das Beste zu sein.

> Ich würde mich ja am liebsten einfach zu Dir bekennen und auf nichts mehr Rücksicht nehmen. Aber glücklicherweise hält uns ja beide ein gewisser Selbsterhaltungstrieb von Kurzschlußreaktionen ab ... <

Wenn Du das schreibst, fühle ich mich natürlich erst mal geschmeichelt, aber ich bekomme auch sofort ein schlechtes Gewissen, dass ich/wir uns ins Unglück stürze/stürzen und der Selbsterhaltungstrieb vor Kurzschlussreaktionen übernimmt dann sofort wieder etwas das Ruder. Ich dachte dann zum Beispiel, dass es besser sei, nicht direkt überschwängliche oder zu nette Mails dazu zu schreiben...

> Ich brauche anscheinend länger, um mich mit der neuen Situation (die inzwischen ja nicht mehr so neu ist) auseinanderzusetzen und mir im Klaren darüber zu sein, wie ich es finden und darauf reagieren soll. <

Ich glaube mittlerweile, dass das hier so komplex ist, dass es ständig im Fluss ist und es wahnsinnig schwer ist, eine Meinung zu bekommen, wie man es finden und darauf reagieren soll…

Einen Vespa-Tripp mit Dir habe ich mir übrigens lustigerweise auch schon vorgestellt. Nachdem Du geschrieben hattest, dass Du das mal auf Mallorca gemacht hast. Wohnungsmäßig könnte ich mir vorstellen, dass wir da einen gemütlichen Konsens schaffen würden, wobei Du ja schon manchmal komische Dinge schön findest wie zum Beispiel diese komische Frauen-Büste in Deinem Arbeitszimmer… ;-).

Was das nächste Wochenende angeht: Ich werde Freitag Abend erst frühestens gegen 18 Uhr loskommen. Dann muss ich auch noch das Auto bekommen, weil Dattenfeld nicht wirklich gut liegt, um mit dem Zug dorthin zu kommen. Dann wäre ich nämlich erst gegen 22:30 Uhr dort. Vielleicht kann ich angeben, dass es dort in diesem Hotel eine Fortbildung gibt und die Seminarteilnehmer dort exklusiv übernachten dürfen. Aber bei so etwas intimen habe ich bisher noch nie teilgenommen und außerdem habe ich etwas Angst, dass man dazu ja nichts im Internet findet, wenn man etwas dazu recherchiert… Vielleicht bin ich paranoid, vielleicht ist die Sorge aber auch berechtigt. Naja, ich überlege weiter. Heute Abend kann ich das auch nicht klären, bin ja alleine hier und jetzt kann ich nicht mehr. Deshalb gehe jetzt ganz untypisch für mich ins Bett. Gute Nacht.

Über das WE sind wir bei Freunden, so dass da wirklich nicht viel Zeit zum Schreiben sein wird.

Gruß und Kuss

Deine Lena

 

 

07.07.   17:53   Knapp verpasst

Liebchen,

ich bin ganz bedrückt. Wir haben da etwas Wichtiges verpasst. Wußtest Du, daß gestern der internationale Tag des Kusses war? Habe es gerade erfahren. Und wir konnten es nicht machen. Internationaler Tag des verpassten Kusses sozusagen. Sehr schlecht. Und so knapp daneben.

Laut Guinness-Buch der Rekorde fand der längste Kuss der Welt vom 6. Juli zum 7. Juli 2005 in London zwischen James Belshaw und Sophia Severin statt und dauerte 31 Stunden, 30 Minuten und 30 Sekunden. Ob das noch Spaß macht? Zwei Drittel aller Menschen drehen beim Küssen ihren Kopf nach rechts (ich auch). Und ein Mensch verbringt in 70 Lebensjahren im Schnitt mehr als 76 Tage mit Küssen (wir kämen sicher auf mehr. Wenn nicht immer so lange Pausen dazwischen liegen würden. Mal Monate, mal Jahre ...).

Hier noch mehr zum Thema:

www.zeit.de/zeit-magazin/leben/2014-06/sexkolumne-kuessen-beziehungen-ulrich-clement?utm _content=zeitde_redpost_link_sf&utm_campaign=ref&utm_source=facebook&utm_medium=social&utm_term=facebook_zonaudev_int&wt_zmc=sm.int.zonaudev.facebook.ref.zeitde.redpost.link.sf

Kuß (natürlich)

 

07.07.   06:14   Re: WE

... oder Du möchtest einfach einmal allein sein, brauchst Zeit für Dich ... Wenn das nicht überzeugt, kannst Du anführen, daß Dir alles zu stressig wird. Du bist schließlich schwanger, da ist frau doch nicht so belastbar und schnell überfordert mit zu viel Rummel. Neben dem Programm dann noch Freizeitstress, Rumfahren oder gar Verwandte besuchen? Eigentlich geht das nicht. Und Ihr seid ja schon das ganze nächste Wochenende unterwegs. Etwas Ruhe würde Dir da wirklich gut tun :-). Und jetzt noch eine Dir genehme, gemütliche und günstige Unterkunft zu finden, dürfte sich als vollkommen aussichtslos erweisen ...

Ich träumte heute Nacht übrigens ganz sicher wieder von Dir, was nach den aufwühlenden Minuten vor dem Schlaf auch nicht verwundern kann. Leider ist fast alles weg. Ich habe nur noch die quasi Schlußszene vor Augen, wo eine Art Stimme aus dem off verkündete, daß Ihr beide Euch vor Jahren in einem Sumpf gefunden habt. Dabei blickte ich auf eine unübersichtliche, vegetationsreiche Flußlandschaft in trübem Zwielicht. Natürlich mit etwas gemischten Gefühlen. Dann wachte ich auf. Wohl von einer Erektion oder vollen Blase oder beidem. Wobei die Erektion nichts mit sexueller Erregung zu tun hatte. Es scheint da eine merkwürdige und physiologisch eigentlich vollkommen unsinnige Verschaltung zwischem vesikulärem Füllungszustand und genitaler Stimulation zu geben. Was besonders absurd ist, da die Miktion und damit notwendige Entlastung dadurch ja erheblich behindert wird. Ein Teufelskreis ...

So, jetzt frühstücke ich aber mal lieber, bevor es hier zu intim wird ;-). Ich wünsche Dir einen wunderschönen Tag mit viel Inspiration für überzeugende, unschlagbare Argumente ... (falls meine obige Vorarbeit nicht ausreichen sollte).

Und küsse Dich virtuell ganz wild.

Dein Prinz

 

05.07.   19:14   Re: Gefühlskram

Meine Liebe,

jetzt bin ich doch schon wieder am Schreiben … Also, wenn hier jemand jemanden ausknockt, dann bist Du das ja wohl. Wie kann man eine Sendepause einhalten, wenn man solche Briefe bekommt? Ich kann es jedenfalls nicht. Mit Deiner Reaktion am Donnerstag hattest Du mir bereits den ersten Schlag versetzt, der meine Strategie ins Wanken brachte; die Nachricht gestern war dann das definitive K.O. Ich ergebe mich ;-). Sofort.

Es war eine ganz bezaubernde Mail. Sie hat mich umgehauen, ja ganz verwirrt. Damit hatte ich mal wieder nicht gerechnet. Obwohl ich doch wissen sollte, daß man bei Dir auf Überraschungen jederzeit gefasst sein muß. Habe mir die Zeilen immer wieder durchgelesen. Und wenn ich nicht schon vorher im Tunnel gelebt hätte, wäre ich sofort wieder darin verschwunden ;-). Wann bekommt man schon mal so einen süßen Liebesbrief? Und ich muß allem zustimmen. Ich empfinde es genauso. Ja, ich will Dich auch! Sehr sogar. So so sehr! Für immer und Dich. Deshalb auch das Lied. Diese CD liegt seit zig Jahren im Wagen und ich hab sie ab und zu mal aufgelegt. Ohne etwas Besonderes damit zu verbinden. Aber als ich sie dann auf der Rückfahrt vom Zelten (das gar kein Zelten war) während der Sendepause mehr oder weniger zufällig rausgekramt hatte und dem Song Nummer 12 lauschte, mußte ich sofort an Dich denken und das war´s dann mit dem unbekümmerten Hören. Und als ich das Video sah (das Du jetzt ja leider nicht kennst), konnte ich mir uns Beide so gut vorstellen, wie wir die Straße lang rennen, um so schnell wie möglich in´s Bett zu kommen :-).

Ich hatte am Donnerstag wirklich das Gefühl, dies sei der beste Zeitpunkt für das Trennen, da ich frustriert war und Du Dich zurückgezogen zu haben schienst. Jetzt oder nie. So eine Gelegenheit kommt so schnell nicht wieder. Und weil ich schon wochenlang daran dachte, kam es mir wie ein Zeichen vor. Klar wußte ich, daß Du im Urlaub nicht immer schreiben kannst, aber es war irgendwie anders als früher oder die Tage davor. Natürlich wußte ich, daß ich mich nicht so einfach von Dir trennen kann. Aber ich wollte es zumindest versuchen. Auch um zu sehen, wie es sich anfühlt. Geht es gut oder schlecht? Bin ich ruhig, gelassen dabei oder verzweifelt. Ich wollte herausfinden, wie lange ich es aushalte. Wir hatten solche Sendepausen am Anfang ja ein paar Mal, aber es hat nie lange gehalten. Ich konnte es aber nicht wirklich erfahren, weil von vornerein klar war, daß das jetzt nicht die radikale und definitive Trennung einleiten wird und ich auch zu viel von anderen Aktivitäten abgelenkt war. Dafür ist noch viel zu viel nicht gesagt … Und Du wolltest mir ja auch noch schreiben ...

Trotzdem hat es auch mir ganz gut getan. Leider viel zu kurz ;-). Abgesehen davon, daß ich am Wochenende mangels Empfang sowieso nicht viel hätte senden können. Aber ich war tatsächlich froh, mal ein paar Tage nicht ständig das Schreiben im Hinterkopf zu haben und mich ohne schlechtes Gewissen auf Anderes konzentrieren zu können. Ein bißchen wie Urlaub. Dachte eigentlich auch, diese spezielle Art von Ferien noch etwas fortzusetzen ;-).  Aber nicht falsch verstehen: ich schreibe Dir sehr sehr gerne, doch manchmal ist es einfach zu viel. Dann kommt dieses Ich-habe-mein-Leben-nicht-mehr-im-Griff  → Alles-wird-den-Bach-runtergehen-Gefühl auf. Emotionaler Overkill. Das ich mich verrenne. In´s Unglück stürze oder wie auch immer. Nicht weiß, wohin mit Allem. Etwas Abstand ist manchmal wirklich gut, man sieht klarer. Jetzt habe ich dieses Projekt erstmal aufgegeben. Ohne das Gefühl, wirklich klarer zu sehen ... Außer natürlich der Gewißheit, daß ich schon ziemlich verrückt nach Dir bin. Das ahnte ich aber auch vorher schon des öfteren; also keine wirklich neue Erkenntnis ;-).

Nein, das stimmt nicht ganz. Ich weiß jetzt, daß ich vorerst aufgebe. Ich werde mich nicht mehr wehren. Ich kann mich derzeit einfach nicht von Dir trennen. Ich bin so verliebt in Dich, daß es manchmal richtig weh tut. Es wäre nicht der richtige Zeitpunkt. Ich akzeptiere das jetzt. Und wenn es dann in einigen Monaten oder mit dem Erscheinen des neuen Kindes zu Ende gehen sollte, dann ist es eben so. Das ist für mich dann zwar eine ziemlich blöde Situation, aber ich riskiere es einfach, weil mir die Alternativen höchst abschreckend erscheinen.

Ich will ja auch nicht kindisch sein. Das ständige Dagegen-Ankämpfen ist anstrengend und bringt letztlich nicht viel. Ich würde mich ja am liebsten einfach zu Dir bekennen und auf nichts mehr Rücksicht nehmen. Aber glücklicherweise hält uns ja beide ein gewisser Selbsterhaltungstrieb von Kurzschlußreaktionen ab ... Wir sollten die Zukunft vielleicht wirklich wie die Hippie-Idealisten ignorieren und nur im Hier und Jetzt leben – und abwarten, was kommt. Wenn ich merke, daß Du Dich von mir zurückziehst, kann ich den Schritt immer noch gehen. Wir bilden uns ja zumindest ein, daß wir in dieser Beziehung vollkommen freie Wesen sind ;-).

Selbstverständlich bin ich noch immer in dem Tunnel, denn der ist ziemlich lang. So schnell kommt man da nicht raus. Und natürlich bin ich noch bei Dir. Wie sollte es anders sein nach ein paar Tagen? Der Weg von Dir weg ist anstrengend und sehr beschwerlich, voll von Hindernissen. Man braucht viel Kraft, um ihm erfolgreich zu folgen und nicht immer wieder zurückgezogen zu werden. Das war mir nicht klar, als ich den Dschungel hin zu Dir durchschritt. Das man da schwer wieder raus kommt. Es schien so gefahrlos und leicht. Noch habe ich die Kraft nicht. Schon gar nicht in meinem Alter, wo die Energie nachlässt ;-). Es ist wirklich ein ewiges Hin- und Hergerissensein. Ich brauche anscheinend etwas länger, um mich mit der neuen Situation (die inzwischen ja nicht mehr so neu ist) auseinanderzusetzen und mir im Klaren darüber zu sein, wie ich es finden und darauf reagieren soll. Aber es wäre wohl eine Illusion zu glauben, daß ich mir jemals ein abschließendes Urteil bilden könnte. Alles ist im Fluß und wird im Fluß bleiben, wie unsere Beziehung zueinander insgesamt. Sich jetzt damit abzufinden ist kein Garant, daß ich nicht zukünftig von Eifersucht oder Wut oder was auch immer geplagt sein werde. Eifersüchtig auf das neue Kind, Deinen Mann, Dein ganzes anderes Leben. Aber ich bekomme mich dann auch wieder unter Kontrolle, wohl wissend, wie albern das letztlich ist. Allerdings: wenn wir unsere grundsätzliche Lebenssituation nicht ändern wollen und auch keine Trennung anstreben, wird es ja doch so etwas, wie ich es in meiner visionären Erleuchtung vorauswünschte ...

Ich hatte während der letzten Monate übrigens auch immer wieder an Situationen gedacht, die ich gerne mal mit Dir gemeinsam erlebt hätte. Wie wäre dies und jenes gewesen? So wie das Paar in dem Video. Im Cabrio (oder noch besser: mit einer Vespa) durch die Gegend fahren. Im Bett liegen und Dir bei irgendwas zuschauen. Wie Du durch´s Zimmer läufst. Konzentriert einer Tätigkeit nachgehst. Dann könnte ich ab und zu aufspringen und Dich etwas in den Nacken beißen. Zum Beispiel. Oder gemeinsamer Urlaub. Warum fällt mir bei Dir spontan immer Island ein? Wo Du doch so eine Frostbeule bist. Oder eine gemeinsame Wohnung. Als wir hier Anfang 2015 einzogen, war natürlich erstmal alles fremd und ich habe der alten, so schönen Bleibe hinterhergetrauert. Jetzt, nach eineinhalb Jahren, ist es definitv wieder unsere Wohnung. Unverwechselbar. Gemütlich, ein bißchen chaotisch, aber definitiv schön und zum Wohlfühlen. Ich wüßte gerne, wie unsere Wohnung aussehen würde. Bestimmt auch ziemlich nett :-). Oder wie es ist, mit Dir einfach einen perfekten Tag zu verbringen (perfekte Nächte hatten wir ja schon einige):

www.youtube.com/watch?v=QYEC4TZsy-Y

Kuß, Dein Prinz

 

04.07.   17:10   Re: Gefühlskram

Meine Liebe,

vielen Dank für diese sehr sehr liebe Mail, die mich selbstverständlich sehr sehr gefreut hat. Ich kann da heute nicht drauf antworten, nur soviel: natürlich können wir uns vom 15.-17.7. treffen. Natürlich will ich das. Ich muß nur am Samstag Vormittag Lisa zu einem Reiterhof kutschieren, sonst müßte ich verfügbar sein. Diesen Song habe ich gestern mehrere Male auf der Rückfahrt vom Campen gehört:

https://www.youtube.com/watch?v=Q_0yaRVLeJ8

LG Dein Johann

 

04.07.   15:06   Gefühskram

Mein lieber, geliebter Johann,

ich sitze hier schon etwas länger vor dem Rechner und starre auf die Tastatur, versuche mich zu sortieren. Alles, was mir durch den Kopf schwirrt, reicht, um Dir eine sehr lange Mail zu schreiben. Aber es sind so viele Wörter, auch die vielen von Dir aus den letzten Tagen, die ich gerade noch einmal ganz in Ruhe gelesen habe, die mir alle durch den Kopf schwirren, dass ich nicht weiss, wo ich anfangen soll und schon Angst habe, nicht die richtigen Sätze zu finden und wirres Zeug zu schreiben.

Ich fühle mich immer noch etwas ausgeknockt, diese Entwicklung kam für mich rasant schnell, auch wenn ich im Nachhinein langsam verstehe, wie es wohl dazu gekommen ist. Es war keine gute Konstellation, dass ich zwei Wochen Familienurlaub gemacht habe, in diesem Urlaub Geburtstag hatte und Du Dich währenddessen extrem viel mit uns durch dieses famose, zeitintensive und wahrscheinlich emotional intensive Geschenk beschäftigt hast. Habe eben nur ein paar Seiten gelesen vom Anfang und ich war direkt ganz schön fertig.

Natürlich ist das hier alles keine gute Konstellation; ich weiss, dass es so eigentlich nicht weitergehen kann. Aber ich war noch überhaupt nicht soweit, das zu akzeptieren oder mir das ansatzweise vorstellen zu können. Ich war während des Urlaubs so oft in Gedanken bei Dir.

Ich kann Dich auf der einen Seite gut verstehen, wenn Du schreibst, dass Du nun an einem Punkt bist, an dem Du so nicht mehr weitermachen kannst und willst und Du diesen Schritt nun aus Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit gehst. Das kenne ich gut… Auf der anderen Seite bin ich so froh und glücklich, Dich ein Stück weit wieder gefunden zu haben, dass ich Dich nicht schon wieder ein zweites Mal verlieren will und Dich nicht einfach ziehen lassen will. Aber diesmal habe ich das Gefühl, dass ich Dich nicht zu sehr bedrängen sollte oder darf, weil es keine echte Zukunftsperspektive gibt und weil ich gerade den Hauptgrund dafür liefere.

Die letzen bald 11 Monate waren so eine intensive, spannende und beglückende Zeit für mich, ich danke Dir sehr dafür! Am Anfang habe ich noch versucht, alle diese Gefühle nicht wieder hoch kommen zu lassen, trotzdem hüpfte mein Herz jedes Mal, wenn ich eine Mail von Dir im Posteingang entdeckte. Und das wurde im Laufe der Zeit immer heftiger, bis ich aufgegeben habe, mich dagegen zu wehren und mich schon wieder dieser unbeschreiblichen Anziehungskraft beugen musste. Du weisst im Moment wahrscheinlich mehr von mir als die allermeisten anderen und auch ich bin so dankbar, dass ich wieder in Deine Welt eintauchen durfte, dass Du mich daran hast teilhaben lassen. Ich möchte da gar nicht raus. Es hat mich bisher glücklich gemacht, so viel aus Deinem Alltag mitzubekommen, auch wenn die familiären Dinge natürlich auch in mir die Eifersucht wecken. (Ich hätte zum Beispiel auch gerne mal mit Dir eine Party organisiert, mit allem was dazu gehört, auch mit dem ganzen Orga-Stress vorweg. Ich hätte Dich gerne gesehen, wie Du die Lampen auf den letzten Drücker anbringst und dabei einiges schief geht… ;-) Aber das alles haben wir natürlich nicht zusammen, das würde sich auch absehbar nicht ändern, denke ich. Selbst wenn ich nicht schwanger wäre, würden wir unsere Familien nicht verlassen, oder?) Ich war selig damit, zu wissen, was Du gerade so tust, auch wenn es nichts Spektakuläres war. Fotos, Lieder, Impressionen des Tages, Gedanken - all diese Dinge machen mich glücklich und geben mir das Gefühl, zumindest ein ganz kleines bisschen in Deiner Welt sein zu dürfen und daran in einer gewissen Form teilhaben zu dürfen. Ich habe mich in letzter Zeit auch fast nur noch mit Dir beschäftigt, was ganz schön schlauchen kann, das muss ich Dir wohl nicht erzählen. Die Sendepause am Wochenende hat mir ehrlich gesagt trotz allem ganz gut getan, weil es auch eine Verschnaufpause war. Ich stehe seit Monaten unter Strom, alles dreht sich um Dich und nebenbei versuche ich, mein „anderes“ Leben im Griff zu haben. Ich war immer auf der Suche nach neuen Liedern, Texte und Musik schwirrten mir im Kopf etc. Selbst heute, als ich eben durch unsere sonnendurchflutete Straße ging und die Blumen am Rand mich etwas glücklich machten, dachte ich, dass ich jetzt ein Foto davon machen und Dir schicken müsste, damit ich diesen schönen Moment mit Dir teilen kann. Auch am Wochenende gab es immer wieder Dinge, die für mich ein Anlass gewesen wären, Dir zu schreiben. Außerdem hätte ich Dich gerne gefragt, ob das Zelten nun stattgefunden hat, ob es geregnet hat, ob ihr das Fußballspiel schauen konntet, ob Du im Auto geschlafen hast, ob es schön war. Ich hätte Dir fast einfach einen Link zu einem Artikel über ein Treffen von Bulli-Fans geschickt. Aber zum Glück ist es mir dann noch gedämmert, dass ich das wohl nicht tun sollte…

Ich kann mir ein Leben ohne Dich und Deine Mails im Moment überhaupt nicht vorstellen.

Ich hätte nicht gedacht, dass so etwas Intensives auch möglich ist, wenn man sich hauptsächlich nur schreibt. Aber es funktioniert. Du bist mein Vertrauter, Ratschlaggeber, Tröster, Geliebter und noch viel mehr geworden. Eigentlich noch viel mehr, als es damals vor 16/17 Jahren der Fall war. Ich würde gerne mit Dir viel mehr Zeit verbringen, mit Dir lachen, reden, diskutieren, Dich foppen, Dich küssen, Dich streicheln, mit Dir schlafen, mit Dir einfach nur im Bett liegen und Dich ganz fest drücken oder anschauen… Ich habe genau so wie Du das Gefühl, dass wir irgendwie ein bisschen oder auch ein bisschen mehr zusammen gehören, leider liefern wir aber wohl ganz guten Stoff für ein Drama in mehreren Akten ab. :-(

Das hier wird nicht meine letzte Mail gewesen sein (soll keine Drohung sein..). Ich habe mir vorgenommen, Dir auch noch etwas ausführlicher von meiner Liebe zu Dir zu erzählen. Und ich sage es hier jetzt einfach mal: ich will Dich! Ich brauche Dich! Komm zurück zu mir! Ich liebe Dich! Aber natürlich weiss ich, dass das eigentlich töricht ist und ich das nicht laut sagen darf…

Ich habe keine Ahnung, auf welchem Weg Du Dich gerade befindest. Meine Befürchtung ist, dass Du die Sendepause genutzt hast und  Dich schon auf die Reise durch den Tunnel zurück begeben hast. Ich dagegen habe immer noch große Lust, Dich an dem Wochenende 15.-17.7. zu treffen, allerdings habe ich mich schon auch gefragt, ob das unter diesen Umständen noch Sinn macht. Bist Du bis dahin nicht eh schon gedanklich auf einem anderen Weg, weg von mir? Wenn Du trotzdem noch Lust dazu hast, lass es mich bitte wissen! Am liebsten würde ich Dich dann ja ehrlich gesagt von Freitag bis Sonntag treffen, damit man wenigstens den ganzen Samstag hat und nicht nur eine „kurze Nacht“, die nicht ausreicht für was auch immer… Am liebsten würde ich noch einmal ein Appartement wie in Berlin mit Dir teilen - nur mit Dir, d.h. in einer Stadt, wo ich nicht andere Freunde zwischendurch besuchen müsste… (Organisatorisch bzw. ausredetechnisch könnte das aber natürlich ziemlich viel sein, wenn es sich um zwei Nächte handelt.)

In Liebe

Deine Lena