11.08.   Gurken

Ein anderes Beispiel: ich habe mir nie etwas aus Gurken gemacht. Weder kulinarisch, noch ästhetisch. Und schon gar nicht als Sex-Spielzeug ;-). Sie interessieren mich eigentlich überhaupt nicht. Ich kaufe sie nicht, esse sie selten, beachte sie nicht weiter.  Aber vorgestern morgens nach dem Frühstück hielt ich eine in der Hand, die noch aus Istrien stammte. Unsere Vermieterin dort war sehr nett und hatte uns mehrfach Eier ihrer Hühner, selbstgemachtes Gebäck, Hochprozentiges und auch selbst angebautes Gemüse geschenkt. Diese Gurke war anders als die mir bekannte Standardversion. Also keine dieser uniformen, homogen dunkelgrünen Produkte, sondern irgendwie interessanter. Etwa 15 Zentimeter lang mit einem kolbenförmigen, sicher 5 Zentimeter durchmessenden Ende, das in einen sich verjüngenden Schaft auslief; die Schale ansprechend hell- und mittelgrün gemustert. Die Oberfläche stellte sich nicht einfach langweilig glatt dar, sondern war von einer Vielzahl kleiner warzenähnlicher Vorwölbungen bedeckt, die etwas an Noppen erinnerten, wie man sie beispielsweise von bestimmten Kondomen kennt, die in den Automaten auf Autobahnraststätten angeboten werden. Die Noppen waren klein und hart und hoben sich dunkelgrün vom helleren Untergrund ab, ähnlich wie die Areola der weiblichen Mamille. Da die Gurke aus dem Kühlschrank kam, bildete sich auf ihr in der Wärme rasch ein dünner Feuchtigkeits­film, der ihr ein glänzendes, frisches und saftiges Aussehen verlieh. Dieser Gesamteindruck evozierte bei mir sofort einige erotische Phantasien und Möglichkeiten, die mit Dir zusammenhängen, die ich jetzt hier aber nicht weiter beschreiben möchte ;-). Dies widerum überaschte mich durchaus, da ich so früh am Tag und in diesem situativen Kontext nicht auf ein derartiges gedankliches Geschehen vorbereitet war und auch nicht damit rechnen konnte, also quasi völlig überrumpelt wurde von der assoziativen Aufladung eines banalen Nahrungsmittels. Nun bestand meine eigentliche Aufgabe aber nicht darin, das Ding zu betrachten und sinnlich auf mich wirken zu lassen, sondern es als Reiseproviant zu präparieren. Sprich, es in kleine Scheiben zu schneiden. Und damit habe ich mich dann tatsächlich etwas schwer getan. Ich wollte das formschöne und fast hübsche Etwas einerseits nicht zerstören. Andererseits empfand ich gleichzeitig so etwas wie einen Phantomschmerz und eine Hemmung, das Messer anzulegen und den Schaft zu zerschneiden. Ich mußte mich wirklich zur Tat überwinden. Typische männliche Beklemmungen vielleicht, wenn einem phallusähnlichen Gegenstand Gewalt angetan wird. Sofortige Idenrifikation und Antizipation von Schmerz und Kastration ... Ich habe das Zerkleinern dann zwar irgendwie vollzogen, es allerdings nur bis zu Hälfte geschafft; den kolbigen Teil ließ ich unberührt und beförderte ihn komplett in die Dose. Leider habe ich vergessen, ihn vorher noch in nichtzerstörtem Zustand zu fotographieren und der zwei Tage bei Wärme transporiterte Torso gibt nun nur noch einen schwachen Eindruck der einstigen Pracht :-(. Bei einer kurzen Recherche im Netz fand ich kein wirklich übereinstimmendes Bild, sodaß mir eine genaue Bestimmung der Art derzeit nicht möglich ist; ich vermute, daß es sich am ehesten um eine Cucumis sativus handeln könnte. Die inzwischen existierende Sortenvielfalt ist beeindruckend und erfordert schon etwas Basiswissen zur sicheren Einordnung ...