07.07.   21:32     Blick von drinnen nach draußen am 7.7.

> Deprimierend… Aber cool, dass Du das kannst. Du beeindruckst mich immer wieder mit Deiner treffen­den Wortwahl. <  Ich weiß auch nicht, warum und wann das klappt. Es sind spontane und seltene Eingebungen. Du bringst mich manchmal auf solche Gedanken. Das gibt es erst, seit wir uns kennen. Davor habe ich ja nicht so rumgeschrieben und über vieles in dieser Art und Weise nachgedacht. Aber es ist nicht planbar und nicht reproduzierbar, fürchte ich. Eigentlich halte ich mich für inkompetent und bewundere Schriftsteller und Journalisten, die sich gut ausdrücken können, gute Gedanken und Stimmungen und Sachverhalte angemessen umd anspruchsvoll formuliert zu Papier bringen. Das würde ich auch gerne können. Seit einiger Zeit schon hätte ich Lust, bestimmte Eindrücke, Gedanken oder einfach nur Atmosphärisches in irgendeiner Form aufzuschreiben und festzuhalten. Auch, weil all das so flüchtig ist. Gerade zum Beispiel wäre mein Thema der Sommer. Alles Schöne, was damit zusammen­hängt. Was den Sommer für mich ausmacht. Oder wie ich mir den idealen Sommer vorstelle. Da könnte ich prinzipiell viel drüber schreiben, wenn ich drüber nachdenke und alles sammeln würde, was mir dazu so einfällt. Aktuelles, aber auch die ganzen Erinnerungen bis zur Kindheit zurück. Sowas Ähnliches hat Knausgard zwar auch schon gemacht, aber das wäre egal, denn jeder erlebt und beschreibt alles anders. Allerdings ist das überhaupt nicht einfach. Ich finde es sogar sehr schwierig, für eine bestimmte Stim­mung oder Atmosphäre oder das subjektive Erleben überhaupt die richtigen, passenden Worte und Beschreibungen zu finden. Ich halte mich diesbezüglich für höchstens mäßig talentiert. Also zu wenig. Kann man natürlich etwas trainieren, aber ob es jemals reichen wird für was richtig Gutes, bezweifle ich eher. Und dann kommt noch das ewige und unlösbare Problem dazu, daß das subjektive Erleben von keiner dritten Person genau nachempfunden werden kann. Egal, welche Worte man wählt. Es geht nicht mal mit Bildern. Nun gut, man kann das gelassener sehen. Es ist vielleicht nicht so wichtig, ob Worte bei Anderen die gleichen Gefühle, Stimmungen und Assoziationen hervorrufen wie beim Autor selbst, solange sie irgendetwas Interessantes bewirken. Sonst wäre jeder Autor unzufrieden. Letztes Jahr hatte ich ja mal darüber nachgedacht, etwas zum Thema 50 Jahre zu verfassen (Du erinnerst Dich ...) und Folgendes dazu festgehalten: "Es wäre dann auch zu überlegen, ob so ein Projekt nur als innerer Monolog angelegt wird, der Verschriftlichung einiger eigener Gedanken, Überlegungen, Wahrnehmun­gen, Erlebnisse, Empfindungen, oder ob man es als Prosa konzipiert, also eine richtige Geschichte dazu entwickelt, die möglicherweise auch für Andere interessant sein könnte, also auch für eine gewisse Leserschaft bestimmt ist. Gibt mein Leben sowas her? Im Prinzip schon. Einige berühmte Schriftsteller tun nichts anderes, als über ihr recht banales Leben zu schreiben. Stoff gäbe es ja genug, wenn ich allein an die letzten drei Jahre denke ... ;-). Der Versuch, etwas festzuhalten oder zu intensivieren. Ich habe noch keine konkrete Vorstellung darüber, aber mir schwebt so etwas im Kopf rum. Der größte Feind eines solchen Unterfangens ist aber natürllich die fehlende Muße, die für Konzentration, Reflexion und zum überlegten Schreiben notwendig ist. Im Alltagstrott ohne zeitliche Freiräume scheint mir ein solches Unterfangen kaum umsetzbar."