14.06.   11.13   Re: 18.6.

Hallo Liebchen,

ich kann das gut verstehen, denn ich fühle mich ja auch oft schlecht und unfähig. Und das ist in den let-zten Jahren sicherlich nicht besser geworden. Aber natürlich bist Du nicht schlecht und unfähig, sondern das genaue Gegenteil. Aber Du hast eben sehr hohe Ansprüche an alles, und das macht sich dann unter der Mehrfachbelastung sicher besonders deutlich bemerkbar. Das kann aber nicht allein an mir liegen: ich habe die letzte Woche wenig von Dir gehört, in den letzten Tagen hast Du Dich kaum gemeldet bis auf ein paar Kurznachrichten, die man schnell verfasst hat. Wir telefonieren nicht, wir skypen nicht; Dein zeitlicher Aufwand mich betreffend hält sich somit derzeit doch in Grenzen - zumindest was die direkte kommunikative Ebene angeht. Ich habe das Gefühl, daß Du Dich schon sehr nach den Wünschen der Kinder richtest und immer Angst hast, Ihnen nicht gerecht zu werden - wie Du ja insgesamt oft denkst, den tatsächlichen oder vermeintlichen Ansprüchen Deines Umfeldes nicht gerecht zu werden. Von daher ist das mit den Kindern nichts völlig Neues, sondern hat schon mit dem Grundcharakter zu tun, denke ich mal. Wenn Michael einen Halbtagsjob hätte und sich den halben Tag und mehr um die Kinder kümmern könnte: wärst Du dann beruhigt oder hättest Du immer noch ein schlechtes Gefühl, weil Du es nicht selbst bist, die sich kümmert, Du diesen Anspruch als Mutter aber hast. Vielleicht kann man durch eine optimierte Organisation noch ein bißchen was reißen, aber dem Spagat zwischen Beruf, Kindern / Familie und Zeit für sich selbst kann man nicht entkommen. Es bleibt immer zu wenig Zeit für alles. Ich nehme das bei mir besonders im Beruf wahr, wo ich auch versuchen muß, in allen Bereichen einigermaßen zu performen, und dabei kann man dann nichts richtig toll machen, sondern deckt alles nur mittelmäßig ab. Das empfinde ich auch als sehr unbefriedigend.

Da Du früher da bist, kannst Du Julian doch anrufen. Vielleicht kommt er dann etwas früher :-)

14.06.   09.46   Re: 18.6.

> Was ist los? < Mich überfordert gerade alles. Ich habe das Gefühl, dass ich gerade hauptsächlich mit der Organisation meines Doppellebens beschäftigt bin, was mich so beansprucht, dass ich weder für meine Kin-der mental wirklich erreichbar bin (ich bin genau die Mutter, die ich nie sein wollte - geistig oft abwesend, weil sie über dem Handy oder Laptop hängt...), noch schaffe ich es, Dir in Ruhe zu antworten oder genug Zeit zu haben. Ich schaffe das, was ich unbedingt schaffen muss und mehr nicht. Fühle mich fertig und müde. Das ist ein Dauerzustand. Denke, dass ich sowieso ständig alles falsch mache und zu nichts nutze.

Am Freitag Morgen wollte ich zum Beispiel mit Linus Schuhe kaufen gehen. Aber er war träge und sah nicht so recht die Notwendigkeit. Da ich eigentlich immer nach Möglichkeiten suche, Dir zu schreiben oder irgendwas zu organisieren wegen des Treffens oder des Konzerts, war ich auch erst mal dankbar, dass er lieber ein Hörspiel hören wollte. Dann hat Alex noch angerufen und der Vormittag neigte sich dem Ende zu. Linus hatte immer noch keine Lust, aber mir ist dann plötzlich aufgefallen, dass es schon sehr sinnvoll gewesen wäre, sich darum zu kümmern, da es sonst ja nur noch nachmittags mit Insa im Schlepptau geht in nächster Zeit. Da bin ich dann etwas sauer geworden, dass er überhaupt nicht mitmacht, obwohl ich doch genauso halbherzig dabei war und es demnach schon auch ziemlich an mir lag, dass wir es dann nicht mehr geschafft haben. Aber ich habe ihm das Gefühl gegeben, dass es seine Schuld ist. Ich kam mir deshalb ziemlich schlecht vor, als mir das aufgefallen ist.

Den restlichen Tag war ich damit beschäftigt, Insa abzuholen, Linus zu einer Verabredung zu bringen, im Anschluss mit Insa Schuhe kaufen zu gehen und Linus dann mit ihr wieder abzuholen.

Ich ziehe mich ständig raus, wenn es darum geht, für die Kinder da zu sein. Ich mache das, was eben gemacht werden muss, aber wenn es darum geht, mit ihnen Quality Time zu haben, lasse ich sie alleine spielen oder Hörspiel hören, damit ich was für mich machen kann. Insa vertröste ich so oft, wenn ich mit ihr playmobil spielen soll oder ihr was vorlesen soll. Ich komme mir total schlecht dabei vor. Es geht doch eigentlich eh viel zu schnell, dass die Kinder einen nicht mehr dabei haben wollen... Im Moment bin ich bei Insa ziemlich angemeldet. Sie lehnt es oft ab, dass ich etwas für sie mache und will nur ihren Papa. Solche Phasen gibt es immer, ich weiß. Aber es trifft mich gerade hart mit all meinen Gedanken, die ich sowieso schon dazu habe. Es bestätigt dann Dir mich, dass ich mich ins Aus katapultiere.

Ich glaube, abgesehen von meiner speziellen Situation, habe ich aber schon das Problem, dass ich ständig denke, dass ich zu schlecht bin. Wenn ich was für mich mache, fühle ich mich schlecht. Wenn ich ständig alles mit den Kindern machen, habe ich keine Zeit, um Sachen zu erledigen oder überlasse die Kinder sich selbst, weil ich irgendwann genervt bin. Ich finde keine goldene Mitte, um mit allem klar zu kommen. Die Tendenz habe ich wahrscheinlich eh in mir. Aber da ich ständig in dieser Zwischenwelt lebe, habe ich wohl ständig das Gefühl, keinem gerecht zu werden. Im Moment lähmt mich das bei jeder meiner Aktion. Ich komme mir unfähig und lahm vor, brauche für alles viel länger.

Und dann bleibt immer nur ein Gedanke übrig: Ich bin schlecht und unfähig.

05.06.   18.20   Re: Vexations

Hallo Liebchen,

danke für Dein lange Antwort. Du hast ja wie immer mit (fast) allem recht, was Du sagst. Ich weiß doch auch, wie kompliziert die Situation ist und wie schwer es ist, Entscheidungen zu treffen. Ich weiß es vor allem deshalb, weil es bei mir doch ganz genauso ist. Ich stelle mir diese Optionen und ihre Folgen, von denen Du sprichst, doch auch andauernd vor. Ich weiß, daß eine Trennung für mich auch die Hölle wäre - aus vielen, und größtenteils den gleichen - Gründen wie bei Dir. Über das Kinderthema haben wir schon öfters gesprochen. Selbstverständlich würde ich niemals erwarten, ja es auf gar keinen Fall wollen, daß Du Abstand zu Deinen Kindern hältst - das wäre überhaupt keine akzeptable Option für mich. Und ich glaube auch, daß man Lösungen finden kann, wenn man möchte. Auch wenn ich es bin, der dieses Thema immer wieder anspricht, bedeutet es nicht, daß dieser Schritt mir leichter fallen wird als Dir. Ich glaube es zumindest nicht. Ich finde allerdings, daß es so auch irgendwie die Hölle ist. Vielleicht nicht so direkt spürbar, weil man anscheinend bei den Parallelbeziehungen nichts wirklich und abrupt verliert, nichts aufgeben muß. Aber es ist ein schleichender Zermürbungs-, Entfremdungs- und Erschöpfungs-prozeß, ein emotionale Dauerbelastung, die mich richtig depressiv macht. Was bedeutet, daß man irgen-dwann mal eine Lösung finden muß. Ich glaube nicht, daß ich das jahrelang weiter aushalten kann. Aber da drehen wir uns natürlich wieder im Kreis, weil wir über all das schon zig mal und detailliert gespro-chen haben ...

> Ich kann mir daher auch gar nicht gut vorstellen, dass es in einer Beziehung öfters mal kracht .... <  Das klingt jetzt so dramatisch. Überlege mal, wie oft wir uns in den letzten knapp fünf Jahren schon in irgend-einer Art und Weise gestritten haben bzw. aneinandergeraten sind, uns über den Anderen geärgert und geschmollt haben etc. So selten ist das gar nicht vorgekommen. Und meistens war dann kurz darauf wie-der alles in Ordnung - zumindest wenn wir uns physisch getroffen haben. Und vor zwanzig Jahrne war es glaube ich ähnlich ... ;-). Du kennst das also sehr wohl. Die Gründe für diese Streitereien oder Mißstim-mungen lagen aber gerade nicht am Zusammenleben oder Zusammensein, sondern dem Gegenteil davon - sie sind durch die permanente Trennung und die damit verbundenen Mißverständnisse und emotionalen Belastungen entstanden. Ich bin doch eigentlich auch ein eher konfliktscheuer und nicht unbedingt streitsüchtiger Mensch, sondern gehe Auseinandersetzungen durchaus gerne aus dem Weg - nicht in jeder Situation allerdings. Und ich kann auch mal richtig wütend werden, das stimmt. Finde ich aber nicht dramatisch. Ich glaube, ich habe mich in meinem ganzen Leben - auch als Kind oder Jugend-licher - nie oder fast niemals richtig geprügelt mit Jemandem. Ich finde es jedenfalls nicht schlimm, wenn gewisse Spannungen - sollten sie überhaupt bestehen - oder ein anderer Standpunkt auch mal zu etwas emotionaleren Reaktionen führt. Solange man nicht bösartig ist dabei, wenn man kompromißbereit ist und normale Umgangsformen besitzt, hat das keine negativen Konsequenzen. Aber ob man überhaupt aneinandergerät, hat natürlich sehr vom Charakter der Beteiligen ab. Sarah ist zum Beispiel ein Typ, der in bestimmten Situationen durchaus mal impulsiver reagiert, und dann kann es halt krachen, wenn ich gerade  selber in etwas gereizter oder sonstwie unpassender Stimmung bin. Aber wie Du siehst, war das jahrzehntelang kein Problem, weil wir damit umgehen können, nicht nachtragend sind und daraus nie ein tagelanges Schmollen resultiert.

> Wenn Du dann auch noch im Sinne von „ich muss mich auch mal verwirklichen“ einen längeren Thailand-Urlaub planen würdest ... <; > dass ich es nett fände, wenn Du nicht jeden Nachmittag ein Stündchen alleine auf Deiner Wiese liegen wolltest, … <  I ch glaube eigentlich nicht, daß das berechtigte Befürchtungen sind. Ich finde es ok, eigentlich sogar gut, wenn man ab und zu mal was alleine machen darf. Ich merke, daß es mir manchmal gut tut, alleine zu sein und etwas Zeit für mich zu haben. Ich kann nicht immer von morgens bis abends in Gesellschaft sein und mich immer auf Andere einstellen müssen. Ich denke aber eigentlich, daß das normal ist und den meisten Leuten so geht. Das bedeutet aber doch nicht, daß ich gnadenlos meine Wünsche durchsetze und dabei auf Niemanden Rücksicht nehme. Ich liege auch nicht jeden Tag ein Stündchen allein auf einer Wiese rum oder verwirkliche mich anderweitig selbst, sondern habe das gerade ein paar Mal hintereinander getan, weil so schönes Wetter war - und weil ich dabei so schön an Dich denken kann :-). Da hast Du vielleicht einen falschen Eindruck bekommen ;-). Ich mache das aber auch gerne zu zweit oder mit Familie - in den letzten Wochen bin ich zum Beispiel auch mehrmals mit Diana im Kottenforst geradelt oder habe mit ihr auf einer Wiese rumgehangen. Aber meistens klappt das eben zur passenden Uhrzeit nicht - und die Kinder haben auf sowas sowieso keine Lust. Den Thailand-Trip kannst Du natürlich als rücksichtslos und egoistisch betrachten, und es wird mir schwer fallen, diese Meinung zu entkräften. Aber alles hat bestimmte Ursachen und hängt mit der konkreten Situation zusammen, die sich nicht einfach wiederholt. Meine Familie vernachlässige ich vor allem aus einem Grund - und das bist Du. Natürlich ist das auch sehr rücksichtslos und egoistisch. Und Du bist es in dieser Hinsicht eben auch - obwohl Du es sonst vielleicht nicht bist und nicht sein möchtest. Was auch wieder bedeutet, daß Rücksichtslosigkeit sehr kontextgebunden ist und nicht immer eine Grundeigenschaft der Persönlichkeit sein muß.

So, jetzt radel ich mal heim, bevor der nächste Regenschauer naht.

05.06.   17.22   Re: Vexations

Hallo mein Lieber,

ich habe wirklich keinen Schlachtplan, ich bin kein kühl berechnendes Wesen. Ich habe nur sehr viele Sorgen wegen meiner allgemeinen Situation. Ich plane auch keine Urlaube vorsätzlich einfach immer weiter. Ich bin eh nicht der Urlaubsplaner in unserer Familie. Ich mache aber einfach mit, das stimmt. Weil ich mir gar nicht anders zu helfen weiß. Auf der anderen Seite machst Du doch auch jedes Jahr Urlaubspläne mit Deiner Familie und sagst ihr nicht, dass Du keine Lust auf einen gemeinsamen Urlaub hast. Bei euch bist Du doch sogar oft der Motor für die Urlaubsplanungen, schien mir so.

Findest Du es nicht irgendwie komisch, wenn Du Dir vorstellst, dass Deine Kinder nach einer Trennung vielleicht erst mal nicht mehr mit Dir reden wollen und Du sie vielleicht auch nur noch jedes zweite Wochenende sehen könntest? Mir setzt das weiterhin so sehr zu, dass es mich lähmt. Ich stelle mir es weiterhin bei einer Trennung so vor, dass wir erst mal weiter in Münster und Bonn wohnen werden, uns dann am Wochenende sehen und das alles doch wahrscheinlich sehr belastend sein wird. Ich kann mir nicht gut vorstellen, dass ich meine Kinder nicht nur mit einer Trennung konfrontiere und belaste, die für sie erst mal eine komplette Umkrempelung ihres Lebens bedeuten dürfte, sondern dann auch noch direkt in eine andere Stadt verpflanzen würde. Das finde ich dann auch Michael gegenüber unfair, da er dann kaum noch eine Chance hätte, die Kinder mehr als zwei Mal im Monat zu sehen. Und ich kann mir gut vorstellen, dass das die Hölle für ihn wäre. Oder er dann auch versucht, alles zu unternehmen, um die Kinder zu behalten. Ich wiederum kann mir kaum vorstellen, dass ich ohne meine Kinder in eine andere Stadt ziehe und sie nur alle zwei Wochenenden sehe. Das sind schon gravierende Dinge für mich, die es mir verdammt schwer machen. Ist Dir so etwas wirklich nicht so wichtig, macht Dir das keine Sorgen? Jedes Zusammenkommen ist ein Experiment, das schief gehen kann. Ich hätte deutlich weniger Hemmungen, es auszuprobieren, wenn da eben nicht so ein Rattenschwanz dran hängen würde. Daher habe ich so große Probleme damit.

Du sagst immer, dass Du Dir schon gut vorstellen kannst, welche Probleme ich mit kleineren Kindern habe. Aber selbst wenn wir zusammen wohnen würden, glaube ich, dass ich doch hauptsächlich die Probleme hätte. Ich müsste mir eine Arbeit suchen, wo es für mich möglich wäre, später anzufangen, damit ich die Kinder morgens fertig machen könnte. Du wirst öfters beruflich bedingt weg sein. Ich stelle es mir dann so vor, dass ich ziemlich am rotieren wäre, wenn ich denn überhaupt eine passende Stelle für so etwas fände… Wenn Du dann auch noch im Sinne von „ich muss mich auch mal verwirklichen“ einen längeren Thailand-Urlaub planen würdest, dann würde ich wohl heulend zusammenbrechen...

> Hat Dein Mann denn gar keine Ticks und blöden Angewohnheiten? … <  > Es könnte natürlich sein, daß Du ein ausgesprochenes Harmoniebedürfnis hast ... <  Das sind jetzt Dinge, bei denen es mir schwer fällt, darüber was zu sagen. Aber ich muss dazu jetzt wohl mal was schreiben, wenn Du so konkret fragst. Es ist in der Tat so, dass ich in den letzten 20 Jahren so sozialisiert worden bin. Michael hat natürlich auch Ticks und es gibt Dinge, die mich nerven. Aber es ist sehr schwer, sich mit ihm zu streiten. Selbst, wenn ich es darauf anlege, ist es schwer, das zu erreichen. Er ist ein absolut friedliebender, umgänglicher und rücksichtsvoller Typ. Was manchmal auch nicht der beste Weg ist und ich schon mal als durchaus anstrengend empfinde. Wir haben allerdings in vielen Punkten ähnliche Einstellungen, so dass es auch nicht schwer ist, ohne große Reibereien miteinander klar zu kommen. Ich kenne es also nicht anders und empfinde das auch als sehr angenehm. Ich kann mir daher auch gar nicht gut vorstellen, dass es in einer Beziehung öfters mal kracht und kurz darauf alles wieder in Ordnung sein soll. Es macht mir deshalb durchaus Angst, wenn ich mir vorstelle, dass es öfters mal zu Reibereien käme, weil ich gar nicht weiß, wie ich damit umgehen soll und weil ich es eigentlich auch gar nicht erstrebenswert finde, dass ein Paar öfters mal ganz andere Ansichten haben und sich aneinander reiben muss. Ich habe wirklich ein sehr ausgeprägtes Harmoniebedürfnis und bekomme bei einem heftigeren Streit tatsächlich schon Beklemmungen und frage mich, ob das nun das Ende ist. Was ja eigentlich lächerlich ist. Das könnte aber einfach daran liegen, dass ich es auch nie anders kennengelernt habe.

Da Michael so ein friedliebender und umgänglicher Typ ist und sehr umtriebig ist, um Kontakte am Laufen zu halten, habe ich auch das Gefühl, dass eben alle ihn sehr mögen und mich meiden würden, wenn ich die Trennung einläuten würde. Meine Zukunftsvision ist, dass die meisten Freunde wohl eher ihn als mich weiter integrieren würden und ich kaum noch Freunde hätte. Im Grunde halte ich ihn oft für den besseren, breiter gebildeten, verträglicheren Menschen und fühle mich im Vergleich schlechter.

Es hat nichts damit zu tun, dass ich diesen jetzigen Zustand als Dauerlösung toll finde. Ich fühle mich in einer absoluten Zwickmühle. Meine Gefühle sind bei Dir und ich merke immer wieder, dass ich mich hier immer weiter entferne, je länger dieser Zustand dauert. Aber ich habe schon sehr große Angst davor, mal egoistisch zu sein und dieses funktionierende Gefüge zum Einsturz zu bringen. Also mache ich hier alles mit und fühle mich auch schlecht. Ich denke so oft darüber nach, wie es jetzt wohl wäre, wenn ich mich trenne und weiß nicht, wie ich es anstellen sollte.

Ich habe schon etwas Angst davor, mich mit Dir öfters reiben zu müssen, vielleicht darüber zu diskutieren, dass ich es nett fände, wenn Du nicht jeden Nachmittag ein Stündchen alleine auf Deiner Wiese liegen wolltest, sondern stattdessen die Zeit lieber mit mir und Familie verbringen würdest, weil ich es schon toll finde, wenn alle zusammen sind und ich deshalb auch eigentlich nicht so oft Alleingänge brauche. Ich kann es nicht gut einschätzen, ob Du einfach diese Freiheit für Dich brauchst oder Du das dann auch mit mir bzw Familie machen würdest, wenn wir eben zusammen wären. Ich fände es schön, wenn ich Nicht besorgt wäre, dass Du vielleicht gut trennen kannst zwischen fester Beziehung mit der geliebten Frau und einer flüchtigen, nicht weiter wichtigen körperlichen Liebelei oder so. Ich weiß, was Du für mich alles tust. Aber trotzdem sitzen diese Ängste tief. Ich hoffe sehr, dass Dich diese Ausführungen jetzt nicht wieder total kränken. Aber das sind durchaus Dinge, die mich immer wieder umtrei-ben.

Ich habe also keine Lösung für das Problem, wie man eine Trennung anstellen soll, wenn man Angst vor einem Neuanfang hat. Das ist ja mein Hauptproblem. Daher bewege ich mich ja nicht. Altbewährtes beibehalten, obwohl man mit den Gefühlen ganz woanders ist, weil man zu ängstlich ist. Oder einfach mal egoistisch sein und unbekümmert, ohne Sorge vor einem auf-die-Nase-Fallen im schlimmsten Fall. Darin war ich nur noch nie besonders gut. Das lässt mich in Schockstarre verharren. Ich weiß, dass das auch scheiße ist.

> Aber da bist Du nicht weiter drauf angesprungen. ... <  Mir kommt das gerade leider überhaupt nicht bekannt vor, dass Du das vorgeschlagen hast. Mit welchem Ziel denn? Ich habe das dann wohl eher für einen Witz gehalten, da wir ja extra die Gemeinsamkeiten-Liste gemacht haben, weil ich meinte, dass wir eher unterschiedlich sind. Böse sollte das jedenfalls nicht gemeint sein, dass ich nicht darauf angesprun-gen bin.

> Du hast mich vor ein paar Tagen ja schon darauf aufmerksam gemacht, … <  Mein Kommentar hat Dich verärgert?! So war das gar nicht gemeint. Du hattest mir mindestens drei mal im Prinzip das gleiche Motiv geschickt und ich war mir nicht sicher, was Du mir damit sagen wolltest. Du hast mich nicht damit gelangweilt. Es war nur eine unsichere Reaktion, weil ich dachte, dass Du mir ständig mit diesem Bild signalisieren wolltest, dass Du an Vermehrung denkst. Mit meinem Zyklus passte es ja sogar auch etwas und ich wollte nicht total plumpe fragen, ob Du das wirklich so meinst, sondern dachte, dass ich auf eine Erklärung deinerseits warte, indem ich nur so einen süffisanten Satz dazu schreibe. Das war mal wieder so ein typischer Fall, dass Du mir umkommentiert etwas schickst und ich raten darf, was Du nun konkret damit meinst, wenn Du es mir gleich drei Mal schickst.

04.06.   19.26   Re: Vexations

Hallo Liebchen,

ich muß gestehen, daß ich Deine diesbezügliche Einstellung oder Befürchtungen schon ziemlich frustrie­rend und auch ein bißchen beleidigend mir gegenüber finde. Ich weiß gar nicht recht, was ich aus diesen deprimierenden Kommentaren nun schlußfolgern soll.

> Ich kann mir schon vorstellen, dass besondere Umstände Gefühle intensivieren oder nicht zum Abflauen bringen. Deshalb habe ich wahrscheinlich immer Sorge, ... < Du erwartest also, daß in unserer Beziehung auch beim richtigen Zusammenleben alles so intensiv bleibt wie immer, andernfalls lohnt es sich für Dich nicht und Du wärst enttäuscht? Nach dem Motto: dann kannst Du ja gleich bei Deinem Mann bleiben; wofür ein Tausch, wenn dann nicht permanent Wolke 7 dabei rauskommt? Wenn Du solche Hürden auf­baust, sag doch gleich, daß Du nicht willst - denn das kommt ungefähr auf´s Gleiche raus. Aber vielleicht verdeutlicht das auch mal einen der möglichen Gründe, warum Du an einem richtigen Zusammenleben mit mir eigentlich gar nicht interessiert bist: Du willst unsere Beziehung in einem Zustand erhalten, in dem es immer besonders intensivund emotional aufgeladen zugeht, denn anderfalls macht es für Dich keinen Sinn. Eine normale Beziehung hast Du ja schon - von mir profitierst Du nur, wenn Du irgendetwas Außergewöhnliches bekommst, was Du sonst nicht hast. Und das geht natürlich nicht, wenn man den Alltag miteinander teilt. Da ist es für Dich viel praktischer, die bewährte Alltagsbeziehung mit Deinem Mann fortzuführen - da weißt Du ja, daß alles klappt, alles eingespielt ist, alles harmonisch ist, Dich alle toll finden, so wie Du bist, die Freunde nicht komisch gucken etc. - und unsere Beziehung durch perma­nente Verknappung im Zustand der Überreiztheit zu konservieren. Wenn das so ist, wäre es ein toller Schlachtplan, meine Liebe.

> Ich kann mir schon vorstellen, dass es einfach erst beim ständigen Zusammensein dazu kommt, dass einem Dinge am anderen auffallen, die auf Dauer zu Reibereien führen könnten. ... < Natürlich mag das so sein. Kann ich mir auch vorstellen. Solche Themen scheinen Dich vor zwanzig Jahren allerdings noch nicht beschäftigt zu haben. Ich kann mich jedenfalls nicht erinnern, daß Du große Sorgen hattest, wir könnten unbekannte und schlimme Macken haben oder uns in Gegenwart Anderer peinlich sein und sollten deshalb einfach mal prophylaktisch nicht zusammensein.Hat Dein Mann denn gar keine Ticks und blöden Angewohnheiten? Nichts, was einen stören könnte? Keine Anlässe für Reiberein? Immer pflegeleicht? Dann hättest Du ja wirklich einen Volltreffer gelandet. Aber Du konntest ihn anscheind auch lange genug prüfen, um die volle Alltags- und Langzeitbeziehungsfähigkeit zu attestieren, die Du bei mir anscheinend sicherheitshalber erstmal in Frage stellst. Ich frage mich tatsächlich mal wieder, warum Du Dir da den Stress mit mir antust, wo Du doch schon den richtigen Match gefunden hast. Es scheint wohl primär um das Wolke-7-Gefühl zu gehen, daß man in einer Daueralltagsbeziehung natürlich nicht so haben, daß man sich aber mit einem Teilzeitlover noch ergänzend ins Leben holen kann.Welche Lösung schlägst Du für dieses Problem denn vor? Wenn Du uns gar keine Chance gibst, mal richtig zusammenzuleben, ist es ja schwierig, das zu prüfen, oder?

> Je intensiver etwas ist, desto schlimmer kann man es doch finden, wenn man sich an etwas gewöhnt und dieses Heftige abnimmt. < Ist das nicht bei den meisten Beziehungen so? Und ist das wirklich so schlimm? Es gibt allerdings verschiedene Möglichkeiten, das zu vermeiden oder hinauszuzögern. Bei Bedarf kann ich ins Detail gehen ;-).

> Vielleicht findest Du mich da dann total albern und es ist Dir peinlich, welche Witze ich reiße oder wie ich mit verhalte… <  Natürlich kann es sein, daß ich Dich eigentlich völlig doof finde und das bisher nur nicht mitbekommen habe. Das ist sicher ein Risiko, daß ich chronisch unterschätze und nicht richtig wahrzunehmen gewillt bin. Du vernebelst mich zu sehr und verhinderst klares Denken, sobald wir zusammen sind. 1:0 für Dich ;-).Und umgekehrt ist das ja auch möglich. Da habe ich noch gar nicht aus­reichend drüber nachgedacht, aber natürlich könnte ich Dir auch peinlich sein in Gegenwart Anderer. Bei meinen vielen Macken - von denen Du einige sogar kennst oderdie ich Dir freiwllig gestanden habe ... In Anbetracht solcher Befürchtungen ist es schon vernünftig, wenn wir unsere Interaktion auf Hotelzim­merbegegnungen beschränken. Dabei muß man sich nicht mit der Lebenswelt des Anderen auseinan­dersetzen, nutzt den Anderen spezifisch für die Eigenschaften, die man an ihm schätzt bzw. für die er sich exklusiv qualifiziert hat und braucht so keine Überraschungen oder Unannehmlichkeiten in Kauf zu nehmen. Äußerst praktisch, wenn man sich das mal vergegenwärtigt. In einer solch pragmatischen Her­angehensweise bist Du mir doch immer ein paar Schritte voraus ;-).

> Diese Frage verstehe ich jetzt nicht. < Ich habe natürlich von der Kennenlernphase gesprochen, alles andere macht doch keinen Sinn.

> Ich kann mir schon vorstellen, dass es einfach erst beim ständigen Zusammensein dazu kommt, dass einem Dinge am anderen auffallen, die auf Dauer zu Reibereien führen könnten. <  Natürlich. Siehe oben. Aber das Umgekehrte gibt es auch haufenweise: das Menschen in den ersten Wochen des ständigen Zusammenseins denken, sie wären füreinander geschaffen und würden sich perfekt verstehen und ergänzen, um dann nach ein paar Jahren zu merken, daß es doch nicht passt oder nicht reicht. Es gibt eben verschiedene Wege, das Zusammenpassen zu prüfen, und keines dieser Verfahren sagt einem alles über den Anderen, jeder Weg ist unvollständig. Unser Weg ist einer von mehreren Möglichen. Erst wenn man kurz vor Tod ist oder sich definitiv wieder getrennt hat, weiß man wirklich Bescheid. Aber was willst Du damit sagen? Wenn Du meinst, daß man erst dann zusammenleben sollte, wenn man es schon vorher eine Zeit lang probiert hat, Du es aber nicht probieren willst, heißt das doch nichts anderes, als das Duuns überhaupt keine Chance geben willst. Du vernagelst den Weg mit einer Vielzahl unerfüllbarer Forderungen oder Voraussetzungen.

> Letztendlich bleibt bei mir aber schon auch das Gefühl des Neids. … <  Diese Art von Neid kenne ich auch sehr gut. Mir geht es doch genauso, mir bleibt auch so Manches verwehrt, weil Du nicht willst. Du möchtest DeinenUrlaub lieber mit Deinem Mann verbringen. Alles andere wäre ja auch ein zu großes Risiko, denn eventuell würden wir uns dann doch nicht so gut verstehen wie das bei Dir und Michael zu sein scheint - wer weiß. Oder es wäre nicht so aufregend, wie Du es Dir erhofft hast - welche Enttäu­schung (Du hast mich vor ein paar Tagen ja schon darauf aufmerksam gemacht, daß ich Dir ein Foto zum zweiten Mal geschickt habe und Dich so mit Wiederholungen langweile. Sowas kann schnell passieren ...). Kann ich gut verstehen. Never change a winning team. So hast Du mal wieder den nächsten Som­merurlaub mit Deinem Mann geplant, planst vielleicht schon den kommenden Herstburlaub. Und dann im Herbst den nächsten Osterurlaub, im Winter den Sommerurlaub 2021. Und immer so weiter. Du ziehst Dein Ding konsequent und unerbittlich durch, als gäbe es mich überhaupt nicht. Wie Du Dich ja insgesamt bemühst, mich so gut wie möglich von Deinem analogen Leben fernzuhalten.

> Als wir in Windeck waren, habe ich morgens etwas Ironisches zum Gastwirt gesagt, was Du anschei­nend total daneben fandest. < Ich weiß nicht, wovon Du sprichts - Du scheinst mein Gedächtnis für Nich­tigkeiten wieder zu überschätzen ;-).

Es könnte natürlich sein, daß Du ein ausgesprochenes Harmoniebedürfnis hast und es nicht erträgst, wenn man sich mal streitet oder unterschiedlicher Meinung ist, oder auch mal verschiedene Stand­punkte und Sichtweisen einnimmt. Vielleicht bist Du da in den letzten zwanzig Jahren anders sozialisiert worden als ich. Das könnte dann tatsächlich ein Problem sein. Ich hatte ja schon vor langer Zeit angeregt, daß wir nach der Liste der Gemeinsamkeiten mal eine zweite Liste mit den Unterschieden anlegen. Aber da bist Du nicht weiter drauf angesprungen. Möglicherweise sollten wir das doch mal in Angriff nehmen. Zumindest, wenn Du meinst, daß sich der Aufwand noch lohnt.

03.06.   14.56   Re: Fotos von Constanze

Hallo mein Lieber,

Danke für die Fotos. Ich habe sie bisher ganz gut verkraftet. Bin sogar eigentlich ganz froh, dass ich sie nun mal gesehen habe. Leider habe ich sie ja kurz vor meinen Nachtdiensten bekommen, so dass ich mich gar nicht so richtig damit auseinandersetzen konnte. Vielleicht war das aber auch ganz gut so, wer weiß.

Ich glaube, ich bin tatsächlich irgendwie etwas beruhigt, weil sie mir gezeigt haben, dass Constanze ein ganz normaler Mensch ist und kein überhöhtes Ideal. Und natürlich hast Du eigentlich auch recht, dass sie nichts dafür konnte. Letztendlich bleibt bei mir aber schon auch das Gefühl des Neids. Sie durfte ganz offiziell an Deiner Seite sein. Ihr habt ausgedehnte Urlaube miteinander verbracht. Alles Dinge, die ich damals auch gerne mit Dir gehabt hätte, die mir aber verwehrt blieben, weil es sie gab…

Ich weiß gerade nicht so genau, was ich darüber denken soll. Ich bin leider durch meine Nachtdienste irgendwie etwas aus dem normalen Leben gekegelt worden. Ich bin immer noch ziemlich übermüdet und fühle mich abgehetzt (mal wieder), weil ich nicht so recht zum Denken und Antworten komme.

03.06.   14.12   Re: Vexations

> Wenn ich wegen unkontrolliertem täglichen Eiskonsum langsam verfette, ... < Wenn Du kein Ticket mehr für‘s Freibad bekommst und stattdessen Eis isst, dann hat das doch nichts mit mir zu tun... (Ich kann doch auch nicht an allem schuld sein!) ;-)

> Warst Du denn mit Michael länger als ein paar Tage ununterbrochen zusammen und … <  Diese Frage verstehe ich jetzt nicht. Ich habe ihn doch nicht kurz nach dem Kennenlernen geheiratet und habe daher natürlich vorher mit ihm mehrere Tage ununterbrochen zusammen verbracht…  Hast nicht Du sogar mal gesagt, dass man ja im ersten gemeinsamen Urlaub dann sehen könnte, ob man klar kommt, weil man da dann ununterbrochen zusammen ist?

> Glaubst Du tatsächlich, daß Du einen Menschen besser kennen und einschätzen kannst, .. <  Es wundert mich schon, dass wir das anscheinend sehr unterschiedlich einschätzen oder dass Du das so extrem abwegig findest. Ich kann mir schon vorstellen, dass es einfach erst beim ständigen Zusammensein dazu kommt, dass einem Dinge am anderen auffallen, die auf Dauer zu Reibereien führen könnten. Irgendwelche Ticks des einen, die der andere einfach noch nicht so stark wahrnehmen konnte, weil man eben nicht ständig zusammen gelebt hat. Oder die man nicht so schlimm findet, solange man nicht zusammen wohnt oder zumindest am gleichen Ort wohnt, so dass man oft zusammen ist, sondern sich nur sporadisch sieht. Ich finde das überhaupt nicht so abwegig. Und ich meinte das noch nicht mal ganz speziell auf uns gemünzt, sondern eher allgemein. Es gibt ja auch genug Probleme bei Paaren, wenn sie in Rente gehen und plötzlich aufeinander hocken. Das geht doch auch in die gleich Richtung.

Aber ich habe gerade mal darüber nachgedacht, warum ich eigentlich diese Skepsis habe, dass es bestimmt Probleme geben wird. Ich glaube, dass das wahrscheinlich hauptsächlich auf meine pessimistische Grundhaltung zurückzuführen ist. Ich denke wohl immer direkt, dass ich mit so etwas Intensivem bestimmt auf die Nase fallen muss. Dass das gar nicht gut gehen kann. Dazu passt auch der Text aus Wolke 4 ganz gut: "Ich war da schon ein Mal/Bin zu tief gefallen/Lieber Wolke Vier mit dir als unten wieder ganz allein“ . Oder aber auch der Kommentar der Scheidungsanwältin, dass die innigsten Beziehungen dann besonders heftige, böse Reaktionen bei einer Trennung hervorrufen. (Okay, es muss ja nicht zu einer Trennung kommen… gibt es dazu Statistiken?) Einer Amour fou wird doch im Endeffekt auch unterstellt, dass sie nur so intensiv ist, weil die Umstände so besonders sind und das dann die Gefühle hoch hält. Ich kann mir schon vorstellen, dass besondere Umstände Gefühle intensivieren oder nicht zum Abflauen bringen. Deshalb habe ich wahrscheinlich immer Sorge, dass Gefühle eben einfach nicht auf diesem hohen Level zu halten sind, wenn man plötzlich ständig zusammen sein kann. Es setzt eine Gewöhnung ein und vielleicht ist das dann total enttäuschend, wenn es vorher so außergewöhnlich war. Je intensiver etwas ist, desto schlimmer kann man es doch finden, wenn man sich an etwas gewöhnt und dieses Heftige abnimmt.

Unsere Fernbeziehung ist ja auch keine normale Fernbeziehung. Du kennst meine Freunde nicht, ich kenne Deine nicht. Ich war mal kurz mit bei Deinem Bruder, aber sonst weißt Du doch gar nicht, wie ich mich unter anderen so aufführe. Vielleicht findest Du mich da dann total albern und es ist Dir peinlich, welche Witze ich reiße oder wie ich mit verhalte… wer weiß… ;-) Vielleicht sind meine Ansichten gar nicht kompatibel zu denen Deiner Freunde und Du bist froh, wenn ich nicht ständig dabei bin, weil ich  immer gegen irgendetwas bin und auffalle...

Als wir in Windeck waren, habe ich morgens etwas Ironisches zum Gastwirt gesagt, was Du anscheinend total daneben fandest. Jedenfalls hast Du mich da halb entsetzt, halb böse angeschaut. Dein Gesicht in der Situation hat sich bei mir eingebrannt... Ich finde den Witz immer noch nicht so schlimm und würde so etwas wahrscheinlich jederzeit wieder machen. Vielleicht bist Du dann ganz schnell von so etwas angenervt und es ist Dir unangenehm, mit mir in Verbindung gebracht zu werden…

02.06.   17.04   Re: Vexations

> Kein Frust-Essen betreiben < Das liegt in Deinen Händen (oder anderen Körperteilen ...). Wenn ich wegen unkontrolliertem täglichen Eiskonsum langsam verfette, ist es jedenfalls Deine Schuld ;-).

> da gibt es auch gar keine Probleme mehr, ...< Wenn man Dich so anhört, müßte man denken, daß Du Dich im Leben niemals auf Jemanden eingelassen hast, weil Du Dir ja nie völlig sicher sein kannst, daß alles perfekt läuft ... ;-). Wenn Du mehr Prüfung haben willst, als wir sie in den letzten Jahren hatten, müßtest Du eigentlich konsequent Solo geblieben sein ...

> Außer vielleicht, dass wir noch nie länger als ein paar Tage ununterbrochen zusammen waren… <  Das ist ja oft so. Und wenn sich Paare trennen und neu zusammenfinden (Wahlverwandtschaften ...), gibt es vorher doch eigentlich nie die Chance, mit dem oder der Auserwählten erstmal lange unverbindlich und auf Probe zusammenzuleben, um alle Risiken auszuschließen. Außerdem kann man sich auch manchmal erst auf die Nerven gehen, nachdem man jahrelang zusammengelebt hat. Absolute Sicherheit gibt es einfach nicht. Warst Du denn mit Michael länger als ein paar Tage ununterbrochen zusammen und hast ihn einer umfassenden Prüfung in allen denkbaren Situationen unterworfen, bevor Du ihm das Ja-Wort gegeben hast (Dich entschieden oder zumindest zugestimmt hast)? Aber mal abgesehen davon, daß es immer schiefgehen kann (wir könnten zum Beispiel auch zusammenziehen und kurze Zeit später stirbt einer von uns ganz plötzlich und unerwartet - wie doof wäre das denn ...), frage ich mich schon, an was für Probleme Du dabei denn konkret denkst? Irgendetwas mußt Du dabei doch im Kopf haben, wenn Du daraus so eine große Sache machst. Was für Sollbruchstellen fallen Dir ein? Glaubst Du tatsächlich, daß Du einen Menschen besser kennen und einschätzen kannst, wenn Du mit ihm mehr als ein paar Tage ununterbrochen zusammenbist, als bei einer Fernbeziehung über knapp fünf Jahre mit allen Stressoren? Das halte ich zumindest für einen Irrtum. Selbst wenn man sich auf Anhieb toll versteht und drei Wochen am Stück in fortwährender Hochstimmung und perfekter Harmonie miteinander verlebt , kann es nach zwei Jahren zu Ende sein. Ich glaube, daß unsere Prüfung die Anspruchsvollere und Belastbarere ist/war.

Du bist wirklich eine harte Nuß ...

30.05.   14.15   Fotos von Constanze

> Ich war gerade schon wieder kurz davor, Dir zu sagen, dass Du mir jetzt einfach mal ein Foto von Constanze schicken sollst. < Ich glaube, wir sollten diese Geschichte irgendwie zu einem Abschluß bringen. Es zumindest versuchen, nach zwanzig Jahren. Ich schicke Dir jetzt einfach mal ein paar Bilder und Du kann-nst dann entscheiden, ob und ggf. wann Du sie Dir ansehen willst oder nicht. Die meisten stammen von unserem langen Griechenlandurlaub (müßte 1997 gewesen sein; wir sind tatsächlich mit der Ente von Köln aus dorthin, durchs Land und wieder zurück nach Köln gefahren ...), das Letzte ist von der Domini-kanischen Republik. Habe ich mit dazugetan, weil ich da noch so eine lustige kleine Brille trug ;-). Wichtig für Dich zu wissen ist, daß alle diese Bilder entstanden sind, bevor wir uns kennengelernt haben. Und ich habe nur die Netten ausgewählt, nicht die, auf denen Constanze schmollt oder böse guckt - was auch nicht selten vorkam ;-). Sie ist ein ganz normaler Mensch - und sieht halt recht südländisch aus. Und kann wirk-lich nichts für all das - sie hat eher darunter gelitten, daß ich oft nicht so wollte wie sie - oder umgekehrt. Und daran, daß ich manchmal ein ziemlich stumpfer Trottel war - aber das weißt Du ja selber ;-). Letztlich hatte ich für sie nicht so starke Gefühle wie sie für mich. Und unsere Charaktere waren vermutlich langfristig nicht kompatibel genug, was zu beiderseitigen Erschöpfungszuständen führte. Und manchmal - leider - lange Telefonate zur Folge hatte. Das war bei Dir schon sehr anders. Abgesehen vierlleicht von Tina am Anfang, war ich von keiner Frau so geflasht wie von Dir. Und das hat bis jetzt angehalten. Fast sechs Jahre also schon - wenn wir die Dornröschenphase mal abziehen ;-). Also versuche bitte, Dir des-halb nicht so viele Gedanken zu machen, die in eine bestimmte Richtung gehen. So war es nicht. Aber sie gehört natürlich zu meiner Biographie dazu, von daher ist es eigentlich ok, wenn Du auch weißt, wie sie aussah, finde ich. Was man von einem Menschen allein durch den äußeren Anblick erfährt, ist sicher sehr unterschiedlich und schwer zu beurteilen. Es ist ein flüchtiger Eindruck, mehr wohl nicht.

Ich wünschte, wir hätten uns heute treffen können - ich vermisse Dich so sehr!

29.05.   20.18   Heiraten

Ich verbrachte heute Nachmittag noch ein Stündchen auf einer meiner Lieblingswiesen und las etwas in den hundert einsamen Jahren. Doch merkwürdigerweise ging es in dem Abschnitt des Buches, der heute anstand (Seite 104 ff), ausschließlich (!) ums Heiraten. (...). Diese unwahrscheinlich vielen Zufälle immer wieder - manchmal finde ich das schon etwas unheimlich ... Auf Seite 122 wurde es mir dann doch zu viel; bis auf Weiteres pausiere ich erstmal mit dieser Lektüre ... ;-). 🖤

29.05.   13.14   das Übliche

Ich habe gerade so große Lust, mit Dir zu schlafen. Auf Orgasmus-Küsse und Anfassen. Es ist mal wieder ganz schlimm – daran ändert nicht mal ein Hochzeitstag was ;-). Bin den ganzen Tag schon kribbelig. Gestern war es aber auch so. Und vorgestern eigentlich auch … Das Bedürfnis nimmt kontinuierlich zu :-(. Wenn ich auf den Kalender schaue, verwundert das ja eigentlich auch nicht ... Ich glaube, wenn ich komplett dement wäre und keine Ahnung hätte, wann wir uns das letzte Mal gesehen bzw. angetatscht haben, könnte ich die seit dem letzten Treffen vergangene Zeit allein anhand meines körperlichen Zustandes und all der vielfältigen Entzugserscheinungen ungefähr einschätzen. Demnach müßte es jetzt fast vierzehn lange Tage her sein :-(. Und siehe da – es stimmt recht genau mit dem tatsächlichen Datum überein: es war vor 12 Tagen. Und ein Ende der Abstinenz ist noch nicht in Sicht. OMG. Aber vielleicht sehe ich nun etwas Licht am Ende des Tunnels dank einer ausgefallenen Kitafahrt … (hoffentlich überlegen die es sich nicht noch anders). :-*

28.05.   23.15    Re: Trennungs- und Hochzeitsjubiläum

PS

Du hast mit (fast) allem Recht, was Du geschrieben hast; ich muß nichts korrigieren oder richtig stellen oder widersprechen oder mich empören ;-). Deshalb nur ein paar Ergänzungen:

> Du betrügst mich ja dann auch seit Jahren mit Deiner Frau, ... <   Ja, natürlich. Unser Glück, daß wir so schön gleichberechtigt sind ;-). Trotzdem habe ich das Gefühl, daß mir das alles mehr zu schaffen macht, denn ich möchte diese Situation andauernd ändern, weil ich es so schlimm finde, während Du Dich lieber nicht bewegst. Kann ich natürlich auch verstehen, weil es mir ja oft ähnlich geht. Ich hätte lieber zuerst eine Entscheidung, und dann Gedanken zum detaillierten Schlachtplan einer Umsetzung.

> Man könnte so weitermachen, mit dem Partner zusammen bleiben, ohne dass es schlimm ist. <  So ist das wohl. Wenn Du nicht den Fehler begangen hättest, mir eine Mail zu schreiben, würde ich über all sowas heute wahrscheinlich auch nicht nachdenken, sondern hätte eine friedliches Leben ;-). Es ist halt anders gekommen – aber ich sage nicht „leider“.

> Ich habe mich im Übrigen auch letztens sehr erschrocken, als ich mir klar gemacht habe, dass ich fast die Hälfte meiner Ehe meinen Mann betrüge. < Daran merkt man tatsächlich ganz gut, wie lange das schon geht. Fast ein halbes Jahrzehnt klingt beeindruckend. Oder erschreckend – je nachdem. Ich finde vor allem beeindruckend, daß wir das so lange durchgehalten haben – trotz absolut widriger Umstände. Fünf Jahre sind eine lange Zeit. Wenn ich daran denke, wie weit Deine erste Mail schon zurückliegt, die ganze Zeit. Ich weiß noch so viel von diesen Monaten und der ganzen Stimmung. Doch seit dem ist so viel passiert.

> Manchmal frage ich mich, warum ich nicht schon längst durchgedreht bin. <  Ich habe manchmal das Gefühl, diesem Zustand schon sehr nahe zu sein. Ich denke dann sogar, daß ich irgendwie depressiv bin – eigentlich gar nicht so meine Art. Wenn es bei Dir mal wieder schlimm ist, ruf mich an.

> Und manchmal erschrecke ich mich, wie ähnlich es doch vielleicht läuft damals und heute - nur in vertauschten Rollen. <  Das ist mir ja schon oft aufgefallen. Wirklich verrückt. Ironie des Schicksals. Es ist allerdings nicht ganz korrekt, weil ich auch Angst vor einer ungewissen Zukunft habe und Panik, anderen Menschen Leid zuzufügen, meiner Verantwortung nicht gerecht zu werden, meine Frau sitzen zu lassen – also einfach ein großes Arsch zu sein. Diese Vorstellung bedrückt mich ganz genauso. Ich bin also defini-tiv nicht in Deiner Rolle im Jahr 2000, die keine Sorgen vor einem Experiment haben mußte. Ich übernehme Deine damalige Rolle nur insofern, als ich denke, daß wir uns entscheiden müssen und Dir klarzumachen versuche, daß Du Dich doch mal für uns entscheiden solltest, so wie Du das damals von mir wolltest.

> Wenn Du mir lapidar nebenbei berichtest, dass Du mit Sukanya … <  Ja, entschuldige. Da war ich wohl etwas unsensibel. Habe ich dann auch gemerkt. Manchmal ist meine Desensibilisierungstherapie zu brutal. Ich vergesse dann, daß Du nicht weißt, wie harmlos diese Konversation ist, sondern Dir unnötig Gedanken machst. Vielleicht kann ich mich bessern.

> Wahrscheinlich wirst Du Dich über diese Aussage wieder total aufregen. …. <  Nein, regt mich nicht auf – ich kenne mich ja auch ein bißchen und bin ansatzweise zu Selbstreflexion fähig ;-). Man steckt halt nie im Anderen drin, kennt seine Gedanken nie völlständig und kann sich deshalb alles Mögliche zusammenreimen. Vielleicht trage ich auch aktiv dazu bei. Wenn wir mal zusammenleben und es ernst wird, können wir uns diesem Thema ja nochmal intensiv widmen.

> Ich saß heute Nacht bis 1:30 Uhr daran und tippe hier zwischen Helfen bei den Hausaufgaben … <  So ähnlich ging es mir auch mal wider :-(. Also ohne Hausaufgaben und so ;-). Zu wenig Zeit für alles, passt auch. Das könnte sich ebenfallls ändern, wenn wir zusammenleben und nicht mehr so viel schreiben müssen ;-)

> Ich dachte, dass nur ich so etwas recherchiere… aber Du scheinst auch nicht besser zu sein als ich… ;-) <. Wenn Du mir am 26.5. mitteilst, daß das Ereignis noch bevorsteht, muß man nicht groß recherchieren, um den einzig möglichen Tag zu finden. Da hättest Du mir das Datum auch direkt mitteilen können ...

> Am 29.5.2010 hat Lena übrigens für Deutschland den Grand Prix, oder wie es heute heißt: Eurovision Song Contest, gewonnen.< Wie schön für Euch. Heiraten und dann als Bonus-Hochzeitsgeschenk noch Grand Prix gewonnen. So kann ich mir das Datum auch noch besser merken ;-).

Daß diese Show jetzt schon zehn Jahre her ist, hätte ich allerdings auch nicht gedacht. Ich glaube, wir haben den Mist wegen Lena sogar angeschaut. Wie gut, daß ich das damals alles nicht wußte - nachher hätte ich mich gar nicht über diesen extrem seltenen Sieg Deutschlands freuen können. Angehört habe ich mir den Song jetzt aber nicht nochmal - finde ich irgendwie überflüssig. Aber danke für die schöne Erinnerung ...

Gute Nacht

28.05.   11.46    Re: Trennungs- und Hochzeitsjubiläum

Vielen Dank für die ausführliche Antwort, auf die ich jetzt aus Zeitgründen nicht groß eingehen kann. Meine Bemerkungen waren natürlich etwas polemisch, überspitzt und nicht alle ganz ernst gemeint (Bild für die Eltern zum Beispiel - damit rechne ich wirklich nicht ;-) ) - aber im Kern und emotional trifft es eben doch zu. Natürlich bin ich nicht besser als Du, das habe ich ja auch geschrieben. Im Prinzip mache ich das Gleiche. Und natürlich empfinde ich die eigenen Aktivitäten immer alle als nicht so schlimm wie Deine oder die vermuteten. Ist ja ganz normal und Folge der Black Box, wie Du richtig bemerkst. Ich will mit all dem ja nur beschreiben, wie übel es alles ist und das wir uns eine langfristige - und möglichst tragfähige - Lösung überlegen sollten. Es kann so einfach nicht mehr ewig weitergehen. Die Trennung steht natürlich als pragmatisch einfachste Lösung immer im Raum - aber diese Lösung werde ich nach so vielen Jahren und so viel Energie, die ich da reingesteckt habe, nicht einfach kampflos hinnehmen. Wenn es bei Dir nicht anders geht, wird es so kommen, aber noch glaube ich an uns und hoffe, daß Du Dich auch noch besinnen wirst auf das, was wir zusammen haben und was es vielleicht auch wert ist, fort-geführt zu werden. :-*

28.05.   11.31   Re: Trennungs- und Hochzeitsjubiläum

Hallo mein Lieber,

ich kann mir gut vorstellen, dass der 10. Hochzeitstag emotional noch mehr auslöst als ein unrunder. Aber so ganz fair ist dieser Ausbruch nun auch wieder nicht. Deine Phantasie geht mit Dir durch und Du malst Dir anscheinend liebliche Szenerien aus, die schon etwas grotesk sind. Anscheinend denkst Du, dass ich in Münster die totale Romantikerin bin und ein komplett anderes Wesen. Es lässt mich schon fast schaudern, was Du mir alles so zutraust. Ein gemeinsames Foto für die Eltern vom Hochzeitstag ist wirklich totaler Blödsinn. Wer soll denn auf so eine Idee kommen?! Das machen vielleicht Leute, die in weiß als Sahne-Baiser geheiratet haben, eine dreistöckige Hochzeitstorte als Muss angesehen haben und für einen Standard-Eröffnungstanz sogar Tanzstunden genommen haben. Die schicken dann vielleicht auch 10 Jahre später all ihren Gästen ein aktuelles Foto von sich, in Gold eingerahmt oder so. Aber das war wahrscheinlich eh nur als ganz tiefer Biss in die Wade gemeint, weil sich das Familienfoto einge-brannt hat. (Das kann ich Dir auch nicht verdenken, aber ich habe dieses Foto nicht initiiert. Und ich glaube eigentlich nicht, dass Du bei so etwas auf gar keinen Fall mitgemacht hättest, wenn Sarah unbedingt so ein Familienfoto hätte machen wollen.)

Du empörst Dich gerade über Dinge, die Du doch genauso hast. Du hast auch einen Hochzeitstag, Du denkst auch daran, Du besorgst Blumen für Deine Frau. Vielleicht auch ein kleines Präsent…? (Ich habe keins, aber bei Dir könnte ich mir das sogar ganz gut vorstellen, dass Du so etwas machst.) Du gehst mit ihr essen, auch wenn es vielleicht nicht immer am 27.9. direkt geklappt hat. Aber ihr holt es nach und geht zusammen ins Restaurant, um den Hochzeitstag zu feiern. Das dürfte durchaus romantischer und besinnlicher gewesen sein als mein 10. Hochzeitstag es sein wird, da ihr ja die Möglichkeit hattet, zu zweit ein romantisches Candlelight-Dinner im Restaurant zu machen. Du durftest Dir da auch nichts anmerken lassen. Auch wenn Du anscheinend im letzten Jahr mal eure Unterschiede aufgezählt hast und damit bestimmt keine Begeisterungsstürme, sondern wahrscheinlich eher Verwirrung und Unsicherheit hervorgerufen haben dürftest, könnte ich mir vorstellen. Aber hast Du den Abend gesprengt und warst total unterkühlt? Das kann ich mir auch nicht richtig vorstellen. Du darfst Dir eben auch nicht wirklich was anmerken lassen, ob nun Hochzeitstage, runde Geburtstage, Weihnachten oder was weiß ich noch. Dann brauchst Du mich auch gar nicht fragen, sondern weißt selbst, wie sich das so anfühlt.

Du tust erst mal so, als könntest Du gar nicht nachvollziehen, dass mich Dein Kurztripp an der Emscher sehr aufgewühlt hat, aber reagierst wegen des Hochzeitstages eigentlich noch viel schärfer. Du tust Deine Aktion ab, als würde ich total überreagieren, wenn ich mir vorstelle, wie ihr den Radtour-Abend als romantisches Candlelight-Dinner vorstelle, weil ihr einen Kurzurlaub zu zweit macht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass da nicht auch gewisse Erwartungen entstanden sein dürften, wenn man zusammen so etwas macht ohne Kinder. Aber Du musst mir dann auch noch möglichst unaufgeregt das Ganze so verkaufen, als würdet ihr den Kindern ja einfach nur einen ganz großen Gefallen tun, weil sie mal alleine bleiben dürfen. Ich denke, Du hast nicht im Ernst geglaubt, dass mich das überzeugt. Aber Du kannst natürlich immer auf mich zeigen und sagen, dass das alles meine Schuld ist. Also halte ich dann lieber mal die Klappe.

Wie Du schon öfters angemerkt hast, kann man sich in den wildesten Phantasien vorstellen, was der andere mit seinem offiziellen Partner so alles macht, wenn man eben diese Black Box hat, keine Ahnung vom Alltag des anderen hat und sie dann selbst ausfüllen darf. Du betonst immer, dass das bei Dir ja alles gar nicht so sei, wie ich mir das vorstelle. Dann gilt das Gleiche wohl auch für Dich.

Mein Hochzeitstag wird so aussehen, dass Michael arbeitet, ich mit den Kindern etwas mache und wir abends Essen bestellen, das abgeholt werden muss, so dass es wahrscheinlich nicht mehr ganz warm sein wird, wenn es hier ist, und wir werden mit den Kindern zusammen essen. Ich habe nicht vor, eine Ansprache zu halten, die guten alten Zeiten zu beschwören oder aktiv nach den Hochzeitsfotos zu fragen. Aber natürlich kann man nicht wissen, welche Gedanken der Partner sich dazu macht und ob er in Erinnerungen schwelgen will. Das dürfte dann bei Dir aber auch das gleiche Problem sein.

Was Du Dir da ausmalst, sind wohl eher Deine tiefsten Ängste, die Du in den buntesten Farben an die Wand malst. Oder Deine Phantasie ist mit Dir völlig durchgegangen, weil Du das „gebührend feiern“ tatsächlich in den falschen Hals bekommen hast und dachtest, dass dieser Tag nun wirklich zelebriert werden soll.

Wir waren in den letzten Jahren nie an diesem Tag raus und haben ihn abgefeiert ohne Ende. Ging und geht ja eh gar nicht so gut wegen der Kinder. Aber ich habe es auch nicht forciert. Ich habe den Tag auch gar nicht erwähnt, weil Du das Datum nicht wissen wolltest und ich es auch als Zumutung ansehe, wenn man davon erzählt.

> Schwelgt ihr dann zusammen in alten Erinnerungen … <  Vielleicht ist das ja eher die Zusammenfassung von Deinem 10. Hochzeitstag, an den Du Dich dann doch noch besser erinnerst als Du dachtest oder behauptet hast…

> Du betrügst Deinen Mann seit vielen Jahren … < Genau, hau nur drauf. So wird es sein bei mir. Ich bin eben nicht fähig zu großen Gefühlen und empfinde nichts. Deswegen geht es mir auch so gut bei der ganzen Sache. Damals war alles kompliziert für Dich mit Deiner Constanze und dem großen Altersunterschied und den Zukunftsängsten. Aber heute ist es auch verdammt kompliziert und ich habe auch Zukunfts-ängste. Das ist scheiße, finde ich auch. Aber ich mache es mir bestimmt nicht einfach und genieße, was ich bekommen kann. Das wirst Du auch wissen. Aber Dein Ärger muss sich ja auch mal Bahn brechen. Kann ich auch verstehen. Aber Du betrügst auch zwei Menschen mit dem jeweils anderen. Das müsste sich bei Dir dann ja auch neutralisieren.

Du betrügst mich ja dann auch seit Jahren mit Deiner Frau, da gibt es keinen großen Unterschied zwischen uns zweien. Empfindest Du das im Alltag auch genau so? Ich denke bei allem an Dich, es geht mir nicht besonders gut bei diesem falschen Spiel. Ich bin ständig mehr bei Dir als bei meiner Familie, fühle mich wie eine Marionette. Du machst mir Vorwürfe deswegen und scheinst mir immer zu unterstellen, dass es mir dabei prima geht, planst aber zum Beispiel selbst aktiv diesen Kurzurlaub mit Deiner Frau und sagst mir dann, dass das doch nichts Besonderes sei und eben dazu gehört. Da misst Du aber auch mit zweierlei Maß. Ich glaube, dass Du die Aktivitäten mit Deiner Frau und Deiner Familie bestimmt auch nett findest und nicht total schrecklich oder Du darunter leidest. Das ist ja das Dilemma bei der Geschichte. Man könnte so weitermachen, mit dem Partner zusammen bleiben, ohne dass es schlimm ist. Im Gegenteil, es ist ja jetzt auch keine Hölle. Das macht ja dieses schlechte Gewissen, wenn man sich überlegt, wie es allen gehen würde, wenn man es einfach zerschlägt. Jedenfalls ist das mein Dilemma.

Ich habe mich im Übrigen auch letztens sehr erschrocken, als ich mir klar gemacht habe, dass ich fast die Hälfte meiner Ehe meinen Mann betrüge. Das ist schon krass. Dieser Hochzeitstag ist für mich kein schöner Gedenktag, sondern seit längerem Anlass zum Grübeln und schlecht fühlen. Eher eine Belastung. Ja, ich habe mir auch wieder gedacht, dass ich mich endlich mal bewegen muss. Ich habe Francescaletztens eine sehr lange Mail geschrieben, weil ich nicht wusste, wohin mit mir. Aber bei ihr ist natürlich auch gerade viel zu tun. Ich kann mich gerade kaum austauschen. Manchmal frage ich mich, warum ich nicht schon längst durchgedreht bin.

Und manchmal erschrecke ich mich, wie ähnlich es doch vielleicht läuft damals und heute - nur in vertauschten Rollen. Ich habe Angst vor der Zukunft, weil ich mich entweder entscheiden muss, auf Dich, also den, den ich sehr liebe und der mir die heftigsten Gefühle beschert, zu verzichten, weil ich denke, dass ich das Glück meiner anderen geliebten Menschen nicht zerstören darf oder eben genau das tue und viel Leid bringen werde, um in eine Zukunft zu starten, die ein Abenteuer und keine sichere Bank bedeutet. So, wie Du damals Angst hattest, dass es nicht klappen könnte mit uns und Du damit Deine Zukunft ungewiss gesehen hast, geht mir das heute so. Wenn Du mir lapidar nebenbei berichtest, dass Du mit Sukanya beim Skypen über das Penis-Festhalten oder auch nicht beim Toilettengang gesprochen hast, reißt mir das tatsächlich fast den Boden unter den Füßen weg, meine Phantasie geht mit mir durch und ich frage mich panisch, was das bedeutet. Ich kann mir immer ganz gut vorstellen, wie Du Deiner Frau auf Fragen ausweichst. Ich habe dann sofort diese "Angriff ist die beste Verteidigung" in Kombination mit "etwas verkrampft den Ball ganz flach halten und möglichst unaufgeregt, wortkarg und nebenbei alles dementieren“-Haltung vor meinem inneren Auge. Das ist nämlich Dein Verhalten, wie ich es mir gegenüber empfinde, wenn ich kritische Fragen stelle und das macht mich kirre. Das lässt mich zögern und zaudern. Wahrscheinlich wirst Du Dich über diese Aussage wieder total aufregen. Aber ich muss ja auch mal erzählen dürfen, was mich beschäftigt.

Sehr frustrierend alles. Und wahrscheinlich auch immer wieder das Gleiche, was gesagt wird. Wie so oft habe ich das Gefühl, dass ich die Email eigentlich noch viel länger schreiben müsste, aber ich schicke sie jetzt trotzdem mal ab, da ich Dich schon so lange auf eine Antwort habe warten lassen. Ich saß heute Nacht bis 1:30 Uhr daran und tippe hier zwischen Helfen bei den Hausaufgaben und Insa beschäftigen den ganzen Morgen schon in den Rechner. Daher habe ich das Gefühl, dass es irgendwie nicht reicht oder ich eben öfters nicht 100% konzentriert schreiben kann. Leider geht es mir bei allem so - ich habe das Gefühl, dass ich zuwenig Zeit habe, um mich damit auseinanderzusetzen.

> der 29. Mai 2010 war jedenfalls ein Samstag; … <  Ich dachte, dass nur ich so etwas recherchiere… aber Du scheinst auch nicht besser zu sein als ich… ;-) Am 29.5.2010 hat Lena übrigens für Deutschland den Grand Prix, oder wie es heute heißt: Eurovision Song Contest, gewonnen. Ist jetzt auch schon wieder 10 Jahre her, dass Deutschland da Erfolg hatte. www.youtube.com/watch?v=ioTVL4cg0rM

27.05.   10.18    Re: Trennungs- und Hochzeitsjubiläum

Hallo Liebchen,

der vorgestrige Briefwechsel ergab sich ungeplant und relativ spontan. Ich hätte Dich zwar auch so später noch auf den Hochzeitstag angesprochen, aber vermutlich in anderer Art und Weise. Das macht aber nichts, denn es war auch so in Ordnung aus meiner Sicht. Meine Bemerkungen waren etwas emotional, treffen aber den Kern des Übels; ich muß nichts zurücknehmen.

Die Mißstimmung hat sich somit zwar zufällig und unbeabsichtigt gerade jetzt ergeben, aber andernfalls wäre das Gleiche sicher ein paar Wochen später passiert, weil die Problematik ja irgendwie immer im Raum steht.  Ich habe Dir schon so oft gesagt, daß es so nicht ewig weitergehen kann. Das es auf Dauer unerträglich ist. Du hörst Dir das dann an, aber passieren tut nichts. Du scheinst zu hoffen, daß es einfach immer so weiterläuft, wenn man nur möglichst selten darüber redet. Aber es wird immer wieder zu solchen Frustausbrüchen kommen, wenn sich bei uns nichts ändert - zumindest bei mir.

Wir plaudern mal wieder so scheinbar relativ unbeschwert vor uns hin. Über Ausflüge mit der Familie und Freunden, über die geplanten Urlaube und Hochzeitstage, und es soll alles einigermaßen harmlos und vernünftig klingen. Du gibst Dir ja auch sonst sehr viel Mühe, eine größtmögliche Illusion von Norma-lität in Deinem Leben aufrecht zu erhalten. Aber es ist nichts normal und das wird es so auch nie sein. Es ist im Gegenteil hochgradig pervers, verlogen und frustrierend, was wir machen. Diese scheinbare Normalität und das Sich-Arrangieren. Und deshalb staut sich bei mir dann gerne ab und zu was auf. Immer, wenn sich diese Normalität, dieses Plaudern gerade mal wieder so falsch anfühlt. Ich versuche, es zu unterdrücken, aber beim passenden Trigger - dieses Mal waren es zufällig ein paar Fotos - gibt es dann plötzlich eine Eruption aufgestauter Frustration. Ich sprach vorgestern davon, daß ich mich eigentlich ärgere über den aktuellen Zustand. Ich meinte damit auch diesen permanenten Versuch, so zu tun, als ginge alles schön seinen normalen, friedlichen Gang.

Ich vermute, daß Du immer hoffst, daß ich das Thema Zukunft und Veränderung so selten wie möglich anspreche, damit Du Dich so wenig wie möglich damit beschäftigen und möglichst selten zu unangene-hmen Fragen Stellung nehmen oder betreten schweigen mußt. Das Problem möglichst lange wegschie-ben, um sich der Illusion hingeben zu können, es könnte einfach immer so weitergehen, wenn man nur nicht darüber  redet.

Aber es funktioniert so einfach nicht. Man kann eine Liebesbeziehung auf Dauer nicht so führen. Die Diskrepanz zwischen dem Ist und dem Soll (oder Sollte) ist zu extrem. Es widerspricht dem Wessen einer Liebesbeziehung zutiefst. Daß Du das so kannst und alles immer zu ertragen scheinst oder Dich einfach pragmatisch mit der Situation arrangierst, habe ich noch nie ganz verstanden und verstehe es weiterhin nicht wirklich. Was ist das für eine traurige Beziehung, die wir da zueinander haben? Die Monate vergehen, die Jahre vergehen, das Leben geht weiter, und wir verharren in diesem unglücklichen Zwi-schenreich. Nicht ganz ohne den Anderen, aber eben doch meistens ohne ihn. Ohne ein gemeinsames Leben, immer voneinander entfernt und getrennt. Ein paar Mails pro Tag, alle paar Wochen ein paar Stunden etwas körperliche Nähe. Das ist doch arm auf Dauer. Das ist einer Liebesbeziehung doch zutiefst unwürdig. Ich verstehe seit Jahren nicht, daß Dir das reicht. Auch wenn ich verstehe, daß es bequemer ist so. Aber kann das der Anspruch sein?

In einer Vernunftsbeziehung, einer Zweckgemeinschaft kann man vielleicht so miteinander umgehen, ohne sich allzu sehr zu verletzen. Aber man kann eine Liebesbeziehung nur schwer aushalten, wenn man sich kaum sieht – und noch viel weniger, wenn man eigentlich mit jemand Anderem zusammenlebt und sein Leben mit dieser Person teilt.

Eine Zeit lang geht das, in einer Übergangsphase geht es, muß es gehen. Aber nicht als Dauerlösung. Wenn etwas Neues entsteht, kann man solche Konstellationen natürlich nicht vermeiden. Als wir uns wieder kennenlernten im Jahr 2015, kamen wir uns oft wie Eindringlinge im Leben des anderen vor. Da fühlten wir, daß wir wenig Rechte hatten und uns nur wenig zustand. Es war klar, daß die andere Beziehung Vorrang hatte, wir uns unterordnen mußten und mit dem vorlieb nehmen, was an Resourcen und Gefühlen übrig blieb. Aber mit der Zeit, mit der Dauer und Intensität der neuen Beziehung, ändert sich das Kräfteverhältnis logischerweise und man erhebt auch selbst Anprüche. Allein aus der Tatsache, daß der Ehemann oder die Ehefrau früher da war (was ja in unserem Fall nicht mal ganz stimmt) oder länger da ist (was dann ja immer gelten wird), leiten sich nicht automatisch und bis in alle Ewigkeiten größere Ansprüche und Rechte und Pflichten ab und kein ewiger Grund, dem Ehepartner immer den Vorrang einzuräumem. So sehe ich das zumindest.

Eigentlich wird der rein quantitative Aspekt unbedeutender mit der Zeit, finde ich. Und nach so vielen Jahren - fast fünf sind es inzwischen - kann man eine solche Rangordnung aus meiner Sicht nicht mehr aufrecht erhalten, nur weil man mit dem Ehepartner verheiratet ist und viel Zeit mit ihm verbracht hat. Ich erlebe unsere Parallelbeziehungen deshalb schon lange als eher gleichberechtigt. Es hat mich 2016 geschmerzt, daß Du Dir kein gemeinsames Kind vorstellen konntest, sondern das Zweite unbedingt mit Deinem Mann zeugen wolltest, obwohl wir uns da auch schon wieder über ein halbes Jahr kannten und auch emotional recht eng miteinander verbunden waren. Aber zu diesem Zeitpunkt hatte ich noch das Gefühl, keine wirklichen Ansprüche haben zu dürfen. Ich war ja nur ein temporärer Zeitvertreib.

Wir haben damals immer betont, daß wir unsere Ehen nicht gefährden, keine Familien zerstören wollten. Das war ja auch richtig so. Aber nach so vielen Jahren hat sich die ganze Situation dann doch geändert. Und ich sehe das nun nicht mehr so. Natürlich möchte man im Prinzip keine Ehe zerstören, aber wenn man fast fünf Jahre eine Parallelbeziehung führt, ist das doch auch eine Aussage. Und auch etwas Wichtiges im Leben geworden. Ich sehe nicht ein, warum es einfacher oder begründeter oder besser sein sollte,  unsere Bezeihung zu zerstören. Ist die denn weniger wert als unsere Ehen? Warum soll die Ehe automatisch wertvoller und schützenswerter sein? Nur weil man verheiratet ist? Weil man schon so lange zusammenlebt und viele gemeinsame Erinnerungen hat? Wegen der Kinder? Das mögen Gründe sein, aber für die andere Beziehung sprechen auch einige Gründe.

Man kann diesen absurden emotionalen Zustand immer mal eine Zeit lang ausblenden, und Du kannst das offensichtlich besser als ich, aber es holt einen doch letztlich irgendwann immer wieder ein. Es ist ein unzumutbarer Zustand. Es ist nicht akzeptabel, daß Du Deine Freizeit so selbstverständlich mit Deinem Mann verbringst. Ferien, Wochenenden und Feiertage fast nur mit ihm planst und für uns kaum etwas übrig bleibt. So geht das einfach nicht auf Dauer – und das sollte Dir eigentlich klar sein. Wenn Du das selbst nicht so empfindest, ich empfinde es jedenfalls so. Und zwar seit langem, wie Du weißt.

Wenn Du Dein weiteres Leben an der Seite von Michael verbringen möchtest, bitte ich Dich, so viel Courage zu haben, mir das mal klar mitzuteilen, und mich nicht aus Bequemlichkeit oder Angst vor den Konsequenzen permanent zu vertrösten. Wenn das Dein Wunsch ist, muß ich es akzeptieren, auch wenn ich es selbst falsch finde und mir eine andere Entscheidung wünsche. Dann sollten wir den Kontakt abbrechen und wieder getrennt durchs Leben gehen. Auf Dauer als Dein Gelegenheitsgeliebter ohne irgendeine Langzeitperspektive ein Nischendasein zu Deiner emotionalen Unterhaltung zu führen, ist völlig inakzeptabel und frustrierend. Mir von Dir regelmäßig ein kurzes, heimliches Zeitkontingent für etwas Nähe während gemeinsamer Stunden zuteilen lassen zu müssen, ist erniedrigend. So möchte ich nicht Jahr für Jahr weiterleben.

Diese Selbstverständlichkeit, mit der Du die Urlaube und Freizeitaktivitäten mit Michael planst, finde ich manchmal unfassbar. Und wie selbstverständlich es für Dich ist, bei Terminschwierigkeiten, wie wir sie diese Wochen wieder haben, immer Deinem Mann den Vorzug zu geben, während wir zurückstecken müssen. Ich würde Dich zum Beispiel gerne am Wochenende sehen. Ich bin mit den Kindern alleine und Samstag eigentlich verabredet, aber das ließe sich alles irgendwie ändern und arrangieren. Wenn Du das schaffst, bin ich sofort bereit dazu.

Es ist für Dich natürlich einfacher, mir zu sagen, daß es nicht geht, als das mit Deinem Mann auszu-handeln. Alles sehr veständlich, aber schwer erträglich, wenn sich sowas über Jahre hinzieht ohne Aussicht suf Besserung. Eine Zeit lang macht man das mit, aber irgendwann fragt man sich doch, was das eigentlich soll. Mit mir gehst Du ins Bett, Du erzählst was von Liebe und Vermissen, aber wenn das ernst gemeint sein soll und nicht alles nur so dahergeredet, passt hier doch nichts mehr zusammen, oder?

Dir wirst nicht umhin kommen, Stellung zu beziehen. Du kannst davor nicht einfach weglaufen oder Dich stumm stellen oder das Problem aussitzen, bis ich völlig genervt und enttäuscht gehe, auch wenn ich vermute, daß das Deine heimlich favorisierte Exit-Strategie ist. Denn das werde ich nicht tun. So einfach mache ich es Dir nicht. Du bist in mein Leben zurückgekehrt und hast alles durcheinandergebracht. Du hast es zugelassen, daß ich mich wieder in Dich verliebe und hast eine intensive und besondere Bezie-hung entstehen lassen. Ich erwarte von Dir, daß Du Dich irgendwie dazu äußerst und eine Entscheidung triffst, wie es weitergehen soll. Ich habe Dir meine Vorstellungen des öfteren mitgeteilt. Ich habe aus meinen Gefühlen nie ein Geheimnis gemacht. Du bist meine Traumfrau, ich liebe Dich, und ich finde es deshalb sehr  konsequent, auch mit Dir zusammenzuleben („Es wird schwer sein. Wir werden jeden Tag hart daran arbeiten müssen, aber das will ich, weil ich Dich will! Ich will Dich ganz und gar! Für immer! Dich und mich! An jedem Tag. ...“). Ich habe derart viel in diese Beziehung investiert, da gehe ich nicht einfach so und schmeiße alles weg. Aber langsam bist Du mal dran, finde ich. Wenn Du keine gemein-same Zukunft willst, erwarte ich von Dir, daß Du mir das sagst oder andernfalls bereit bist, mittelfristig etwas in Deinem Leben zu ändern, damit wir diesen unwürdigen Zustand gemeinsam überwinden. Ich erwarte das einfach und finde, das nach so vielen Jahren völlig berechtigterweise erwarten zu können. Ich werde Dich nicht einfach in Ruhe lassen, nur weil Du den für Dich bequemsten Weg gehen möchtest, nämlich alles einfach so indifferent unbestimmt weiterlaufen und vor sich hinplätschern zu lassen, bis es sich irgendwie von selbst erledigt. Und wenn ich Dich dafür so in Rage bringe, daß Du mir ins Gesicht schreist, daß ich abhauen soll und Du nie wieder was von mir hören willst. Das ist mir im Zweifelsfall lieber als ein langsames gegenseitiges Frust-Ermüden und Ausschleichen.

Hochzeitstage sind heutzutage eigentlich recht irrelevante Ereignisse. Sowohl ich wie Du hätten früher oder später oder gar nicht heiraten können. Bei Dir war es zufällig 2010. Über eine Beziehung sagt das Hochzeitsdatum doch meist wenig aus. Aber es ist eben ein guter Anlaß, über die Ehe – und andere Beziehungen - nachzudenken.  Man kann so ein Jubiläum doch gut zur Reflexion nutzen. Wenn Du heute oder morgen mit Michael zusammensitzt und ihr dieses Ereignisses gedenkt, ist das deshalb vielleicht wirklich mal der richtige Anstoß für Dich, darüber nachzudenken, was Du seit fast fünf Jahren machst. Was für einen Sinn das alles macht, was es Dir bedeutet. Was für Konsequenzen Du aus diesen Tatsachen ableiten könntest. Ich möchte umgekehrt einfach mal wissen, woran ich bei Dir bin. Was ich von Dir noch erwarten kann. Für wen und für was ich diese ganze emotionale, mentale und zeitliche Energie investiere. Ich richte mein Leben nach Dir aus und höre von Dir rein gar nichts unsere Zukunft betreffend. Es ist beschämend. Natürlich würde ich mich über ein Bekenntnis zu uns sehr freuen. Aber zumindest irgendwas Verbindliches kann ich doch mal erwarten nach so viel Zeit, oder? Wenn Du Dich nicht zu uns bekennen willst nach allem, was passiert ist diese Jahre, ist das bitter, aber ich kann es natürlich nicht erzwingen. Sondern dann nur wie Noah sagen: „Wenn' s mit ihm sein soll, dann geh! Geh! Ich hatte Dich schon verloren, ich krieg das auch nochmal hin. Wenn ich weiß, daß das Dein Wille ist.“

Es ist traurig, daß dies wieder so ein schlimmer Brief geworden ist - und es ärgert mich, meine Zeit mit diesen fruchtlosen und redundanten Diskussionen zu verschwenden. Ich würde viel lieber über ganz andere Dinge mit Dir reden. Aber die Verhältnisse führen leider immer wieder zu diesen Gesprächen und Vorwürfen. Man kann eine Liebesbeziehung auf Dauer so nicht führen – und etwas Anderes als eine Liebesbeziehung kann ich mir nun mal auch nicht vorstellen mit Dir. Wenn Du mich nicht willst, dann geh – aber das mußt Du dann selber tun. Ich werde Dich so lange mit diesem Thema nerven, bis wir irgendeine Klärung erreicht haben. Es wäre wundervoll, wenn es eine gemeinsame Perspektive gibt, aber wenn Du andere Pläne hast, werde ich das auch hinnehmen müssen. Was ich definitiv nicht möchte, ist, daß wir noch Jahre in dieser Art und Weise weitermachen. Werde Dir mal klar darüber, was Du von mir willst - und was nicht. Und das möglichst bald. Vielleicht jetzt am Hochzeitstag und der Zeit drumherum.

26.05.   15.44    Re: Trennungs- und Hochzeitsjubiläum

> Fändest Du es denn schön, wenn ich davon erzähle, wie wir den Tag gebührend feiern…? <

Unabhängig von dem leichten Sarkasmus meiner letzten Mails, den Du bitte verzeihst, würde mich tat-sächlich sehr interessieren, wie Du diesen runden Hochzeitstag begehen möchtest (der 29. Mai 2010 war jedenfalls ein Samstag; passt dieses Jahr dann ja auch ganz gut). Entschuldige die unangenehm intime Fragerei - wenn Dir das zu persönlich ist und Du mit mir nicht darüber sprechen möchtest, mußt Du ja nicht antworten. Aber spannend finde ich das schon, muß ich zugeben.

Wie wird das laufen? Klar, Du fühlst Dich schräg und unehrlich und komisch. Das kenne ich  auch bestens. Aber Du darfst Dir das ja nicht anmerken lassen. Schwelgt ihr dann zusammen in alten Erinnerungen aus dem Frühjahr 2010 und schaut Euch nochmal die Hochzeitsfotos an? Und / oder Candle-Light-Dinner, bei dem man die letzten zehn Jahre und die vielen schönen gemeinsamen Erlebnisse Revue passieren lässt? Ein kleines Präsent als Dank für die lange gemeinsame Zeit? Vielleicht noch ein nettes gemeinsames Foto für die Eltern, das man dann neben das aktuelle Familienbild stellen kann?

Du betrügst Deinen Mann seit vielen Jahren (fast die Hälfte Eurer Ehezeit). Und Du betrügst mich eben-falls seit vielen Jahren. Hält sich das die Waage? Wenn man zwei Menschen jeweils mit dem Anderen betrügt, neutralisiert sich das dann vom Empfinden her? Wobei man von Betrügen ja gar nicht sprechen kann, denn Betrügen heißt ja, daß der Andere davon nichts mitbekommt. Das trifft ja nur auf Michael zu, nicht auf mich. Ich weiß das ja alles, ich bekomme diesen Scheiß ja bewußt mit (ich entschuldige mich schon mal präventiv für all die etwas unbedarften emotionalen Ausbrüche und verbalen Entgleisungen, aber das muß gerade mal raus). Für mich hat es deshalb eher den Status der ungewollt-zwangsweise offenen Beziehung. Von daher bleibe ich besser bei der neutraleren Bezeichung, dem Entzug der oder dem Nicht-Gewähren von Exklusivrechten.

Aber Du scheinst das stoisch Jahr für Jahr so weitermachen zu wollen. Mit welchem Ziel? Ferien, Hoch-zeitstage, Weihnachtsfeiern, Freunde mit dem Ehemann, Hotelzimmer mit dem Geliebten. Anläßlich eines 10. Hochzeitstages und der damit verbundenen (und ja irgendwie verlogenen - oder nicht?) Feierei oder Gedenkerei kann man sich solche Fragen doch mal intensiver stellen als sonst vielleicht. Harte Worte, ich weiß, aber so ist es doch. Ich bin nicht besser als Du und betrüge genauso. Im Gegensatz zu Dir würde ich es nur gerne ändern.

26.05.   13.33    Re: Trennungs- und Hochzeitsjubiläum

Nein, das ist im Prinzip kein Problem, solche Bilder. Es liegt natürlich an der Verknüpfung, wie Du im letzten Satz ganz richtig feststellst, was aber ja aus meiner Mail schon hervorging. Das Ganze ist ein ziemlich problematisches Thema, aber das versteht sich ja von selbst. Dazu kommt, daß ich mich einfach ärgere darüber, wie es so alles läuft, und das kulminiert dann logischerweise bei solchen Anlässen. Ich habe natürlich auch haufenweise Fotos und Filme von Köln, Bonn, der Marburger und Grazer Zeit, den vielen Abschieden aus und Ankünften in Wohnungen etc. etc., aber es gab (bis auf die Recherche neulich bezüglich Constanze) in letzter Zeit keinen Anlaß, mir diese Sachen mal wieder anzuschauen. Runde Hochzeitstage gab es in den letzten fünf Jahren erfreulicherweise auch keine und mit den Jährlichen hatte ich meist Glück. :-*

26.05.   12.35   Re: Trennungs- und Hochzeitsjubiläum

> Aber wenn Du mir gerade jetzt im Mai Fotos schickst, … <  Ach daher weht der Wind. Das war aber gar nicht so. Ich hatte einfach nur eine Speicherkarte durch Zufall gefunden (kein Witz), die allerdings tatsä-chlich von 2010 stammt. Da sind viele Sachen drauf, wie zum Beispiel diese Ruhrgebietswanderung und Fotos der alten Wohnung. Auch die Ruhr2010 Aktion auf der A40, wo man drüber laufen konnte. Aber keine Hochzeit... Fotos, wo ich mich schon gefragt habe, wo die eigentlich sind, wegen Emschertour und Küche. Irgendwo auf meinem Rechner eigentlich. Aber da hatte ich sie nicht gefunden. Jetzt hatte ich eigentlich nur Linus alte Speicherkarte gesucht...

Da ich ja gesagt hatte, dass ich auch mal an der Emscher entlang gelaufen sein müsste und weil mich Dein Küchenbild an unsere Küche in Dortmund erinnert hat, habe ich Dir diese Bilder dann doch noch geschickt. Auch wenn ich schon befürchtet hatte, dass gerade Wohnungsbilder nicht einfach sind. Aber da ich ja nun auch eure alte Küche kennenlernen durfte, dachte ich, dass das schon okay gehen müsste. Wenn Du eigentlich gerne mal meine aktuelle Wohnung im Video sehen würdest, dann sollte eine alte Küche, in der man nicht mehr wohnt, eigentlich in Ordnung gehen.

Ich muss aber zugeben, dass die Fotos in mir tatsächlich sehr gemischte Gefühle ausgelöst haben, weil sie viele Aktivitäten von damals zeigen. Abschied von Dortmund ist drauf, erste Fotos in Münster etc. Und dazwischen tatsächlich das Wissen um Hochzeitstag, 10 Jahre Ehe und das tatsächliche Heute. Das hat mich gedanklich beschäftigt und meine Stimmung ziemlich gedrückt in den letzten Tagen. Das wollte ich aber nicht mit Dir besprechen.

Die Fotos habe ich aber ganz sicher nicht geschickt, um Dir einen reinzudrücken, sondern nur wegen Emscher und Ähnlichkeit.

Warum sollte es denn eigentlich ein Unterschied sein, wenn Du mir ein Foto Deiner alten Küche schickst und Fotos Deiner aktuellen Emschertour mit Frau und wenn ich Dir daraufhin Fotos passend zum Thema schicke? Okay, ich denke, es liegt daran, dass meine Fotos von 2010 sind und Du das dann blöderweise mit der Hochzeit verknüpft hast.

26.05.   11.42    Re: Trennungs- und Hochzeitsjubiläum

> Ich habe gerade das Gefühl, dass sich etwas in meiner Wade verbissen hat... <  Gut beschrieben, so geht es mir irgendwie auch ... Aber wenn Du mir gerade jetzt im Mai Fotos schickst, die vermutlich um Eure Hochzeit herum entstanden sind und die Du - genau wie das Küchenbild - vermutlich nicht zufällig, sondern aus einem bestimmten Grund gerade in diesem Monat herausgesucht hast, darfst Du Dich über ein paar spitze Kommentare nicht wundern, oder? ;-)

26.05.   11.06   Re: Trennungs- und Hochzeitsjubiläum

Ich habe gerade das Gefühl, dass sich etwas in meiner Wade verbissen hat... ;-). Oder vielleicht Nadeln in eine Voodoo-Puppe bohrt und ich die Stiche schon merke...

Das Feiern des 20jährigen ist also unangemessen, aber in drei Jahren kann dann wieder gefeiert werden. Spitze ist angekommen. Ich weiß, ich bin eh an allem schuld.

26.05.   10.27    Re: Trennungs- und Hochzeitsjubiläum

Nein, den Tag mußt Du mir nicht mitteilen, da hat sich meine Meinung nicht geändert ;-). Obwohl ja nicht mehr viele übrig bleiben ... Ich habe mich eben nur gefragt, wie sich das so anfühlt, der 10-jährige Hochzeitstag. Der liegt bei mir ja schon ein paar Jährchen zurück, da verblassen die Erinnerungen etwas ;-). Man kann so ein Datum ja zum Anlass nehmen, einmal Bilanz zu ziehen. Oder sich - je nach vorher-rschender Stimmung - auf die kommenden zehn Jahre freuen. `Sarah und ich werden sicher kein irgendwie geartetes 20jähriges Zusammensein feiern - fände ich etwas unangemessen und außerdem weiß ich das Datum nicht ;-). Bei uns ist es ja in fast drei Jahren schon wieder so weit. Wir werden es bestimmt schaffen bis dahin - nach 20 Jahren sollten auch noch drei Weitere möglich sein J.

26.05.   09.41   Re: Trennungs- und Hochzeitsjubiläum

Guten Morgen mein Lieber,

> Wir Beide hatten ja gerade unser 20-jähriges Trennungsjubiläum (und dessen gar nicht gedacht) <

Gerade? Das dürfte schon Anfang April gewesen sein, da ich Dich Ende März in Heidelberg besucht hatte. Es ist nicht wirklich ein Ereignis zum Gedenken, würde ich sagen… Tolles Jubiläum… :-(

> aber Ihr Beide hattet dafür diesen Monat ... < Nein, hatten wir noch nicht. Kommt demnächst... Und selbst wenn, dann hätte ich es wohl kaum erwähnt, oder? Du bist derjenige, der das gerne mal erwähnt und mich auch schon mal hast raten lassen, der wievielte Jubeltag es wohl gewesen sein mag… Fändest Du es denn schön, wenn ich davon erzähle, wie wir den Tag gebührend feiern…? (Dank der Corona-Zeit und noch kleinerer Kinder wird da aber auch eh nicht viel aus „gebührend feiern“.) Außerdem möchtest Du das Datum doch gar nicht wissen, dachte ich. Das habe ich bisher respektiert und hatte auch nicht vor, es dieses Jahr zu verraten. Oder hast Du Deine Meinung dazu geändert?

 Ihr dürftet doch auch im Juni/Juli Euer 20jähriges Zusammenkommen-Jubiläum haben. Wird das denn gebührend gefeiert? 20 Jahre sind ja schon ein kurzes Innehalten wert, denke ich.

Ich fühle mich kurz vor dem 10. Hochzeitstag schon ziemlich schräg. Komme mir sehr komisch dabei vor. Unehrlich, in Schieflage, unwirklich. Vielleicht weißt Du, wovon ich spreche, auch wenn Du den 10. Hochzeitstag noch ganz unbedarft verbringen durftest.

26.05.   06.46    Trennungs- und Hochzeitsjubiläum

> Das war 2010. Die Brille hab ich immer noch... ;-) < Wir Beide hatten ja gerade unser 20-jähriges Tren-nungsjubiläum (und dessen gar nicht gedacht), aber Ihr Beide hattet dafür diesen Monat Euer 10-jähriges Hochzeitsjubiläum, fällt mir dabei ein. Habt Ihr das Ereignis denn wenigstens gebührend gefeiert? Du hast gar nichts erzählt.

05.05.   23.18    Traum und Wirklichkeit

Bin heute Nachmittag eine Stunde draußen gewesen. Es war so wundervoll im Wald, daß ich es kaum glauben konnte. Ein kleines Paradies hier oben im Frühling, daß ich erst dieses Jahr entdeckte, da ich sonst immer in der anderen Richtung unterwegs war. Es leuchtet so herrlich jetzt in all dem frischen grünen Blattwerk; eine ganz bezaubernde Atmosphäre von Licht und Schatten um diese Uhrzeit. Ich war aber nur kurz joggen und bin dann tief in eine große Wiese hineingelaufen, habe mich ausgezogen und ins Gras gelegt – es ist schon so hoch, daß mich niemand mehr sehen konnte :-). Dort lag ich dann so nackt unter dem blauen Himmel in all dem Gras und habe an Dich gedacht. Sehr intensiv an Dich gedacht :-). An letzten Freitag, an die Male davor, an die nächsten Treffen. Ich dachte an Deine helle Haut, an den Po, an Rosi, an Deine Zunge, an den Lindenbaum („der Duft der Linde und das feuchte Gras“), und an alles andere. Und habe mir vieles vorgestellt („Und die Sonne stand hoch und sie liebten sich, noch einmal, ganz geschwind“ ...). Spinnen liefen über mich, Ameisen, Käfer und weiteres Getier. Es war so heiß in der Sonne, als würdest Du auf mir liegen, den Busen angepresst mit all der Wärme Deiner oberen Etagen. Ich konnte ein wenig spüren, wie Du Dich bewegst, und Dich runterbeugst und die Lippen sich festsaugen. Wenn ein Windstoß kam, war es so frisch, als wärst Du gerade nicht mehr auf mir, aber der Bauch noch feucht („Die Luft war sehr weich und der Wind, erfrischte Leib und Sinn; die Erde erbebte sanft und empfand, süßesten Lustgewinn“). Du und ich. Das war alles sehr schön und innig und aufregend und es passte gut zusammen und zur Jahreszeit, aber es kann die Wirklichkeit nicht ersetzen. Ich stellte mir vor, wie schön es wäre, wenn Du wirklich da gewesen wärst mit mir auf dieser Wiese - ich hätte auch ein Tuch zum Bedecken Deines Rückens dabei gehabt :-). Ich möchte, daß Du bei mir bist und nicht immer so weit weg!

05.05.   17.35   Vereinigung

Geht mir genauso. Süße, ich vermisse Dich so sehr, ich habe so große Sehnsucht. Du fehlst mir! Und dazu noch permanent diese Gedanken ans Küssen, Ausziehen, Anfassen, Vereinigen. Es ist manchmal wirklich unerträglich. Ich hasse es so, dieses ewige Getrenntsein. Es ist so unnatürlich. Es fühlt sich so falsch an.

24.04.   01.01   Draußen

Das Gras sieht so fotografiert natürlich schon sehr hoch aus. Aber ich glaube trotzdem nicht, dass es schon hoch genug wäre, damit ich mich vielleicht drauf einlassen würde… ;-) Aber da muss ich an unseren Ausflug zur Werse denken. Eigentlich unglaublich, zu was Du mich da gebracht hast. Hätte ich vorher nicht für möglich gehalten.

Ich bin heute schon den ganzen Tag ziemlich elektrisiert, habe ständig so Phantasien. Da waren die Fotos schon fast unerträglich anzuschauen, weil die Phantasie dann noch mehr angeheizt wurde… ;-) Ich bräuchte Dich eigentlich schon wieder ganz dringend… in jeder Hinsicht. Stattdessen versuche ich, die Kinder im Zaum zu halten und einigermaßen entspannt durch den Tag zu kommen. Gelingt leider nur so mäßig. Hast Du morgen viele Termine? (Was ist eigentlich eine Graduiertenschule?) Vielleicht könnte ich es ja mal schaffen zu skypen oder einen Anruf per FaceTime hinzubekommen…

Gute Nacht!

20.04.  21.21   Hey Jude

> Da haben wir beide Glück, dass man uns so etwas erst mal nicht zutraut.... <  Das stimmt. Aber dieses routinierte, selbstverständliche Parallelleben hat natürlich auch etwas Erschreckendes. Wir haben zwar Beide innerlich oft komische Gefühle dabei und diverse Bedenken und wissen, daß es in dieser Form eigentlich nicht in Ordnung ist, aber wir handhaben das Parallelleben trotzdem mit einer gewissen Routiniertheit. Doch wie sollte es auch anders sein nach über vier Jahren? Für mich zumindest ist diese Beziehung ja völlig gleichwertig mit der "Langzeitbeziehung" - von daher kann man moralische Bedenken in beiderlei Richtung haben. Es ist ja ein Parallelleben aus beiden Perspektiven. Wenn man erschrocken ist über zum Beispiel unsere routiniert geplanten und organisierten heimlichen Treffen, kann man genauso erschrocken darüber sein, mit welcher selbstverständlichen Routine wir unser Ehe-Parallelleben so führen über all die Jahre ... Ich zumindest sehe da keine allzu großen Unterschiede (mehr).  :-*

06.04.   23.07   Draußen

Die Sonne ist für mich gerade das großartigste Geschenk überhaupt. Wenn man schon nicht verreisen darf, kann man den Frühling wenigstens hier genießen - und das ist ja auch nicht schlecht. Bin jetzt jeden Tag draußen, mal mit Familie, mal allein, mal zu Fuß, mal mit dem Rad. Ich kann mich nicht daran erinnern, eine Ferienwoche einfach mal zu Hause verbracht zu haben, was aber eigentlich auch ganz schön ist. Natürlich schaffe ich nur ein Bruchteil von dem, was ich an Unerledigtem erledigen könnte in dieser Zeit, aber das ist nicht so wichtig.

Heute nachmittag habe ich eine längere und sehr nette Radtour durch das südliche Siebengebirge bzw. den nördlichen Westerwald gemacht; eine Gegend, die ich noch nicht kannte. Auch, um noch mal den Vorteil eines Fahrradtträgers zu nutzen ... "Himmrich", "Leyberg", "Auge Gottes", "Kreuzeiche". Auf zwei Bergspitzen gekraxelt, viel geschwitzt, bis die Quadrizepse nicht mehr wollten, in der Sonne gelegen und gelesen in "Über Liebe und Magie" - vom Plateau des Himmrichs einen tollen Blick auf Rheintal und Eifel.

Ich bin ganz berauscht von der erwachenden Natur und den vielen schönen Eindrücken. Dieses ganz zarte Grün überall im Wald, der noch gar kein richtiger Wald ist so unbelaubt und hell. So leicht und transparent und leuchtend dieses Grün zwischen den weiß-grauen Stämmen vor blauem Hintergrund. Manchmal wirkt die Atmosphäre wirklich etwas verzaubert und magisch, wenn man allein dort steht und alles ganz ruhig ist. Ja, magischer oder poetischer Realismus gefällt mir gut. Die Realität ist nur Stoff, nur Anreiz und Ideengeber für eine zauberhafte Wirklichkeit, eine Welt der Phantasie, in der noch viel mehr möglich ist ...

"Wird der Zauber gewoben, gehen wir einen anderen Vertrag mit der Welt ein, werden in jenen verzauberten Zustand versetzt , in dem alles, auch das einfachste Ding, das simpelste Ereignis, voll magischer Möglichkeiten steckt. Es bedeutet eine andere Weise des In-der-Welt-Seins. Eine plötzliche, oft beängstigende Offenheit, die Seele offen wie die einen Spalt breit gröffnete Tür, die physische Welt unmittelbar, vertraut und erotisch (!), mit neuer Energie belebt, mit neuem Licht, und zugleich wunderbar gefährlich."

Im Kulturteil des SPIEGELs wurde auf eine Dokumentation über ein glückliches und sinnerfülltes Leben hingewiesen. Und eine Seite weiter auf ein Buch mit dem Titel "Unsere glücklichen Tage". Ich muß dann auch daran denken: an ein glückliches und sinnerfülltes Leben. Ich habe schon eine Vorstellung davon, was das für mich wäre, aber ich finde es schwer, es konsequent umzusetzen. Es sind eher Glücksinseln bei mir, aber kein zusammenhängendes Konstrukt. Dafür fehlt die Eine oder das Andere. Aber das ist wahrscheinlich auch ein zu hoher Anspruch an das Leben. Glücksinseln sind wahrscheinlich schon ein überdurchschnittlicher Zustand.

09.03.   19.05   Verloren

Bin heute Nacht wieder von einem speziellen Traum heimgesucht worden. Wie immer erinnere ich mich nur noch an mehr oder weniger zusammenhängende Fragmente und eine insgesamt beklemmende Atmosphäre. Die Szenen spielten in einer Großstadt, wahrscheinlich also Berlin. Ich hatte irgendeine Veranstaltung besucht und Dich dort getroffen. Wir haben uns dort im Getümmel länger geküsst, doch niemand beachtete uns weiter. Wir fanden uns später umschlungen auf einem Bett in einem Hotelzimmer wieder. Du lagst halbnackt an mir. Die Situation war irgendwie komisch und unklar und angespannt. Du hattest ein gesundheitliches Problem (Ausfluß?) und meintest, daß sich etwas geändert hätte, ohne daß ich verstand, was es ist oder worum es ging. Martin war dann später in ziemlich verfremdeter Optik auch in diesem Raum; wir saßen auf Stühlen herum und unterhielten uns zu dritt über irgendwas. Er sollte mich wohl zum Bahnhof oder einen anderen Ort chauffieren. Bin dann später aber anscheinend alleine mit der U-Bahn los und stellte kurz vorm Bahnhof fest, daß ich meinen großen Koffer nicht dabei hatte ;-). Ziemliche Panik. Angestrengtes Überlegen, wo ich ihn vergessen oder verloren haben könnte. Bin zurück - jetzt war es eine Wohnung, in der Du noch mit Zusammenpacken beschäftigt warst und keinen Koffer gesehen hast. Dort brachen die Bilder dann ab oder ich wachte auf. Wie meist, eine insgesamt unangenehme, bedrückende Stimmung. Die Motive scheinen in verfremdeter Form größtenteils aus dem wirklichen Leben zu stammen.

09.02.   17:50   Re: Berlin

Süße, ich habe auch schrecklichen Enztug. Darf gar nicht an vor einer Woche denken - tue es aber gerade trotzdem aus mindestens zwei Gründen. Von 0 auf 100 ist ja schön, aber umgekehrt geht eigentlich gar nicht. Unmenschlich ist das, würde ich sogar sagen. Diese ganzen Phantomerregungen und Phantom­schmerzen. Ich gewöhne mich eben sofort an Deine Anwesenheit. Jetzt fehlst Du einfach :-(. Ich habe deshalb gestern und diese Nacht (eher früher Morgen) aus therapeutischer Indikation noch was geschrieben ... :-*

09.02.   16:019   Re: Berlin

Heute vor einer Woche waren wir noch etwas erhitzt vom Badminton-Spielen... ;-) Ich habe Entzugser­scheinungen, vermisse es zum Beispiel so sehr, mit Dir im Bett zu liegen...

07.02.   16.23    So gelingt Paaren die Arbeitsteilung im Alltag

Hallo Süßer,

ich habe auch schreckliche Sehnsucht. War heute Mittag kurz davor, Dich mal einfach anzurufen. Aber ich traue mich dann meist doch nicht, weil ich Sorge habe, dass es Dir eigentlich überhaupt nicht passt, Du Dir die Zeit dann aber nimmst und danach Stress bekommst… Oder das Gespräch nicht sofort been­den willst, aber eigentlich angespannt bist und ich das Gefühl habe, dass Du schlechte Laune hast… Aber vielleicht wärst Du natürlich auch einfach nur auf dem Klo gewesen und ich hätte Dich gar nicht erreicht… ;-)

Jedenfalls geht es mir diese Woche oft so, dass ich das Gefühl habe, dass Du doch gleich vorbeikommen müsstest und dann freue ich mich schon darauf, mich mit Dir zu unterhalten und und und... Bis mir auf­fällt, dass das nicht einfach passieren wird :-(. Gefühlt lebe ich diese Woche irgendwie auf einem anderen Planeten...

:-*

06.02.   15.10   Re: St. Augustin

Ehrlich gesagt ging mir es ganz genauso, als ich die Fotos gestern sah. Ich konnte mich noch ziemlich gut daran erinnern, wie es mir ging, als ich ich in dem Zimmer überlegt hatte, ob ich nun anrufe oder nicht, auch der Münzsprecher am Tag danach ist mir noch gut in Erinnerung. Alles ist nur Spekulation, was gewesen wäre, wenn ich Dich erreicht hätte. Aber wenn man von Zufallsentscheidungen und nicht Schicksal ausgeht, so ist es wirklich erstaunlich bis verstörend, was unserer Leben so bestimmt oder auch nicht.

06.02.   06:16   Re: St. Augustin

Ich muß gestehen, daß mich der Anblick dieser Bilder ziemlich bedrückt. Du warst so nah gewesen damals, und trotzdem hat keine Begegnung stattgefunden. Von daher passt diese Trostlosigkeit durchaus als Metapher. Es ist so ein verdammter Mist, dieses ewige Sich-Verpassen. Ich finde, es kann einem ganz schwindelig werden, wenn man darüber nachdenkt, von welchen Zufällen das Leben abhängt. Vielleicht damals nur davon, ob ich zu einem bestimmten Zeitpunkt in meinem Zimmer oder auf dem Klo war. Das muß man sich mal vorstellen. Ich frage mich, ob das Ausdruck der Schwere oder der Leichtigkeit des Daseins ist. Wahrscheinlich hängt das einfach von der konkreten Situation ab. Ich weiß auch nicht, ob es gut oder schlecht gewesen wäre, wenn es damals passiert wäre. Aber sicher wäre Einiges anders gelaufen. Es gab in diesen fünfzehn Jahren jedenfalls mehrere Stellen, an denen wir einen anderen Weg hätten einschlagen können.

05.02.   13:50   Re: Berlin

Es fühlt sich gerade sehr komisch an, unwirklich/surreal eben. Szenen eines Filmes trifft es auch für mich gut. Alles, was in Berlin ganz selbstverständlich war, ist mit einem Schlag weg und nur noch Erinnerung, bei der ich mich frage, ob das wirklich sein kann. Gleichzeitig habe ich noch so viele Bilder im Kopf. Ich funktioniere hier, mache meine Dinge und fühle mich leer. Ich möchte mich eigentlich mit dem Wochen-ende beschäftigen, aber stattdessen sitze ich beim Elternabend und muss mir Gedanken über andere Schicksale machen und irgendetwas mitentscheiden, was sich für mich gerade weit weg anfühlt. Ich weiß gerade nicht, ob es Segen oder Fluch war, dass nach meiner Rückkehr so viel anstand durch diese Kita-Geschichte. Jedenfalls musste ich dadurch gar nicht viel erzählen über Berlin.

Gestern musste ich immer wieder beim Treffen mit Svenja daran denken, wie absurd die Situation ist. Dass sie von mir etwas ganz anderes denkt, als das, was gerade zutrifft. Aber es ging so sehr um andere Dinge, dass ich noch nicht mal wirklich darüber nachdenken konnte, ob ich mal was erzählen sollte oder nicht. Es war ein schönes, entspanntes Treffen. Ich glaube aber, sie würde es nicht verstehen.

Sie hat ja vor zwei Jahren mit 41 ihr drittes Kind bekommen und es ging dann auch mal darum, ob ich mir noch ein Drittes vorstellen könnte. Doppelt bescheuerte Situation, die mir ziemlich zugesetzt hat.  (Meine Kollegen waren übrigens auch mal wieder reproduktiv und am Montag sind direkt zwei Kinder zur Welt gekommen. Eine Enni Johanna und ein Caspar Ludwig… wurden jetzt fleißig beklatscht und beglückwünscht in der WhatsApp Gruppe)

Gestern Abend habe ich mich total darüber aufgeregt, dass Linus bei jeder Kleinigkeit so aus der Haut fährt und habe es damit dann leider ja auch nicht besser vorgelebt, sondern eigentlich weiß man dann auch, woher es kommt. Die Situation war total angespannt, Linus und ich total frustriert und ich kam mir irgendwie auch ungerecht vor. Unausgeglichen. Eigentlich müsste ich aufräumen in meinem Leben, eine Balance finden. Aber die Strategie dorthin habe ich noch nicht. Im Gegenteil: Gerade habe ich Frau K. abgesagt und bin damit wieder bei der Ausgangssituation …

Der Morgen ist schon wieder vorbei gerast und ich habe bisher nur eine CME-Fortbildung geschafft. Ansonsten suche ich nach Zeitschriften, obwohl ich die Artikel auch online lesen könnte, frage mich, wo ich sie nur hingeräumt habe, suche nach alten Fotos, weil ich bei der Dorotheenstraßen-Küche an unsere alte in Dortmund denken musste. Macht aber auch nicht glücklicher.

Erwarte irgendwie, dass ich gleich wieder in Berlin bin, Du ins Zimmer kommst, ich Dich schon fast spüren kann und ganz kribbelig werde, weil ich mir vorstelle, dass wir gleich wieder für mehrere Stunden im Bett abtauchen werden. Vermisse Dich!

 :-*

Wenn man Surrealismus bei Google eingibt, dann taucht dieses Bild relativ schnell auf, das mir bestens bekannt ist…:

05.02.   07:16   Re: Berlin

Drei Tage leben wie ein richtiges Paar, und sich dann abrupt zurück ins andere Leben katapultieren. Es fühlt sich mal wieder so komisch an. Deine Nähe, Deine Wärme, das Anfassen, die Körperlichkeit, das Zusammensein - bitter, daß das alles einfach weg ist. Die gemeinsamen Stunden bekommen im Nachhinein schnell einen etwas surrealen, traumhaften Charakter oder erinnern an Szenen eines Filmes. Ich sehe uns in verschiedenen Situationen aus der Perspektive eines Dritten. Vermisse Dich :-*

30.01.   06:52   Re: Kribbeln

Hallo Süße, so geht es mir auch :-). Ich freue mich schon riesig auf das Wochenende, auch wenn es nicht einfach ist, das alles immer hinzubekommen. Natürlich verstehe ich diese Probleme. Ich fühle mich gerade wahnsinnig gestresst und hoffe, heute die wesentlichen Erledigungen noch zu schaffen und daß es dann besser wird, wenn ich erstmal im Zug (meinem zweiten zu Hause ...) sitze. Wird schon alles irgendwie ... :-*

30.01.   00:25   Kribbeln

Ich stelle mir jeden Tag vor, wie wir uns sehen, uns küssen, uns vereinigen. Das ist alles oft sehr plastisch und wirkt sehr realistisch. Ich flüchte mich also auch gerne in Tagträume. Es kribbelt, ich vermisse Dich, ich habe Sehnsucht. Es ist schön, dass wir uns bald in Berlin sehen. Auch wenn ich die Zeit davor aus unterschiedlichen Gründen nicht gut aushalten kann. Ich weiß nicht, ob Du das ein kleines bisschen nachvollziehen kannst. Egal. Ich hoffe, dass alles glatt läuft und freue mich einfach mal auf die Zeit in Berlin.

18.01.   10:31   Ich schreib Dir meine Liebe in den Wind

Hallo Süße, ich bin immer noch in einem diffusen Erregungszustand ... Du hast mich wieder so entzückt, als hätten wir uns Monate lang nicht gesehen. Ich könnte manchmal auch platzen: vor Freude, Erregung, Fassungs-losigkeit und allem Möglichen. Na ja, ich versuche ruhig zu bleiben und nicht schreiend herumzulaufen, wo:-*nach mir manchmal wäre ...

17.01.   00:40   Re: Frohes Neues!

> Geflüchtet bin ich nicht. Vor was sollte ich flüchten? <  Du hattest geschrieben, dass Du Dir die Ferien extra so organisiert hast, dass Du unterwegs bist, um nicht darauf zu warten, dass wir uns sehen könnten und dann enttäuscht bist, wenn es nichts wird, weil ich ja bestimmt keine Zeit dazu finden würde. Es klang daher schon etwas nach Flucht für mich und ich wusste bis dahin ja auch gar nicht, wo Du Dich überhaupt aufhalten würdest, was Du Dir so organisiert hattest.

> Ja, wir haben Silvester mit Judith und Tilman eine Party gegeben <

Ihr habt zusammen mit Judith und Tilman die Party gegeben und seid in Berlin Mit-Gastgeber gewesen?

Von Usedom wusste ich also nichts, da Du nicht darüber gesprochen hattest. Daher empfand ich Deine SMS, dass Du jetzt am Strand die Sonne genießen würdest, als Provokation. Es wirkte auf mich so, als wolltest Du mir zeigen, dass Du jetzt ganz weit weg bist und es Dir gut gehen lässt. Zu diesem Zeitpunkt habe ich Dich sehr vermisst und war froh, dass wir Silvester wenigstens mal Kontakt hatten. Ich war darüber einfach nur total happy und aus dem Nichts ganz guter Dinge, dass alles irgendwie wird. Ich hatte sogar einen kurzen Moment, in dem ich dachte, dass wir das bis 2021 alles geregelt bekommen. Aber als Du dann gefragt hattest, ob wir uns am 6.1. sehen können, hat mich die Kommunikation so, wie ich sie wahrgenommen habe, aufgebracht, weil Du so aus dem Off Aufforderungen geschickt hast und ich dachte, dass Du jetzt gleich wieder frustriert sein würdest, weil ich am 6.1. ja wahrscheinlich nicht können würde und Du direkt wieder Deine Schlüsse ziehen würdest, dass ich eh alles nicht richtig versuche. Meine Wahrnehmung war, dass Du Dich irgendwohin geflüchtet hast, es Dir mit Familie gut gehen lässt, es offen lässt, wann Du wieder erreichbar sein würdest, um es mir mal zu zeigen, wie das ist, wenn der andere keine Zeit hat, und dann plötzlich kamst Du mit einem konkreten Terminwunsch um die Ecke und sogar mit der Frage, was denn nun eigentlich mit der Woche im Ferienhaus Deines Cousins ist. Als ich erst mal sagen musste, dass es wahrscheinlich nicht gehen wird am 6., hatte ich - wie schon mündlich erwähnt - das Gefühl, dass Dich das nun sofort wieder kränkt und Du enttäuschst schreibst „dann eben nicht“. Ich konnte es überhaupt nicht gut haben, dass ich mir ständig vorstellen musste, dass Du gut gelaunt irgendwo am Strand rumliegst, an Deinem Fluchtort, und mir ab und zu, wenn es passte, mal geschrieben hast, ob es denn bei Dir vielleicht klappen könnte oder nicht. Da fühlte ich mich wie der Fisch an der Angel, der zappelt und nicht weiß, was jetzt geschehen wird. Ich kann mir gut vorstellen, dass Du diese Wahrnehmung komplett nicht nachvollziehen kannst. Kann ich auch irgendwie verstehen. Ich war ja auch nicht dabei in Deinem Urlaub. Ich wusste nur, dass ich Sehnsucht hatte und kam mir dann etwas vorgeführt vor. Das wollte ich Dir zumindest nochmal mitteilen, damit Du weißt, wie ich mich gefühlt habe dabei und vielleicht auch etwas unwirsch war.

Außerdem stand für mich zu diesem Zeitpunkt auch noch unkommentiert im Raum, dass ich ja an Insas Geburtstag mal weggehen könnte, wenn ich es nur richtig wollen würde und auch die Formulierung wegen des Düsseldorf Abends hat mich angegrätzt. Auf der einen Seite sagst Du mir, dass ich mal das machen solle, was ich wolle und nicht das, was andere von mir erwarten. Aber im Prinzip hast Du auch nur Erwartungen an mich formuliert, die ich aber nicht erfüllen wollte, weil ich eben generell nicht an Insas Geburtstag um 18 Uhr abhauen möchte und mich nach Deiner Formulierung gefragt habe, ob ich Dich Kristina als meinen Geliebten hätte vorstellen sollen, wenn Du erwartest, dass ich endlich mal zu Dir/zu uns stehen solle. Spätestens nach dieser Mail hatte ich das Gefühl, dass einfach alle irgendwelche Erwartungen an mich haben, die ich erfüllen soll. Ich habe gerade wirklich Schwierigkeiten, meine eigenen Wünsche und Vorstellungen zu erkennen und umzusetzen vor lauter Gedanken um Erwartungen, die andere an mich haben könnten.

Eigentlich fand ich das Lied „Ich weiß, was ich will“ Silvester daher eher zynisch für mich. Ich hatte es nicht ausgesucht, hatte aber den spontanen Wunsch, mit Christian dieses Lied zu singen. Voller Inbrunst, fast so, als wolle ich gegen mein Nicht-Wissen ansingen und endlich mehr auf mich und meine Wünsche achten.

Vor Weihnachten war ich ziemlich am Ende. Am liebsten wäre es mir gewesen, wenn mich wirklich alle mal alleine und in Ruhe gelassen hätten, ich vielleicht wirklich mal nur mit mir selbst Zeit hätte verbringen dürfen. Aber das scheint für Dich total abwegig zu sein, Du hast daraus sofort eine Vision von einem Treffen von uns zwei gemacht und mich unter Zugzwang gesetzt, dass ich mir eine Woche während der Schulzeit bitteschön freischaufeln soll. Sofort war in mir der Gedanke, dass das doch auch wieder eine Riesenleistung ist, die Du da einforderst. Als wir telefoniert haben, war ich erst mal etwas fassungslos, dass das so gekommen ist während des Gesprächs. Ich bin fertig, gebe zu verstehen, dass ich irgendwie auch mal Zeit für mich bräuchte, um vielleicht mal einen klaren Gedanken fassen zu können und am Ende des Telefonats fühle ich mich einer extrem schwer zu lösenden Aufgabe gegenüber, dass ich offiziell eine Woche Yoga-Training o.ä. machen soll, damit ich mit Dir eine Woche wegfahren kann. Und die Enttäuschung, falls mir das nicht gelingt, ist dann doch schon vorprogrammiert. Wie soll ich denn vorgeben, dass ich mich eine Woche vielleicht im Skiurlaub befinde, wenn ich noch nicht mal ein einziges Foto davon vorzeigen kann oder erzählen kann, was da so war? Ich kann doch nicht angeben, dass ich mal alleine in die Einöde in den Osten fahre in ein Ferienhaus von jemandem, den ich nicht kenne.

Es mag bei Dir die pure Verzweiflung sein, aber manchmal wundert es mich schon, dass Du zu denken scheinst, dass Du bei mir damit eine positive Veränderung einläuten kannst. Wenn Du schreibst, dass Du das alles nur für uns tust, weil Du an uns und unsere Liebe glaubst, dann entziehst Du mir im Prinzip jedes Anrecht, darüber anders zu denken, ohne direkt im Verdacht zu stehen, dass mir das alles nicht wichtig ist. Gleichzeitig sagst Du mir aber, dass ich mal mein eigenes Ding machen soll. Solange sich das mit Deinen Vorstellungen deckt, ist das okay, aber wenn ich es befremdlich finde, dass Du alles andere hinten anstellst, dann bekomme ich vorgeworfen, dass mit mir etwas nicht stimmt und es nicht ernst meine. Es kann gut sein, dass ich viel zu oft erst mal darüber nachdenke, was andere nun wohl von mir erwarten und ich versuche, es allen recht zu machen. Aber ich finde nicht, dass das heißt, dass Deine Strategie die einzig wahre ist und ich diejenige bin, die sich total sonderbar und nicht nachvollziehbar verhält.

Mein Hauptproblem ist es weiterhin, dass ich Sorge habe, so viel zu zerstören. Das lähmt mich fast komplett. Ich glaube, ich kann schon mal sagen, dass meine Kinder tatsächlich an erster Stelle stehen und ich für sie Dinge tue oder nicht tue, wenn ich denke, dass es für sie so besser ist.

Bei Dir und auch bei meinem Mann habe ich gerade das Gefühl, dass ich ständig nur Erwartungen an mich spüre. Ob sie nun stimmen oder ich nur denke, dass es so ist. Ich spüre sie ständig im Nacken, obwohl keiner es wirklich formuliert oder Du sagst mir dann auch immer, dass es so gar nicht gemeint war, wie ich es wahrgenommen hatte. Daher hatte ich vor Weihnachten das Gefühl, dass es besser wäre, wenn ich mich mal auf mich konzentrieren könnte. Um einfach mal bei bestimmten Dingen klar oder zumindest klarer zu werden, was ich mir überhaupt wünsche und vorstelle. Ich denke gerne, dass andere etwas von mir erwarten, obwohl es nicht formuliert worden ist und ärgere mich, dass ich mir deswegen Stress mache. Vielleicht dann auch einfach zu Unrecht oder weil ich meine Ansprüche selbst einfach zu hoch hänge. Ich weiß, dass ich da meine Defizite habe. Das war mit ein Grund, warum ich dachte, dass ich mal professionelle Hilfe mit hinzuziehen sollte. Ich glaube, dass ich da für mich alleine ein paar Dinge klar kriegen müsste.

Ich will diese zweite Chance ja nicht einfach wegwerfen. Sonst hätte ich doch schon längst aufgegeben. Siehst Du das denn nicht? Wenn ich einfach nur ein bisschen Spaß haben wollte, dann sollte ich mir wirklich eine einfache Konstellation suchen, wo ich nicht so viele Gefühle rein investiere, sondern einfach nur ein bisschen konsumiere. Das ist aber nicht der Fall. Du sagst dazu ja gerne, dass es eine negative Bilanz ist bei dieser Beziehung. Warum hänge ich also trotzdem noch daran und möchte nicht aufgeben? Weil ich vielleicht auch immer noch das Gefühl habe, dass es etwas ganz Besonderes ist, das man nicht noch einmal aufgeben darf. Aber ich weiß auch, dass ich nicht besonders mutig in dieser Angelegenheit bin. Damals vor 20 Jahren war das bei mir doch eine ganz andere Ausgangssituation. Ich hatte keinen Partner, keine Familie. Es gab nur mich und meine Liebe zu Dir. Von der ich damals ja völlig überzeugt war. Du warst derjenige, der das nicht so gesehen hat oder nicht sehen wollte. Weil es eben auch noch andere Interessenkonflikte in Deinem Leben gab. Dir war das alles zu unsicher mit so einer jungen Freundin. Du hattest doch anscheinend Angst, dass ich Dich nach 2 Jahren sitzen lasse, um mir einen jüngeren Typen zu suchen. Das wusstest Du damals doch auch alles nicht und ich glaube, es wäre auch nicht so gekommen. Es sei denn, wir hätten im Zusammenleben feststellen müssen, dass wir doch nicht passen. Heute scheinst Du das für Dich alles klarer zu sehen, obwohl es so viele Menschen gibt, die da dran hängen und verletzt würden. Und während Du es bemängelst, dass ich damals ja mehr gekämpft hätte, so finde ich es im Gegenzug genauso spannend, dass Du die Interessenkonflikte, mit denen ich jetzt kämpfe, anscheinend so gar nicht mehr nachvollziehen kannst. Ich habe heute die Sorge, dass das alles nicht gut gehen könnte und ich in ein paar Jahren vor einem Scherbenhaufen stehe. Vielleicht dann mit Kindern, die mich scheiße finden und nicht mit mir reden wollen. Oder abgestürzt sind und in der Schule nicht klar kommen oder verhaltensauffällig sind. Du hattest damals Sorge, dass Du kinderlos bleiben könntest, ohne Familie, wenn Du Dich auf das Wagnis mit einer so viel Jüngeren eingelassen hättest und dann vielleicht nicht dafür belohnt worden wärest. Ich habe heute Sorge, dass mich meine Familie verstößt und ich dann eben keine mehr habe. So, wie Du damals auf der Stelle getreten bist, tue ich es heute, weil mir der Schritt ins Ungewisse so schwer fällt. Ich sage damit nicht, dass das toll ist. Ich fände es auch besser, wenn das nicht so wäre. Aber es ist zumindest auch keine Herangehensweise, die ganz neu aufgetaucht ist bei uns, sie könnte Dir bekannt vorkommen.

Du sagst mir fast mantramäßig, dass wir doch füreinander bestimmt sind, dass es diese Gefühle doch nicht so oft in dieser Intensität gibt. Dass wir zueinander gehören. Das denke ich ja eigentlich auch. Auch wenn ich dazu neige, das alles auch von außen beleuchten zu wollen und versuche, psychologische Gründe dafür zu finden, warum man das sonst noch denken könnte. Stichwort intensivere Gefühle in dieser Situation, kein Alltag kann entstehen, so dass diese Schmetterlingsgefühle im Bauch besser zu konservieren sind etc. Aber das ist ja der Grund, warum ich noch nicht aufgegeben habe. Manchmal hinterfrage ich das aber dann doch auch mal und habe Sorge, dass wir vielleicht auch ein bisschen in dieses Gefühl der Wolke 7 und Bestimmung verliebt sind; dass das über allem steht.

Über den Besuch in S. muss ich immer noch oft nachdenken. Eigentlich wollte ich das ja gar nicht. Aber ich habe mich dann doch breitschlagen lassen, weil ich wieder einmal dachte, dass ich eine Erwartung erfüllen muss und ich doch mal etwas Einsatz zeigen müsste, um Dich nicht zu enttäuschen. Aber eigentlich war das eine Grenzüberschreitung, die ich so nicht wollte. Wenn das nicht geklappt hätte und alles rausgekommen wäre, dann wäre es doch für Michael die Oberkränkung gewesen, meine Kinder hätten irgendwann, sobald sie die Geschehnisse mal hätten einordnen können, es doch auch als Frechheit und Grenzüberschreitung wahrnehmen können. Ich hätte mich als absolut respektlos gefühlt. Eine Basis zum Reden oder geordnetem Abgang wäre damit verwirkt gewesen. Aber trotzdem frage ich mich die ganze Zeit, ob meine Herangehensweise irgendwie pathologisch ist, weil Du mir ständig zu verstehen gibst, dass da ja nichts Schlimmes dabei ist und ich den Eindruck bekommen kann, dass nur ich Dinge komisch finde und der Rest der Welt, allen voran Du, nicht. Das kann es doch auch nicht sein, dass ich ständig mein Verhalten anzweifle, während Du Deins nicht auch mal überprüfst. Ich fühle mich so oft in der Verteidigungsrolle, ständig frage ich mich, ob ich nicht richtig ticke, weil ich zu rücksichtsvoll bin zu meiner Familie. Aber wenn bei dem Besuch etwas schief gelaufen wäre, dann wäre erst mal nur ich dran gewesen mit Scherben zusammenkehren, es ging um meine Lebenssituation, deren Grundlage von jetzt auf gleich weg gewesen wäre.

Vorgestern Abend hat eine Mutter aus der Kita uns mitgeteilt, dass sie sich von ihrem Partner getrennt hat und mit ihren Kindern einfach in England geblieben ist nach den Weihnachtsferien. Sie kommt aus England und ihre Eltern wohnen dort auch noch. Der ältere Sohn geht ab heute dort auf die Schule… der kleinere Sohn soll dann bald dort in die Kita gehen. Ich wusste, dass die Eltern sich schon seit Jahren nicht so gut verstehen und fand es jedes Mal beklemmend, wenn ich Linus dort mal abgeholt habe abends nach einem Treffen. Wenn der Vater schon von der Arbeit zurück war, war die Atmosphäre dort recht unerträglich. Daher hat es mich gar nicht so sehr erstaunt, dass sie sich nun trennt, aber ich fand es schon krass, dass sie dann direkt alles abbricht und nach England zurückgeht. Das war natürlich gestern in der Kita Thema und es ging mal wieder darum, wie schlimm Trennungen für Kinder doch sind, auch wenn sie vielleicht notwendig wären. „Die Kinder müssen eben alles mitmachen, wofür sich ihre Eltern entscheiden“ war so ein Satz, der fiel. Auch ich habe bei der Familie das Gefühl, dass die beiden Kinder etwas auffällig sind, weil es in der Familie eben nicht gut lief. Diese Atmosphäre, die ich wahrgenommen habe, ist bestimmt auch bei den Kindern angekommen, und das ständig. Und als ich mich darüber so reden hörte, dachte ich sofort, dass meine Kinder ja auch automatisch Probleme kriegen müssen, wenn ich ihnen die Basis klaue. Andere Menschen tun das auch und in vielen Fällen ist das ja auch besser so, weil es anders eben nicht mehr funktionierte. Aber ich habe eine Riesenangst davor, wie ich immer wieder feststellen muss.

Im Moment drehen sich meine Gedanken die meiste Zeit darum, ob ich es denn irgendwie begründen könnte, eine Woche weg sein zu wollen. Dabei ist dann aber noch nicht mal sicher, ob es sich umsetzen lässt. Denn ich glaube, dass Michael die Kinder nicht während der regulären Kita-Zeit abholen kann in dieser Woche. Beim Berlin-Wochenende habe ich das Problem, dass ich ja eigentlich Katrin und Markus fragen könnte, ob ich bei ihnen schlafen könnte. Michael macht das jetzt auch für eine Fortbildung. Also muss ich mir erst noch etwas überlegen, wie ich argumentieren könnte, dass ich mir doch unbedingt ein Hotelzimmer nehmen muss. Es sind eben immer Freunde von ihm und mir, die auch in regem Austausch sind. Da kann ich nicht einfach angeben, dass ich da übernachte und es dann doch nicht tun. Ich finde das alles immer nicht so einfach. Du meinst wahrscheinlich, dass ich mir zu viele Gedanken mache und außerdem zu wenig Einsatz zeige. Mich machen solche Sachen krank. Ich kann das gar nicht gut aushalten und bei dieser Geschichte bringt es mich auch immer wieder auf, wenn ich besonders gestresst bin deswegen, weil ich es irgendwie auch ein bisschen unfair finde, dass Du diese verrückte Idee hattest und mir das so aufdrückst. Es kommt bei mir so an, als müsste ich mal wieder beweisen, wie wichtig mir das ist. "Geh aufs Ganze und wenn Du diese Idee hinterfragst oder gar anzweifelst, dann liebst Du mich nicht richtig!“ Manchmal frage ich mich dann, ob Du mich denn eigentlich so sein lässt wie ich bin. Abgesehen davon, dass ich vielleicht ein bisschen mutiger sein könnte und in Deinen Augen auch sein sollte, habe ich mich gefragt, ob ich nicht ständig versuche, es Dir recht zu machen. Mache Dinge, von denen ich früher nie geglaubt hätte, dass ich das tue. Mache aber auch Dinge, die mich wirklich große Überwindung kosten und manchmal bereue ich es auch, was ich getan habe. Wenn ich das äußere, dann habe ich oft das Gefühl, dass das von Dir etwas abgetan wird. Ich fühle mich dann tatsächlich etwas fremdbestimmt. Wenn ich zum Beispiel sage, dass ich es für mich komisch finde, dorthin zu fahren, wo Du vor noch nicht allzu langer Zeit Urlaub gemacht hast mit Familie, dann sagst Du, dass Du das nicht als Problem siehst. Das wirkt dann auf mich so, als würdest Du dann erwarten, dass es dann auch kein Problem mehr für mich ist. Denn Du hast ja gesagt, dass es kein Problem ist. Die Frauen auf dem Stuhl vor dem Kamin sind austauschbar. Das finde ich dann auch wieder komisch. Für mich ist dieser Stuhl da irgendwie schon besetzt.

Manchmal habe ich durchaus die Befürchtung, dass Du diese Bestimmung schon übersteigerst und alles andere außer Acht lässt. Und wenn ich sage, dass ich es befremdlich finde, dass Du alles andere so ausblenden kannst, dann bekomme ich vorgeworfen, dass ich Dich einfach nicht genug liebe, wenn ich nicht mit Dir eine komplette Woche einfach mal wegfahren kann, nicht an Insas Geburtstag mit Dir ins Konzert gehen will oder einem Besuch bei meiner Mutter ablehnend gegenüber stehe (vor allem, wenn die Kinder dabei sind). Das irritiert mich dann aber wiederum so sehr, dass ich mich dann wirklich frage, ob wir gleich ticken und wir als Paar wirklich gut funktionieren würden in der realen Welt. Und diese Unsicherheit spiegelt sich dann auch darin wieder, dass ich nicht verbindlich werde. Ich glaube, dass das ein blöder Kreislauf ist, der nicht leicht zu durchbrechen ist.

Ich bin gespannt, was Du von all dem hier nachvollziehen kannst und was Dich aufbringen wird…

16.01.   18:06   Ab wann meinen Zwei es ernst?

"Je länger zwei Menschen zusammen sind, umso mehr sie in ihre Partnerschaft investieren - Zeit, Gefühle, Kompromisse, desto geringer wird die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich trennen." Trifft das auch auf uns zu? Oder gilt das nur, wenn man sich auch zusammen ein Sofa kauft? Ab wann meinen Zwei es ernst? Sind wir ein Paar? Wie siehst Du das denn? Für mich besteht daran schon lange kein Zweifel.

Den Artikel habe ich deshalb mit Spannung gelesen, obwohl es primär sicher um eine andere Zielgruppe geht, aber die dort gestellten Fragen treffen auf uns genauso zu. Ich empfinde uns immer als Paar und denke, daß wir viele Kriterien für diese Definition erfüllen. Unsere Beziehung hat eigentlich auch einen höheren Grad an Verfestigung erlangt – allein schon wegen der großen Investitionen. So empfinde ich es zumindest. Aber von dem Dreiklang der erwähnten klassichen Ingredienzen der Partnerschaft – Emotionen, Sexualität, Verbindlichkeit (es sollten noch mehr sein, denke ich …) - fehlt mir die Letztere. Die finde ich bei Dir gar nicht. Es scheint immer alles in der Schwebe zu sein, die Zukunft ist bei Dir anscheinend völlig offen. Oder sogar weniger als offen. Das ist nach über vier Jahren nicht anders als nach ein paar Monaten.

Von daher würde ich die drei Antwortmöglichkeiten für Dich noch um eine weitere ergänzen:  „Vielleicht – aber eher nicht.“ Mit dieser Unverbindlichkeit passt unser Verhältnis immerhin gut zum Zeitgeist …

Als stabilisierendes Element fehlen uns natürlich noch zwei weitere entscheidende Dinge: der gemein-same Alltag / Zusammenwohnen – und das öffentliche Auftreten als Paar. Es erscheint zuerst frustrie-rend, daß wir in dem erwähnten Modell der Beziehungs-Entwicklung nicht mal Stufe 1 erreichen. Aber das liegt natürlich an unserem besonderen Setting, welches selbst Stufe 1 unmöglich macht (andernfalls wäre es ja auch absurd, nach vier Jahren nicht mal die erste Stufe erreicht zu haben). Dieses Modell ist also auf Affären und heimliche Parallelbeziehungen nicht anwendbar :-(.

16.01.   11.13   Re: Dortmund

> Ich weiß ja nicht mal, ob Du überhaupt weitermachen willst ... < Ich fand dieses Schweigen auch rätselhaft. Aber ich habe mal geschaut, wie das so war mit der Kommunikation. Was heißt denn tagelang? Vorgestern und gestern habe ich fast nichts geschrieben. Ich hatte Dir vorgestern aber sogar morgens noch was geschrieben. Dann war ich arbeiten und Du hast nichts geschrieben. Und da dachte ich mir plötzlich, dass ich ja mal schauen könnte, ob Du von Dir aus noch schreibst an dem Tag. Hast Du aber nicht. Wenn es Dir komisch vorkam, dass ich nicht schreibe, hättest Du ja auch mal was schreiben können oder fragen können, warum ich nicht schreibe. Auf was konkret hattest Du gewartet? Da Du nichts mehr zum Zimmer in Berlin geschrieben hattest, bin ich davon ausgegangen, dass Du es nun doch lieber sicherheitshalber storniert hattest. Ich hatte trotz Geburtstagsfeier-Marathon schon noch geschrieben am Wochenende. Ich fand das jetzt auch nicht so unnett, was ich nochmal gelesen habe und ich habe Sonntag Abend auch geschrieben, warum ich abends keine Zeit hatte. Es kam keine Reaktion. Nur ein Lied, dass mir meine Entscheidungs-Unfähigkeit vor Augen hält und ein Schweigen am Montag. Da habe ich mich auch gefragt, was jetzt mit Dir los ist. Ich habe mich gefragt, ob Du vielleicht verstimmt bist wegen meiner Ansichten zum Zusammensein oder weil ich eben Geburtstag gefeiert habe.

Gestern habe ich die ganze Zeit an einer Mail an Dich geschrieben, die mich ziemlich absorbiert hat. Und meine Stimmung bedrückt hat. Außerdem war gestern viel Thema, dass eine Mutter unserer Kita sich von ihrem Partner getrennt hat und mit ihren Kindern in ihre Heimat nach England gezogen ist. Krasse Nummer. Und auch wieder sehr bedrückend durch die Gespräche drumherum. Ich habe gestern auch kurz geschrieben. Da reagierst Du kurz förmlich drauf. Aber das war es. Ich hatte keine Energie nachzufragen, was los ist, weil ich so mit dieser Mail beschäftigt war und ich davon ausgegangen bin, dass es bestimmt auch etwas mit der Sendepause, Deinen Mails, die Du mir aus der Sendepausenzeit geschickt hast, die unschöne Situation, ein anstehendes Gespräch über die freizuschaufelnde Woche gehen könnte. Darum geht es ja in der Mail, die ich schreibe. Daher wollte ich nicht parallel noch etwas dazu schreiben. Aber ich bin nicht so schnell. Ich brauche Zeit für solche Mails.

Mir geht es nicht gut, aber das ist ja nichts Neues. Habe das Gefühl, dass ich kurz vor einem Hörsturz bin. Mein rechtes Ohr hört seit Sonntag immer mal wieder komisch. Aber da es immer wieder weg geht, hoffe ich, dass es doch nicht so schlimm kommt. Vielleicht sollte ich mal mehr trinken.

Ich muss jetzt mal los, die andere Mail bekommst Du später, sorry.

13.01.   18:26   Madeleine

Ja, sehr lecker. Genußvestärkend kommt ja bei mir noch hinzu, daß es sich nicht einfach um den Geschmack von Orangenplätzchen handelt. Aufgrund der jahrelangen Konditionierung lösen diese Aromen sofort ein ganzes Panoptikum reizendster Assoziationen, Gefühle, Stimmungen und Erregungs-zustände aus, die weit über das hinausgehen, was man von einem ordinären REWE-Orangenplätzchen erwarten kann. Womit wir wieder bei Proust und der Madeleine wären - aber diese Passage hatte ich Dir irgendwann schon mal geschickt, denke ich. Da Du Dich aber bestimmt nicht mehr erinnerst, ist sie hier noch-mal: …

13.01.   17:31   Re: Dortmund

> Daß Du eine zweiwöchige "Beziehung" zu einem Kommilitonen als offizieller einstufst ... <  Offiziell, weil er in der kurzen Zeit wenigstens keine andere Hauptfreundin hatte, sondern ich mich als seine Freundin, die er auch so betiteln würde, fühlte.

Was ich von unserer Beziehung meinte, dürfte Dir ja hinlänglich bekannt sein. In Bochum war ja nicht Dein Hauptstandort, da konnte man auch mal mit einer anderen knutschen, obwohl man im normalen Freundeskreis mit einer anderen Freundin bekannt war. Ich finde das jetzt nicht so abwegig. Meine Definition von offiziell zusammensein ist ja weiterhin, wenn beide den anderen als den Partner sehen und bei anderen so vorstellen würden, weil es nicht schon jemand anderen gibt, mit dem man in anderen Kreisen als Paar gilt. Mir war doch von Anfang an klar, dass Du eigentlich vergeben bist, besetzt sozusagen. Wir waren in Bochum ab und zu mal auf Parties zusammen zu sehen und in Heidelberg, als sonst niemand aus Deinem Freundeskreis dabei war. Ich finde eine Knutscherei auf einer Party jedenfalls unverbindlicher, als wenn man jemanden in seinem Freundeskreis als Freundin präsentiert, auch wenn man nicht ständig knutscht und aneinanderklebt.

> Wenn Du Deine Kinder später mal in Deine Liebes- und Beziehungsbiographie einweihen … <  Nein, würde ich nicht. Aber in der Situation wollte ich nicht tiefer ins Detail gehen, obwohl ich schon kurz davor war. Das lag noch nicht mal unbedingt an Linus, sondern daran, dass Michael dabei war und ich ja mit meinem paranoiden Gemüt direkt denke, dass er diese Mails von 2017 doch plötzlich mit Deinem Namen verknüpft, wenn ich ihn erwähne. Wahrscheinlich wäre das dann noch nicht mal passiert. Aber dann hätte Linus vielleicht gesagt „Johannn?!? Der, der in S. übernachtet hat?“ ...

> Mach den Kleinen nicht verrückt mit Deinem Liebesgedönz ;-) < Ich habe das bestimmt nicht forciert...!

> Was bedeutet es für Dich denn, … < Das ist definitiv was anderes als damals. Es macht mich krank und verrückt, weil ich auf der einen Seite mir so oft vorstellen kann, wie das offiziell wäre, wie wir zusammen funktionieren würden als Paar, ich mich dann aber wieder schlecht fühle, weil ich denke, dass es ja eigentlich nicht sein dürfte und ich eigentlich dankbar sein müsste für das, was ich habe. Auch wenn Verena gerne mal sagt, dass es ja einfach passieren kann, dass man sich nochmal neu verliebt...

10.01.  15:40   Sylvester

Ich mußte heute viel an die Zeit vor 20 Jahren denken, an dieses Millenium-Silvester. Jahre, die nur aus Zweien und Nullen bestehen, haben uns bisher leider kein Glück gebracht ... Die Wochen um dieses Silvester damals waren etwas ähnlich der jetzigen: auch damals hatten wir ja keinen Kontakt und wußten nicht, wie der andere ins neue Jahr und Jahrtausend kommt. Warum das so sein mußte und warum es jetzt wieder so sein muß, verstehe ich nicht wirklich. Ein paar Monate später bist Du dann gegangen. Was wird das neue Jahr uns bringen? Ich habe das Gefühl, daß wie damals wieder eine Entscheidung ansteht. Ich hoffe noch immer, daß wir nicht den gleichen Fehler ein zweites Mal begehen (müssen). Es könnte unser Jahrzehnt werden – wenn Du möchtest.

10.01.   15:39   Jahresendzeitgedanken

Ich frage mich häufig in letzter Zeit, was in Dir wohl vorgehen mag. Du hast Dich etwas zurückgezogen, finde ich. Ich werde aus Dir nicht schlau, Du bist mir gerade mal wieder besonders rätselhaft. Was emp-findest Du für mich, was bedeutet Dir unsere Beziehung? Du sagst selten etwas dazu, bist oft so versch-lossen und nüchtern. Ich muß mir dann meinen Teil dazu denken. Ich bin so euphorisch, was uns betrifft, und so mitteilsam, und habe so viele Zukunftspläne, in denen wir gemeinsam als Paar vorkommen. Aber ich stoße bei Dir auf eine Mauer. Du willst nicht viel preisgeben. Ich kann nur spekulieren, wie ehrlich Du mir gegenüber überhaupt bist und wie viel Du mir verschweigst. Verheimlichen können wir beide ja gut, warum solltest Du das nur Deinem Mann gegenüber tun? Vielleicht verschweigst Du mir genauso viel, nur eben andere Dinge, weil es Dir unangenehm ist oder weil Du vermutest, daß ich bestimmte Dinge nicht hören möchte. Du sagst nicht, daß Du den Kontakt abbrechen möchtest, tust aber andererseits auch gerade nicht sehr viel außer dem Notwendigsten. Traust Du Dich nur nicht, mir die Wahrheit zu sagen und hoffst, die Beziehung einschlafen zu lassen oder mich zur Trennung zu motivieren, damit Du es nicht machen mußt und nachher behaupten kannst, ich sei es ja gewesen? Ich weiß es nicht. Ich kenne Deine Gefühle gerade nicht, ich kenne Deine Wünsche und Pläne nicht. Das Schlimmste ist eigentlich, daß Du keine gemeinsame Zukunft für uns siehst, was mir Dein Verhalten noch rätselhafter erscheinen lässt. Du scheinst meine Euphorie, meine intensiven Gefühle und mein Bedürfnis nach richtigem Zusam-mensein überhaupt nicht zu teilen. Warum triffst Du Dich dann überhaupt mit mir? Nach so langer Zeit kannst Du mir nicht mal sagen, was Du von mir willst, was ich sehr deprimierend finde.

Ich schreibe Dir doch nicht seit viereinhalb Jahren, weil ich Langeweile habe. Und ich treffe Dich nicht seit bald vier Jahren, weil ich mich in regelmäßigen Abständen mit einer anderen Frau im Bett vergnügen muß. Ich tue das, weil ich Dich liebe und weil ich deshalb so oft wie möglich mit Dir zusammensein möchte. Und hoffe, daß dies nur ein Übergangsstadium auf dem Weg zu einer richtigen Beziehung ist. Warum tust Du das alles? Sag es mir doch mal. Und wenn, dann möglichst ehrlich ...

Wenn man so lange so eng zusammen ist, kann das Ziel doch eigentlich nur sein, richtig zusammen-zuleben. Ich wüßte kein anderes Ziel. Wenn Du mir weniger bedeuten würdest als das, was eine langfristige Beziehung wünschen lässt, würde ich diesen Aufwand doch gar nicht betreiben. Ich verstehe deshalb nicht, welches andere Ziel ich haben könnte als eine richtige Beziehung, ein gemeinsames Leben. Und warum ist das bei Dir nicht so? Auf was wartest Du? Und was erhoffst Du Dir vom Weitermachen, wenn Du nicht an einem Zusammenleben interessiert bist? Sind es tatsächlich hauptsächlich die prak-tischen und logistischen Schwierigkeiten? Es wäre gut, wenn Du Dir mal darüber Klarheit veschaffen wür-dest und mir diese Fragen beantworten könntest und wenn Du Dir trotz Deiner vielen anderen Aktivi-täten dafür einmal Zeit nehmen würdest. Ich finde, daß ich es Dir wert sein sollte, mal etwas Zeit zu inve-stieren. Wenn Du beklagst, Wichtiges nicht von Unwichtigem trennen zu können, gebe ich Dir hiermit den Hinweis: dies sollte mal eine der wichtigeren Dinge auf Deiner To-do-Liste sein. Ich schaffe es auch, mir Zeit für Dich zu nehmen. Du könntest Deine Prioritäten tatsächlich mal überdenken oder mir eben direkt sagen, daß Du keine Lust hast, mehr in uns zu investieren.

Wenn Du nicht bereit bist, das Leben mit Deinem Mann etwas in Unordnung zu bringen, um für uns ein bißchen mehr Raum zu schaffen, werden wir uns verlieren. Wenn es so weitergeht wie jetzt, werden wir das kommende Jahr sicher nicht überleben. Die Sendepausen sind kein gutes Zeichen. So drehen wir uns nur im Kreis und der Frust über die unbefriedigende Situation wird größer und größer. Vermissen allein kann keine Basis einer Beziehung sein. Auch nicht, immer nur das fünfte Rad am Wagen zu sein. Man kann sich in dieser Distanz auch nicht weiter kennenlernen und näher kommen. Wir bleiben so auf einem bestimmten Niveau stehen, weitere Erkundung und Entwicklung unmöglich. Um dann vermutlich bald den Rückzug anzutreten, bis wir uns wieder fremd sind wie früher. Sendepausen scheinen mir da keine Lösung, sondern läuten eher den Verfall ein.

Solche Herzensangelegenheiten im mittleren Lebensalter sind nun mal meist wie bei uns recht kompli-ziert und schwer bis tragisch. Man kann keine raschen und spontanen Entscheidungen treffen, alles hat direkt so bedeutende und weitreichende Konsequenzen. Es gibt nicht nur eine Kraft, sondern zwei, die sich gegenseitig neutralisieren und bekämpfen. Und es geht dabei sehr viel um Verantwortung anderen Menschen gegenüber. Aber diese Lebensphase hat auch einige Vorteile, denke ich. Da man eine Lang-zeit-Beziehung bzw. Ehe nicht mal eben so beenden oder neu eingehen kann, muß man sich und den Anderen länger prüfen und sich sicherer sein. Man entscheidet sich deshalb auch bewußter und weiß bestenfalls überhaupt mehr, was einem wichtig ist.

Was wäre denn, wenn unsere Geschichte einen tieferen Sinn enthält? Mir kommt das so vor. Ich meine damit nichts Esoterisches. Schicksal, Bestimmung oder so was. Aber es ist doch möglicherweise oder sogar wahrscheinlich kein völliger Zufall, daß die Dinge so gelaufen sind, wie sie gelaufen sind. Viele andere Entwicklungen bzw. Abläufe wären möglich gewesen. Wir hätten zum Beispiel wie die meisten Ex-Paare nie mehr Kontakt haben können. Daß es anders gekommen ist, hat vermutlich einen Grund. Wir waren damals – zumindest einer von uns … – noch nicht reif für diese Beziehung. Von daher war die Pause wohl notwendig. Gut, sie hätte nicht so lange sein müssen, aber die Zeitspanne wurde auch von Ereignissen bestimmt, die wir nicht ganz kontrollieren konnten. Aber irgendwann hast Du Dich dann eben doch gemeldet. Jetzt sind wir aus meiner Sicht bereit für mehr – und deshalb haben wir wieder diesen Kontakt, der aber derzeit noch in einem eher provisorischen Stadium vor sich hindämmert und auf seine Erfüllung wartet.

„Abends, in ihrem Zimmer, versuchte Dora sich vorzustellen, wie er mit Mitte Zwanzig gewesen ist. Damals war sie ein kleines Mädchen, sie ging zur Schule, aber trotzdem: Es wäre alles gekommen wie in Müritz. Wo immer sie ihn entdeckt hätte, sie hätte gezittert und gehofft und ihn nie mehr vergessen. Franz sagt es so: Wenn ich Dich früher getroffen hätte, wäre manches anders gewesen, aber früher konnte ich Dich nicht treffen, der früheste Zeitpunkt war Müritz. Früher wäre ich nicht bereit gewesen. Es mußte alles so geschehen, wie es geschehen ist; erst dann konnte ich Dich haben und nach Berlin gehen und so leben, wie wir jetzt leben.“ (aus: „Die Herrlichkeit des Lebens“)

Du passt zu mir trotz einiger unterschiedlicher Interessen; ich fühle mich wohl bei Dir. Das Gesetz der Anziehung fällt mir dabei ein. Du bringst mich zum Schwingen, zum Vibrieren, manchmal sogar zum Leuchten :-). Und das Allerwichtigste: Du machst mich glücklich! Ich kann mir ein Leben ohne Dich nicht nur schwer vorstellen - ich möchte es auch überhaupt nicht. Ich sehe mich mehr an Deiner Seite als bei irgendjemand sonst. Hat sich denn nicht 1999 ein Band um uns gelegt, das uns verbindet und zusam-menhält, auch wenn wir (oder ich) es lange nicht wußten? Fühlst Du denn nicht, daß wir zusammen-gehören und nach den Jahren des Getrenntseins endlich richtig zueinander finden sollten? Mein Gefühl zumindest sagt mir, daß dies der richtige Weg ist.

Ein gemeinsames Leben würde sich sicher von dem Leben unterscheiden, daß wir bisher mit unseren Ehepartnern führen. Aber das macht mir keine allzu großen Sorgen. Vielleicht gibt es noch etwas Beson-deres zu entdecken in diesem Leben, das nur wir Zwei zusammen erleben können. Wer weiß.

10.01.   15:38   Winterwege

Nein, sie wollte sich nicht wundern. Über nichts wollte sie sich wundern, was in letzter Zeit die altge-wohnten Beschäftigungen und Dinge, das altgewohnte Leben fremd und erregend machte. Möglichkeiten tauchten auf, an die sie nie gedacht hatte, über die sie auch nicht nachdenken wollte, aber sie wollte ihnen eine Weile nahe sein. Johann hatte sie am vorigen Tag gefragt: „Haben sie nie den Rausch gekannt jener Augenblicke, in denen wir alles, was uns bisher unumstößlich schien, als etwas empfinden, das mit einer Handbewegung weggewischt werden könnte.“ Sie hatte geantwortet: „Das verstehe ich nicht“, aber jetzt war es ihr zuweilen, als fühlte sie, was er meinte.

Als Johann vor die Haustür trat, fand er Isa bereits im Schlitten sitzen. Es fiel ihm auf, wie ausgelassen lustig sie ausschaute. Unter den tiefhängenden Wolken war die Luft ganz still und schwer von Feuchtigkeit. […] Der Schlitten fuhr durch den frischen Schnee mit einem leichten Rauschen, als glitte er über Seide hin, und die Hufschläge der Stute klangen leise und dumpf, als liefe sie auf Strümpfen. „Es ist alles so heimelig und geheimnisvoll“ rief Johann, „ich komme mir hier so eingepackt vor: die weiße Watte unten, die graue Watte oben, und wir liegen drin wie zwei Weihnachtspuppen.“ Isa lachte. „Ach ja, das ist wahr, das war immer so. Wenn die Welt plötzlich voll von Schnee liegt und alles so anders aussieht und alles so leise wird, dann hatte ich von jeher das Gefühl, als sei es der Vorbote irgendeines Feiertages, so samstäglich wird einem zumute. Alles ist still und weiß, und das Gute wird gleich kommen.“ „Weiße Tücher über hübsche, kostbare Überraschungen gebreitet, so ist hier alles bei Euch.“ „Wie? Alles?“, fragte Isa. „Gewiss, alles“, bestätigte Johann. „Sie auch, Isa, gerade Sie.“

Die verschneiten Tannen waren den Fahrenden ganz nahe, streckten ihre Zweige über sie hin, schütteten weichen Schnee in den Schlitten. „Noch fester eingepackt, noch fester mit Ihnen zusammengepackt“ rief Johann begeistert, „Lieben Sie nicht auch Pakete? Wenn so ein Paket von der Post kommt und auf mei-nem Tisch liegt: ich sehe nicht nach, woher es kommt, ich weiß nicht, was es enthält, ich mache es lange nicht auf, ich freue mich, dass es da liegt und mir etwas verspricht. Einmal bekam ich ein kleines weißes Paket, ich freute mich darüber, ließ es ungeöffnet liegen und ging aus. Als ich zurückkam, war das Paket fort. Wurde es gestohlen? Wahrscheinlich. Aber an dieses kleine, weiße Paket denke ich immer noch zuweilen.“

„Was ist das mit diesen Paketen?“, fragte Isa ungeduldig; warum sprach er nicht von ihr in seiner schwü-len, erregenden Weise, die Isa ihr eigenes Wesen als etwas Unergründliches, Geheimnisvolles und Gefährliches empfinden ließ? „Diese Pakete sind ja wahrscheinlich ein Gleichnis. Bin ich so wie das kleine, weiße Paket? Wenn Sie von mir sprechen, so sprechen Sie doch deutlicher. Also, wie bin ich?“

„Sie, Isa?“, sagte Johann leise, „Das weiß ich nicht, das wissen wir beide nicht, das ist es ja, was uns beide quält. So lange über Ihnen Ihr Friede liegt wie eine kühle, reine, weiße Decke, werden wir das nie wissen.“ „Ach so“, sagte Isa, „und Sie versuchen also, diesen Frieden zu stören?“

„Ja, Isa“, erwiderte Johann, „das will ich. Natürlich. Das tut jeder, der liebt. Menschen, die gesund und friedlich nebeneinander hergehen, die wissen nie, wer sie sind, die können sich auch nie lieben. Aber wenn die Seelen sich nah, schmerzhaft nah kommen, wenn eine die andere wie ein Fieber in sich fühlt, wenn zwei sich weh tun, Schmerzen teilen, eine Schuld teilen – dann, ja dann, dann wissen sie voneinander. Die kühle, weiße, friedliche Decke kann uns dann verdecken und verbergen, unter ihr leben wir das einzige Leben, das es gibt, denn nur das ist Leben, alles andere ist Tod oder mechanisches Abschnurren dummer Gewohnheiten, nur das - - -.“

09.01.   07:18   Re: Glückwunsch

Hallo meine Liebe,

dann Dir auch herzlichen Glückwunsch zur gut gelungenen Tochter! Bei Dir ist doch auch alles super gelaufen- und es ist sogar mehr eingetreten, als Du Dir gewünscht hast, also noch besser ;-). Aber mit Anfang Zwanzig hatte ich auch nicht viel über Kinder nachgedacht und hatte da keine konkreten Wün-sche. Du hast nicht all das ein Jahrzehnt später gemacht, aber das Heiraten und Kinderkriegen, was wohl damit zusammenhängen dürfte, daß Du auch ungefähr ein Jahrzehnt jünger bist und letztlich doch offen-sichtlich ziemlich die gleichen Wünsche hast oder hattest wie ich. Was mal wieder zeigt, daß das meiste ganz simpel mit dem Alter zu tun hat. Dabei fällt mir auf, daß ich Insa schon lange nicht mehr gesehen habe :-(. Ich will Dich nicht mit Mutterglücksprüchen belästigen, aber der eine unten scheint mir doch ganz passend. Dann viel Spaß bei den Geburtstagsaktivitäten.

:-*

08.01.   17:15   10er Jahre

Alle denken jetzt zurück an das vergangene Jahrzehnt und was in diesen Jahren so alles passiert ist. Das habe ich deshalb auch gerade gemacht. Du bist nach M. gezogen, hast geheiratet und zwei Kinder bekommen. Dein Vater ist gestorben. Zum Beispiel. Was gab es bei mir Herausragendes? An das Meiste erinnere ich mich natürlich nicht mehr - seliges Vergessen ;-). Wir sind zweimal umgezogen in diesen Jahren ... (...). Die Kinder waren am Anfang der Dekade erst Drei und Fünf, also noch im Kindergarten - das ist wirklich lange her. Sie haben sich natürlich sehr entwickelt in diesen Jahren, aber das ist ja ein kontinuierlicher Prozeß, den man nicht als ein bestimmtes Ereignis wahrnimmt. Keiner in meiner Familie ist gestorben in dem Jahrzehnt. Das wichtigste private Ereignis ist aber ganz sicher die unerwartete Wiederbegegnung mit und Beziehung zu Dir. Dieses Ereignis hat mich am meisten bestimmt, verändert und beschäftigt. Du bist das Zentrum meines inneren Erlebens geworden. Und dieses Verhältnis währt nun fast schon die Hälfte des Jahrzehnts. Ein halbes Jahrzehnt, das fühlt sich sehr lang an. Es betrifft damit auch fast die Hälfte der Zeit, die Du verheiratet bist. Und es bedeutet eben auch ein halbes Jahrzehnt einer Doppelbeziehung mit all ihren Problemen und Belastungen. Du hast mein Leben in völlige Unordnung gebracht und stellst eine andere Beziehung in Frage. Keine Zeit meines Lebens ist besser dokumentiert als diese. Mit durch-schnittlich tausend Seiten pro Jahr. Ich habe noch nie so viel geschrieben in meinem Leben, ich hatte nie so lange so viele und tiefe Emotionen wie in dieser Zeit. Es war dadurch auch eine der intensivsten Zeiten meines Lebens - abgesehen von der Kindheit und den frühen 20er Jahren vielleicht. Es war und ist eine ganz besondere Zeit. Welche Ereignisse die nächsten zehn Jahre bestimmen werden, weiß jetzt noch keiner. Aber ich würde mir wünschen - sehr wünschen, daß es unser Jahrzehnt wird. Das wir richtig zusammen sind, unser Leben teilen. Und mit sehr, sehr viel Glück auch noch gemeinsamen Nachwuchs erleben dürfen. Es liegt in Deiner Hand, ob unsere Beziehung später nur als eine Episode, ein mißglücktes Experiment in Erinnerung bleiben wird oder ob etwas Größeres und Dauerhafteres daraus entsteht.

08.01.   17:14    Re: Zeitreise der Liebe

> dass Du einfach nur die Variante ab Heiligabend schweigen gewählt hast <  Nur weil ich etwas wähle, mußt Du doch nicht folgen. Wenn Du andere Vorstellungen hast, hättest Du die ja artikulieren oder das Schweigen mißachten können. Von Dir kam jedenfalls kein Widerspruch. Das heißt doch dann wohl Einvernehmen – oder fügst Du Dich etwa wider Willen meinen Anweisungen? Das kann ich mir auch nicht gut vorstellen  - und nicht hoffen ...

Sie ist traurig, so eine Pause. Es ist traurig, so ganz ohne Dich. Ich vermisse Dich. Ein Kontaktabbruch fällt mir schwer. So lange hatten wir das noch nie in den fast viereinhalb Jahren. Sendepause meint ja letztlich nichts anderes als Trennung auf Probe. Um mal zu testen, wie sich das anfühlt. Und führt immer zu Entfremdung. Und erscheint so sinnlos. Eine eigentlich völlig überflüssige weitere Kraftanstrengung. Man muß es aushalten. Ich brauche keine Pause, keinen Abstand, ich weiß auch so, was ich möchte und mir wünsche. Ich mache das nur, weil es nicht einfach immer so weitergehen kann. In der Hoffnung, daß Du mal in irgendeiner Weise Stellung beziehst. Natürlich könnte ich gehen, wenn Du Dich durch Dein Nichtentscheiden letztlich und doch permanent entscheidest – und zwar gegen uns – aber einfach ist das ja leider nicht, wie jeder Abhängige bestens weiß … So lange ich noch etwas Hoffnung habe, daß nicht alles umsonst war – auch wenn es in Wahrheit vermutlich nicht Hoffnung, sondern nur Selbstbetrug ist, erdulde ich auch dies noch. Und betrachte das Exerzitium als eine Art Probelauf, ein Training für den Ernstfall. Denn bald wird das Schweigen ja wahrscheinlich sowieso wieder der Dauererzustand sein, an den ich mich so schon mal etwas gewöhnen kann.

Ich kann es mir nach wie vor nicht vorstellen, ein Leben ohne Dich. Aber ich werde wohl müssen. Du willst nichts aufgeben oder ändern, wir werden uns also vermutlich wieder trennen. Ich kann es noch nicht glauben, daß wir die gleiche Dummheit ein zweites Mal begehen. Genau 20 Jahre nach der ersten. Ich bin fest davon überzeugt, daß es ein riesiger Fehler ist. Und daß wir keine dritte Chance bekommen. Aber Du hast mir inzwischen fast jede Zuversicht genommen. Nichts in Deinem Verhalten oder Deinen Worten lässt auch nur im geringsten erkennen, daß Du mehr willst als diese Hotelzimmer-Fernbeziehung oder Dir eine gemeinsame Zukunft wünscht. Diese ganzen Jahre scheinen abgesehen von etwas Spaß für den Augenblick und intensiven Gefühlen umsonst gewesen zu sein. Egal, was ich mache, es bewirkt, es ändert nichts. Eine Anstrengung für nichts. Ich reiße mir den Popo auf für diese Beziehung, aber die Kon-sequenzen sind gleich Null. Mehr kann ich nicht geben – wenn Dir das nicht reicht, muß ich ja wohl irgendwann kapitulieren.

Irgendwann geht es einfach nicht mehr, wenn der Andere keine Bereitschaft zeigt, sich zu bewegen. Nicht mal bereit ist für eine gemeinsame Zukunftsvision. Dieses Schweigen von Dir kann ich oft kaum glauben. Du lässt alles nur geschehen, völlig passiv, fast schon teilnahmslos. Wenn ich ein Treffen vorschlage, sehen wir uns (soweit es während der Arbeitszeit Deines Mannes geschieht), wenn ich keins vorschlage, sehen wir uns eben nicht; wenn ich Schweigen vorschlage, schweigen wir. Wenn ich mehr vorschlage, stellst Du Dich tot. Sehen oder Nichtsehen, Pause oder nicht, es scheint alles egal für Dich. Du nimmst es hin, wie es kommt, ohne Protest, ohne Klagen. Wenn ich Trennung vorschlage, wird das möglicherweise genauso geräuschlos ablaufen. Ich wundere mich manchmal, wie Du Dich vor zwei Jahrzehnten noch so aufregen konntest. Da hat man wenigstens gespürt, daß Du etwas wolltest. Heute würde ich mir so eine Reaktion mal wünschen. Ich habe mich anscheinend die ganze Zeit geirrt, wenn ich dachte, daß es Dir ähnlich geht wie mir, Du in etwa dasselbe empfindest. Oder Du kannst sowas einfach nicht artikulieren. Ich weiß es nicht, Dein Verhalten bleibt mir rätselhaft.

Ich komme mir wie ein Einzelkämpfer vor; bin allein unterwegs mit meinen Wünschen auf einer hoff-nungslosen Mission. Aber ich denke mir inzwischen, wenn Du mich nicht willst: nicht nur Pech für mich, sondern auch Pech für Dich! Dann eben nicht. Man kann Niemanden zwingen. Du meinst einerseits, daß Du nie ganz über unseren mißglückten ersten Versuch hinweggekommen bist; andererseits willst Du die zweite Chance, die sich uns unverhofft eröffnet hat, aber auch nicht nutzen. Wir reden hier doch nicht von der nostalgischen Aufwärmung einer alten, kurzen Affäre. Das ist doch viel mehr. Und so ein Geschenk bekommt man wahrscheinlich nicht ein zweites Mal im Leben. Ich fühle sehr deutlich, daß Du meine Frau bist, daß Du die bist, die ich will. Daß wir zusammengehören und irgendwann zusammen leben sollten. Daß wir am Anfang und nicht am Ende sind. Wir besitzen eine eigene Welt und ein eigenes Glück. Ich wäre bereit, mit Dir etwas Neues zu wagen, mich noch einmal neu zu orientieren. Natürlich geht das auch bei mir nicht innerhalb von ein paar Wochen – es ist genauso schwer und ich bräuchte dafür ebenfalls Zeit. Aber ich denke immerhin, daß ich diese Zukunft möchte und bereit wäre, dafür etwas zu investieren. Und zwar nicht erst in fünf Jahren. Ich stelle mir viele schöne Dinge vor, die noch vor uns liegen - eine glückliche Zukunft. Eigentlich. Wenn man wollen würde. Wofür haben wir denn all das gemacht die letzten Jahre, wenn nicht für eine gemeinsame Zukunft? Wenn Du das alles wegschmeißen möchtest, kann ich Dich nicht daran hindern. Ich werde das zutiefst bedauern. Wenn Du es später auch bedauern solltest, wird es vermutlich zu spät sein.

Ja, Du fehlst mir. Ich brauche Dich. Ich vermisse Dich schrecklich. Du bist Wahrheit und Notwendigkeit. Aber ich werde Dir trotzdem nicht ewig hinterherrennen, nur um von Dir mit Unverbindlichkeiten und Nichtwissen auf unbestimmt vertröstet zu werden. Über vier Jahre müssen doch reichen, um zumindest in etwa zu wissen, in welche Richtung es langfristig gehen soll und was man bereit ist, zu tun. Wenn Du alles vor die Wand fahren möchtest, gehen wir eben wieder getrennter Wege. Ich habe dann zumindest mein Allermöglichstes gegeben, um Dich von der Notwendigkeit des Gegenteils zu überzeugen.

08.01.   17:13    Re: Konstanze, Dich wiederzusehen

> Eine Frage fällt mir spontan auch ein: wie würde es wohl im Jetzt weitergehen, wenn ich Dir klipp und klar sagen würde, dass ich mich in 5 Jahren an Deiner Seite sehe? <

Das ist eigentlich keine richtige Frage, da Du sie ehrlicherweise überhaupt nicht so stellen kannst. Denn Du kannst überhaupt nicht klipp und klar behaupten, in fünf Jahren an meiner Seite zu stehen. So einen Zeitraum kann unter den derzeitigen schwierigen Umständen niemand überblicken, verbindliche Aussa-gen sind deshalb unredlich. Du weißt doch so gut wie ich, daß sich in fünf Jahren sehr viel ändern kann. Und Du weißt auch, daß wir das nicht mehr fünf Jahre so aushalten, egal, was Du meinst versprechen zu können. Aber selbst diese Überlegung hast Du ja bezeichnenderweise in den Konjunktiv gesetzt, es ist also auch wieder nur ein Gedankenspiel. Wenn Du von 2021 sprechen würdest und nicht im Konjunktiv, dann wäre es etwas völlig anderes. Da könnte ich dann auch etwas zu sagen. Aber Du hast natürlich bewußt einen Zeitrahmen gewählt, der Dir nichts abverlangt und alles offen lässt ...

Bei der langfristigen Perspektive geht es doch darum, sich überhaupt mal zu entscheiden, mit wem man langfristig zusammenleben möchte. Das muß meiner Meinung nach als Erstes angegangen werden. Wenn dieses Ziel geklärt ist, kann man sich Gedanken machen, ob es einen gangbaren Weg dorthin gibt und wie dieser Weg aussehen könnte. Und dieser Weg wird – sollte zumindest – hoffentlich etwas kürzer sein als ein Fünf-Jahres-Projekt.

08.01.   17:13    Spätzeit

Ich lese gerade ein paar Kurzgeschichten des Eduard von Keyserling aus einem Buch, das mich neulich völlig zufällig im Vorbeigehen ansprang und das ich eigentlich nur wegen des Umschlags erwarb, da mir der Autor selbst wenig sagte. Aber der Bildausschnitt des Covers hatte so etwas Schönes und Verhei-ßungsvolles, daß ich dadurch unweigerlich auf den Inhalt schließen mußte und mich dann auch etwas mit diesem Sonderlings beschäftigte, der unverheiratet blieb und sein Leben lang unter den Folgen einer Syphilis litt, die ihn relativ früh erblinden ließ. Er mußte dann all seine Werke den mit im Haushalt leben-den beiden Schwestern diktieren (!). Die Kommentare aus dem Nachwort klingen zumindest gut:

„Keyserling versteht einen Sommernachmittag so zu beschreiben, dass man während seines Glühens und Verdämmerns das Gefühl des ganzen Lebens hat“ (Hermann Hesse). „Die Innovation von Keyserlings Erzählungen liegt darin, daß bei ihm sämtliche Spannung und sämtliche Energie in die Sprache verlagert ist. In der Sprache laufen die Gefühle heiß, in den Schilderungen der Natur zittern die Sehnsüchte. Wie erklärt sich diese ungeheuer verdichtete Sinnlichkeit, die er in die Beschreibungen zu legen vermag, wieso wirken die Wiesen bei ihm sonniger als irgendwo sonst, die Schatten dunkler, die Himmel höher? Weil er nichts mehr sah. Und also alles vor seinem inneren Auge heraufbeschwören mußte.

Die sinnliche Anschaulichkeit seiner Sprache erlebte nach der Erblindung noch einmal eine Intensivierung in der Wiedergabe der Farbigkeit, der Gerüche, der Töne. Es ist dieser aus großen Tiefen kommende Blick mit geschlossenen Augen, der seine Erzählungen so aufregend macht. Er muß alle Sinnlichkeit in die Schil-derung eines Sommenachmittags legen, in die Sensationen des Lichts, weil er all dies nur erinnern kann, wenn er es mit höchster Konzentration und Präzision aus den Tiefen seines Gedächtnisses hervorzieht. Anders gesagt: erst seine Blindheit hat ihn sehend gemacht. Aus dem Schmerz über den Verlust der Gegenwartsempfindung hat er die Erinnerung zu einer gleichwertigen Wirklichkeitsebene gemacht.“

"Liebevoll malt er die Intérieurs der Schlösser und Landhäuser der untergegangenen Welt des baltischen Adels ebenso wie die künstlichen Landschaften der Felder, Gärten und Parks mit ihren Farben, Düften und dem wechselnden Licht. Wenn es längst keinen Park mehr geben wird, wird man sich mit Hilfe von Key-serlings Schilderungen immer noch vorstellen können, welche Paradies-Verheißungen die alten europäi-schen Schlossgärten einmal enthielten.“

"Es ist Spätzeit auf all den Landsitzen, die bei Keyserling in sonnendurchglühter Pracht vor sich hindäm-mern. Spätzeiten haben etwas ungemein Riezvolles. Sie schärfen die Sinne und intensivieren Empfin-dungs- und Genußfähigkeit durch die bloße Ahnung des bevorstehenden Verlusts. Die süßesten Kirschen sind eben die überreifen, die fettesten Wiesen die am Vorabend der Mahd, und das betörendste Licht bringt der Nachsommer."

„Keyserling wußte um die archaischen und immer aktuellen Triebkräfte, er weiß um die Liebe, die Kränkung, den Ehrgeiz, den Neid. Aber er lässt dies alles in seinen Erzählungen nur kurz aufflackern, bevor er die Erzählung wieder in einen anderen Dialog fließen lässt, oder in eine Naturschilderung, bevor der Blick in die Untiefen der menschlichen Seele für den Leser zu schmerzlich wird. Es gibt einen kleinen Aufsatz von ihm mit dem Titel „Das Leben ist ein Problem“. Er weiß, dass seine Erzählungen nur die sichbaren Schaumkronen eines Lebens sind, das natürlich in Wirklichkeit voller Wellen steckt, voller Untiefen, voller Sand und voller versunkener Schätze. Das Leben ist ein Problem – aber es geht trotzdem immer weiter.“

„Er wußte sehr genau Bescheid über die Nuance, die die Sehnsucht nach dem Glück von der Sehnsucht nach dem Unglück scheidet. Und er hat beschrieben, dass es manchmal die Erfüllung der Sehnsucht ist, die die Menschen am unglücklichsten werden lässt.“

08.01.   17:11    Re: Konstanze, Dich wiederzusehen

> Aber anscheinend hätte ich mir da einfach mal wieder nicht so viele Gedanken machen müssen, da Du mir nur die Musik, die Du gerade gehört hast, geschickt hast. <

So stimmt das natürlich nicht. Ich schicke Dir eigentlich niemals Musik nur deshalb, weil ich sie gerade höre. Ich habe sie geschickt, weil ich finde, daß es sehr schöne, gefühlvolle Arien sind und ich dabei an Dich (oder uns) denken mußte. Aber es steckt keine tiefere außer der einfachen textlichen und musika-lischen Botschaft dahinter; nichts, was sich direkt auf irgendetwas der Tage davor bezieht oder so.

In der Arie träumt Belmonte, seine geliebte Verlobte Konstanze wiederzusehen, die verschleppt und vom osmanischen Herrscher Bassa Selim vergeblich zur Liebe gezwungen wird. Von großer Sehnsucht über-wältigt, kann er kaum noch zwischen Wirklichkeit und Traum unterscheiden … Es geht also um das Thema Trennung, Sehnsucht und erhofftes baldiges Wiedersehen. Von daher ist mir nicht klar, was Dich dabei inhaltlich verwirrt haben könnte. Das ist doch ein Dauermotiv bei uns (zumindest bei mir). Das könnte ich fast jeden Tag singen L. In „Ach ich liebte, war so glücklich“ erzählt Konstanze dem Bassa von ihrem  Trennungs- und Liebes-Schmerz und von der Treue ihrem Geliebten gegenüber, was den Bassa natürlich in Rage bringt ;-). Ein anderes Lied trägt den schönen Titel „Wer ein Liebchen hat gefunden J.

Ich bin gerade ziemlich im Opern- bzw. eher Arienfieber. Das liegt auch an Lisa, die mich durch ihr ewiges Opernhören wieder auf die Idee gebracht hat. Und das ganze Gefühlvoll-Sentimentale dieser Stücke spricht mich eben gerade aus naheliegenden Gründen sehr an. Es gibt so viele wundervolle Arien …

08.01.   17:10    Re: Träne im Auge

Danke. Das ging ja schnell zu lesen. Eigentlich nur ein Satz – kein Wunder, daß ich da an meiner Erin-nerung zweifeln tat ;-).

Wenn ich sowas nachlese, kann ich es nicht lassen, auch gleich ein bißchen rückwärts und vorwärts zu blättern, um zu schauen, was in diesen Tagen sonst gerade Thema war. Sehr süße Sachen mal wieder, die ich schon wieder ziemlich verdrängt hatte. Aber natürlich auch das hier: „Letztlich demonstrieren unsere Zerrissenheit und unsere Schwierigkeiten, den Alltag zu bewältigen, ja nur etwas, das uns sowieso bestens bekannt ist: auf Dauer ist es nicht möglich, zwei Beziehungen parallel zu führen. Entweder Du trennst Dich von Martin und ich mich von Diana und wir beide leben zusammen, oder wir werden uns mittelfristig wieder voneinander trennen müssen. Jeder von uns kann entscheiden, was ihm wichtiger ist. Eine einigermaßen zufriedenstellende Lösung wird es aber wohl logischerweise nur sein, wenn wir beide im gleichen Sinne wollen und entscheiden. Natürlich kann ich weiterhin mit Diana zusammenleben. Und es wäre kein großes Unglück. Aber es geht doch auch - nicht nur, aber auch. Sehr auch! - darum, wer am besten zu einem passt. Mit wem man am glücklichsten sein kann. Idealerweise ist es etwas Wechsel-seitiges.“ Wohl war – dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Aber solche Ausführungen finden sich natürlich so dicht gestreut in unseren Mails, daß man immer sofort darauf stößt, egal, wo man gerade nachliest L. Lies Du das auch nochmal alles nach, dann brauche ich mich nicht ständig zu wiederholen ;-).

„Und es streift die Liebe unsres Herzens vergessene Sprache“ … ;-)

01.01.   02:09   Re: Frohes Neues!

Du hast Dich also nach Berlin geflüchtet. Ich weile heute in Köln...

Vermisse Dich auch ganz schrecklich. Mir ist vor ein paar Tagen erst aufgefallen, dass wir ja ein neues Jahrzehnt einleuten... Du siehst recht fertig aus. Ich hoffe, es ist nur eine Moment-Aufnahme und der typische „Ich-werde-fotografiert“-Blick... Ich habe heute Karaoke gesungen. Unter Bären „Ich weiß, was ich will“ und „Someone like you“.

01.01.   01:14    Frohes Neues!

Ich vermisse Dich ganz schrecklich, Liebste, versuche aber, weiter durchzuhalten. Hoffe, Du hast Dir die richtigen Vorsätze für das neue Jahr und Jahrzehnt vorgenommen. Ein Vorsatz fällt mir jetzt schon ein: das nächste Silvester zusammen feiern :-). Ich wünsche mir so sehr, daß diese Zwanziger Jahre endlich unser Jahrzehnt werden. Deshalb hätte diese Nacht so gut gepasst. Wir werden sie in irgendeiner Form nachholen müssen.