ein Leben ohne Lena ist möglich, aber sinnlos ...

Was bisher geschah ...

Das 1. Jahr

Lena schreibt Johann nach 15 Jahren Trennung eine Mail - und hat dann ein wenig Angst vor ihrer eigenen Courage. Beide sind inzwischen verheiratet, haben Kinder und leben in verschiedenen Städten. Doch Johann antwortet nicht nur; er ist auch bereit, sich noch einmal intensiv mit der Vergangenheit zu beschäftigen und das Gewesene und oft Vergessene gedanklich und emotional zu rekonstruieren. Und versucht, sein damaliges Verhalten zu begründen. Schon sehr bald sind bei Beiden die Erinnerungen und alten Gefühle wieder sehr präsent. Doch die Geliebte und Affäre von einst bleibt vorerst skeptisch ...

Lena hat die für sie unverständliche Trennung sehr verletzt, was die Wiederaufnahme des Kontaktes schwierig, aber auch direkt sehr intensiv gestaltet. Es beginnt ein vorsichtiges Abtasten, bei dem häufige Mißverständnisse und überall lauernde Tretminen immer wieder zu Verstimmungen, Ärger und Empörung führen. Doch das Interesse der beiden unbekannten Bekannten aneinander ist rasch wieder hergestellt und muß sich jetzt auf einer rein virtuellen Ebene als beständig erweisen. Beide rechnen mit dem raschen Einstellen der Korrespondenz, nachdem die vergangenen Ereignisse besprochen, aufgearbeitet und ausdiskutiert sind, doch im Laufe der Wochen entsteht durch den intensiven schriftlichen Austausch ein zunehmend vertrauensvolleres Verhältnis und eine steigende Neugier auch auf das aktuelle Leben und die Gedanken des Anderen.

Das allmähliche Näherkommen beschränkt sich nicht auf den gedanklichen Austausch; Beide entwickeln trotz fehlender physischer Präsenz ungeplant, aber rückwirkend durchaus erwartbar, wieder Gefühle füreinander und erotische Phantasien voneinander, die sich im Laufe der Monate kontinuierlich verstärken und schon früh die Frage nach einem Treffen aufkommen lassen, das aber vorerst als zu riskant empfunden und verworfen oder aufgeschoben wird. Lena ist voll ambivalenter Emotionen bezüglich der Vergangenheit und dem traumatischen Ende der ersten Beziehung. Beide haben Angst vor dem möglichen Ablauf einer solchen Begegnung und ihren Folgen.

Der rasch sehr intime Austausch führt zu einem schlechten Gewissen den Ehepartnern gegenüber, Beide spüren eine Gefahr und haben Zweifel an der Richtigkeit und Sinnhaftigkeit ihres Tuns, einem möglichen Kontrollverlust, einer sich ungewollt ergebenden komplizierten Beziehungs-Gemengelage, auch wenn Lena den Begriff „Beziehung“ noch länger als unpassend empfinden wird. Ihrem zunächst uneingestandenem Verliebtsein begegnet Johann mit einer offenen Beschreibung seiner Gefühle und Wünsche.

Die Korrespondenz wird umfangreicher und frequenter, erweitert sich thematisch und beschäftigt die Beiden sowohl zeitlich, wie auch emotional und mental immer mehr; infiltriert erst langsam und unmerklich, dann aber offensichtlicher auch den Alltag und die Beziehung zum Ehepartner. Lena und Johann schreiben sich bald täglich, oft mehrmals am Tag, soweit es möglich ist, denn Johann informiert seine Frau nur ganz oberflächlich und nur in den ersten Wochen über die Kontaktaufnahme und Korrespondenz mit der ehemaligen Geliebten; Lena hingegen erwähnt das gefährliche Spiel ihrem Mann gegenüber mit keinem Wort – zu groß ist die Angst vor Unverständnis und einer Katastrophe.

Das 2. Jahr

Noch glauben beide eher an ein Strohfeuer, das bald vorüber sein wird. Doch der Faden reist nicht ab, lange und sehr lange Briefe fesseln Beide aneinander und induzieren schon bald eine Gewohnheit mit Suchtcharakter, einen Sog, der eine physische Begegnung irgendwann als unabdingbar erscheinen lässt. Lena denkt dabei eher an ein harmloses und sicheres Nachmittags-Treffen im Cafe, doch Johann hat diesbezüglich ganz andere Vorstellungen. Schließlich überrumpelt er sie mit einem provokanten Vorschlag – und ist dann sehr überrascht und hoch beglückt, als sie, anscheinend ohne langes Zögern, zustimmt. So treffen sich die Beiden das erste Mal nach 16 Jahren direkt für zwei Tage und zwei Nächte in einer Berliner Wohnung mit nur einem Bett ...

Lena ist dann aber doch sehr nervös, hat Bedenken und sucht nach Rückzugsmöglichkeiten, sollte es Probleme geben. Doch das Treffen wird so schön, dass sie die prophylaktische Reservierung einer weiteren Übernachtung zwei Wochen später in einer anderen Stadt nicht stornieren, um sich gleich noch einmal zu sehen – und sich dabei wieder so zu begegnen, wie sie es von früher her gewohnt waren …

Wenige Wochen später ist Lena schwanger – aber (leider) nicht von Johann. Sie hatten sich erst zwei Mal getroffen und schon begann eine neue Phase mit viel größeren Herausforderungen als den bisherigen Schwierigkeiten. Die neue Situation schien ihre Beziehung zueinander noch mehr in Frage zu stellen und ein Weitermachen in der schon etwas gewohnten Form unmöglich zu machen. Doch keiner wollte den Anderen loslassen, sie waren zu stark miteinander verbunden, um einfach aufzugeben und alles zu beenden. Sie waren verliebt, aufeinander fixiert, abhängig vom mentalen und körperlichen Austausch, der fragilen Zweisamkeit. Trotzdem sah Johann extrem pessimistisch in die nahe Zukunft – mit dem Fortschreiten der Schwangerschaft glaubte er Lena langsam, aber sicher zu verlieren; es schien ihm unabwendbar, daß sie sich wieder ganz ihrem Mann zuwandte und die Affäre, die man inzwischen durchaus als Parallelbeziehung beschreiben konnte, wenn man wollte, einem ungefährdetem, harmonischen Familienleben opferte. Das Kräfteverhältnis schien zu ungleich, er war ohnmächtig machtlos gegen diese archaische Kraft der Vermehrung und ihren harmonell-emotionalen Folgen. Doch sie trafen sich weiter in Hotels, wenn es ging, oder ein Wochenende lang auf dem Land. Alles war ungewiss und voller Zweifel. Wie eine langsam, aber unaufhaltsam sinkende Titanic sah er ihr Miteinander untergehen, je voluminöser ihr Bauch wurde. Irgendwann im Dezember hatte sie definitv keine Ausrede mehr für auswärtige Übernachtungen und sie suchten sich zum ersten Mal ein Tageszimmer – 9 to 5.

Das 3. Jahr

Es ging nicht zu Ende – auch nicht, als Insa geboren war. Alles wurde etwas anders und sie mußten sich umstellen und an ein neues Setting gewöhnen, aber sie hörten nicht auf und fanden Wege, sich an die geänderten Bedingungen anzupassen. Die Nächte wurden gegen Stunden am Tage eingetauscht, die Treffen in ihre Stadt verlegt, damit es logistisch noch klappte, die Zweisamkeit von Dreisamkeit in einem Bett abgelöst.